Direkt zum Inhalt
LGBTI* in der Ukraine
Rubrik

LGBTI* in der Ukraine Ukrainische Bevölkerung blickt heute anders auf LGBTI*-Menschen

ms - 07.03.2023 - 12:00 Uhr

Seit einem guten Jahr sorgt der grausame Krieg zwischen Russland und der Ukraine für viele furchtbare Bilder, tausende von toten Soldaten und Zivilisten und auch innerhalb der LGBTI*-Community vor Ort für viel Schrecken. Nach Schätzungen von internationalen Organisationen wie Forbidden Colours sind bisher rund 400.000 LGBTI*-Menschen aus der Ukraine geflohen. Dabei hat der Krieg offenbar auch einen gewissen positiven, und sicherlich von Russland nicht beabsichtigen Nebeneffekt: Die Ukrainer entwickeln offenbar immer mehr Verständnis für LGBTI*-Menschen.

Ukrainer vereint wie nie zuvor

Zu diesem Schluss kommt die LGBTI*-Organisation Kyiv Pride, die bis heute jeden Tag versucht, LGBTI*-Menschen vor Ort wie aber auch bei der Flucht selbst zu helfen. Der Verein arbeitet eng mit dem deutschen Bündnis Queere Nothilfe zusammen, das binnen eines Jahres bereits rund eine Million Euro an Spenden für LGBTI*-Flüchtlinge aus der Ukraine einsammeln konnte. Die Leiter der Kyiv Pride, Jul Sirous und Olha Onipko, erklärten nun gegenüber der Nachrichtenagentur PA, dass der Krieg das Land geeint hat: „Ich bin davon überzeugt, dass sich die ukrainische Gesellschaft verändert hat und deswegen anfing, sich gegenseitig zu helfen. Das ist der Hauptgrund, warum Russland nicht gewinnen kann, denn wir sind nicht getrennt. Wir sind wie eine einzige Nation“, so Onipko, die weiter erklärt, dass sich so auch die Sichtweise auf die LGBTI*-Community insgesamt deutlich verbessert habe.

Erstaunliches Umdenken in der Gesellschaft

Das Land hat bis heute nur begrenzte Rechte für LGBTI*-Menschen, es gibt keine gleichgeschlechtliche Ehe und nur einen geringen Schutz vor Diskriminierung. Eine Umfrage aus dem Jahr 2019 ergab noch, dass nur 14 Prozent der Ukrainer Homosexuelle und queere Menschen akzeptieren würden. „Die Meinung über LGBT-Menschen hat sich dramatisch verändert. Es ist eine gute Veränderung, weil viele Menschen verstehen, dass solche Dinge wie sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht sehr wichtig sind, wenn man von diesen Menschen gerettet wird. Ich finde das erstaunlich!", so Onipko weiter.

Kaum noch Angst, mehr Wut innerhalb der Community

Inzwischen erlebt die Organisation auch, dass immer mehr LGBTI*-Menschen aus dem sicheren Ausland zurück in die Ukraine kommen – sie wollen vor Ort helfen und für ihr Land kämpfen wie beispielsweise Edward Reese, ein weiterer Mitarbeiter von Kyiv Pride: „Wir wollen wirklich, dass Russland so schnell wie möglich aus unserem Land verschwindet. Wir wollen den Sieg. Wir wissen, dass wir diesen Krieg gewinnen werden, dass wir unseren Sieg haben werden, aber es ist definitiv sehr schwer, all die Dinge zu ertragen, die wir durchmachen – vom Tod unserer Angehörigen bis hin zu Bombenangriffen. Aber wir sind nicht mehr verängstigt. Wir sind müde, wütend und aktiv!“

Tiefe Verbundenheit zwischen LGBTI*-Menschen

Kyiv Pride konzentriert derzeit darauf, einen Schutzraum für LGBTI*-Menschen vor Ort aufrecht zu erhalten. Auch dieses physische Zusammenrücken bewirke zudem eine mentale tiefe Verbundenheit zueinander. Das bestätigte zuletzt auch die ukrainische Botschafterin Oksana Markarova bei ihrem Besuch in den USA: „Die LGBTI*-Community ist untrennbar mit uns verbunden, ob hier oder in der Ukraine. Je schneller wir jegliche Diskriminierung beenden können, desto schneller werden wir gewinnen, nicht nur auf dem Schlachtfeld in der Ukraine, sondern auch weltweit!“

Auch Interessant

Stinkefinger für EU und USA

Uganda schließt Pakt mit Russland

Der politische Druck auf Uganda nach dem „Kill the Gays“-Gesetz seitens USA und EU ist verpufft, das Parlament schloss jetzt einen Pakt mit Russland.
Krise bei LGBTI*-Influencern

Wohin flüchten nach dem TikTok-Aus?

Krise bei LGBTI*-Influencern in den USA: Wohin flüchten nach dem vermeintlich baldigen TikTok-Aus? ist RedNote die Alternative?
Milliarden gegen Missbrauch

US-Kirche zahlte fünf Milliarden

Neue Daten zu sexuellem Missbrauch in den USA: Die meisten Opfer waren Jungs. Die US-Kirche zahlte in den letzten 20 Jahren fünf Milliarden Dollar.
Kritik an der ePA

Offener Brief an Karl Lauterbach

Verbände und Gesundheitsexperten kritisierten jetzt die Sicherheitsprobleme bei der elektronischen Patientenakte- ein Problem gerade auch für LGBTI*.
LGBTI*-Jugendarmut

Alarmierende neue Studie

Eine neue Studie ist alarmierend: Rund 875.000 LGBTI*-Menschen unter 20 Jahren ist armutsgefährdet.
Digitale Gewalt

Angriffe auf politisch Engagierte

Die Mehrheit der politisch Engagierten und Politiker erlebt in Deutschland digitale Gewalt, besonders gerne auch mit dem Hintergrund von LGBTI*.
Hassverbrechen in Berlin

Beleidigungen und Körperverletzungen

Die Gewalt gegen LGBTI* nimmt an Brutalität und Quantität in Berlin weiter zu - das bestätigte jetzt die Queer-Beauftragte der Berliner Polizei.
Tony Slattery ist tot

Schwuler Komiker stirbt mit 65 Jahren

Er war Vorbild und Hoffnungsträger für die britische Gay-Community, nun ist Tony Slattery mit 65 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes verstorben.
Brisante Gästeliste

Amtseinführung von Donald Trump

Bei der Amtseinführung von Donald Trump werden einige Anti-LGBTI*-Staatschefs dabei sein - allen voran Georgia Meloni und Victor Orban.