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Land der Gegensätze

Land der Gegensätze Schutzgesetze und Verbote bei Büchern mit LGBTI*-Inhalten

ms - 13.09.2023 - 12:00 Uhr
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Bücher – das so ein banales Thema wie Druckerzeugnisse an Schulen dazu geeignet ist, den US-Kulturkampf rund um die LGBTI*-Community dermaßen aggressiv anzufeuern, hätte sich vor einigen Jahren wohl noch kaum jemand denken können. Inzwischen gibt es seit Monaten heftige Debatten, Verbote und sogar Bücherverbrennungen, wenn konservative Eltern in den Jugend- und Kinderbüchern vermeintliche LGBTI*-Themen entdeckt haben wollen. In einigen US-Bundesstaaten wurden Bücher bereits gänzlich aus allen öffentlichen Bibliotheken verbannt.

Schutz von LGBTI*-Kindern

Genau den entgegengesetzten Weg geht jetzt der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom, er will zeitnah ein Gesetz unterzeichnen, das es Schulen künftig untersagen wird, LGBTI*-integrierende Bücher zu verbieten. Das Gesetz schreibt außerdem vor, dass die Schulen über geschultes Personal verfügen müssen, um LGBTI*-Kindern zu helfen, und bekräftigt den Schutz vor einem erzwungenen Outing von LGBTI*-Schülern gegenüber ihren möglicherweise ablehnenden Eltern.

Kalifornien als Ort der Freiheit

Newsom geht damit auf direkten Konfrontationskurz zu den bekannten Bücherverboten in anderen Bundesstaaten und dem berüchtigten „Don´t Say Gay“-Gesetz in Florida. Das Gesetz soll nach der Unterzeichnung des Gouverneurs sofort in Kraft treten. „Kalifornien ist der wahre Staat der Freiheit: ein Ort, an dem Familien - und nicht politische Fanatiker - die Freiheit haben, zu entscheiden, was für sie richtig ist. Mit der Verabschiedung des Gesetzes zum Verbot von Buchverboten und zur Sicherstellung, dass alle Schüler Schulbücher haben, ist die Familienagenda unseres Staates jetzt noch stärker", so Newsom, der damit auch gegen mehrere Schulbezirke im eigenen Bundesstaat vorgeht, die erst vor kurzem Richtlinien erlassen hatten, die Lehrer dazu aufriefen, transsexuelle und nichtbinäre Schüler ihren Eltern zu melden.

Keine LGBTI*-Zensur oder Diskriminierung mehr

Im Gesetz wird so unter anderem festgehalten: „Die Einschränkung des Zugangs zu Unterrichts- und Bibliotheksmaterialien, weil sie LGBTQ-Personen zeigen oder von LGBTQ-Autoren geschrieben wurden, diskriminiert LGBTQ-Personen und stellt eine Zensur dar, die gegen das kalifornische Gesetz und die Politik verstößt. Ebenso stellen Bemühungen, Themen im Zusammenhang mit Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, sexueller Orientierung oder anderen geschützten Merkmalen oder aktueller oder historischer Diskriminierung aufgrund geschützter Merkmale kategorisch aus den Sammlungen von Schulbibliotheken, Lehrplänen oder Diskussionen im Klassenzimmer auszuschließen, eine Zensur dar, die gegen kalifornische Gesetze und Richtlinien verstößt.“ Darüber hinaus erinnert das Gesetz Beamte und Behörden des Bundesstaates daran, dass sie befugt sind, Bundes- und Landesgesetze durchzusetzen, die Schüler vor unrechtmäßiger Diskriminierung und Belästigung schützen, die ein ungerechtes Lernumfeld schaffen.

Verbot von über 1.200 Büchern

Gegner der freien Buchwahl sprechen indes von einer Ideologie, mit der Schüler „heimlich“ indoktriniert werden sollen, um homosexuell zu werden oder ihr Geschlecht zu wechseln. Passend dazu hat die Zeitschrift Tallahassee Democrat in diesen Tagen eine Liste aller Bücher veröffentlicht, die das Bildungsministerium des Bundesstaates Florida für das laufende Schuljahr verbieten hat lassen – es sind 1.218 verschiedene Bücher. Das jüngste Beispiel ist ein Kinderbuch über zwei Männer, die in ihrer Londoner Wohnung ein Löwenbaby großziehen – weder die Sexualität der Männer noch des Tieres werden mit einer Silbe erwähnt oder auch nur angedeutet. Für die Sittenwächter in Florida reichte die Story trotzdem bereits aus, um auch dieses Werk auf den Index zu setzen.

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