Krise in Japan Mit der neuen Premierministerin in spe rückt das Land nach rechts
Er war die Hoffnung für viele LGBTIQ*-Menschen: Japans Premierminister Shigeru Ishiba (68) ließ auf mehr Rechte für die Community hoffen, nach einem Jahr ist nun alles vorerst vorbei. Nach dem Regierungssturz in Japan dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit das Land ab kommender Woche von Sanae Takaichi (64) regiert werden, der ersten Frau an der Spitze Japans. Das Problem: In vielen Bereichen will sie deutlich weniger liberal regieren als ihr Vorgänger.
Viele kleine Fortschritte – und doch zu wenig
Seit Jahren kämpfen Schwule und Lesben auf der Insel für die Einführung einer gleichgeschlechtlichen Ehe – Japan ist der letzte G7-Staat, der bisher keine Regelungen diesbezüglich für Homosexuelle getroffen hat. Einzelne Regionen haben zuletzt immer wieder rechtliche Partnerschaften unter Bedingungen erlaubt, mehrfach landeten die Fälle auch vor Gerichten, die sich einmal für und ein anderes Mal gegen rechtliche Verbindungen zwischen Homosexuellen aussprachen. Dann vor wenigen Tagen erst hat die Regierung in Tokio neun Gesetze so abgeändert, dass sie bei ehelichen Rechten und Pflichten gleichgeschlechtliche Paare mit einbeziehen und diese damit juristisch bereits zu einer „eheähnlichen Gemeinschaft“ gemacht. Ein mehr als symbolischer Sieg und eine neue Form des Rechtschutzes.
Trotzdem: Eine landesweite einheitliche Regelung gibt es bis heute nicht. Die größte Hürde bleibt dabei die Verfassung selbst, die eine Ehe klar als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert. Mehrere lokale Gerichte bestätigten bereits, dass diese Richtlinie inzwischen verfassungswidrig ist. Richter hielten dabei fest, dass es „keinen Grund mehr gibt, die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren rechtlich nicht anzuerkennen”. Eine Verweigerung verletze die „Würde des Einzelnen“.
Strikte Gegnerin der Homo-Ehe
Soweit so gut, was fehlt ist die finale Entscheidung der Regierung, der grundsätzliche Beschluss, die Verfassung zu ändern und die Ehe für Homosexuelle zu öffnen. Doch genau dieser Schritt ist mit Ishibas Rücktritt höchstwahrscheinlich in weite Ferne gerückt. Der neue Vorsitzende der konservativen Liberaldemokratischen Regierungspartei (LDP) wird traditionell auch Premierminister – und das wäre nun erstmals eine Frau. Letztes Wochenende wurde Sanae Takaichi zur neuen Vorsitzenden der Partei gewählt, am 15. Oktober soll die rechtsgerichtete Nationalistin zur Premierministerin ernannt werden.
In puncto Geschlechtergleichheit ein Meilenstein für das ostasiatische Land, bei den LGBTIQ+-Rechten sieht es hingegen ganz anders aus. Die LDP ist zwar stärkste Kraft, doch ihr fehlt die Parlamentsmehrheit. Die Opposition ist zerstritten, möglich ist eine Koalition mit rechtspopulistischen kleineren Parteien, die bei der letzten Wahl stark zulegen konnten – viele Bürger zeigten sich unzufrieden mit steigenden Preisen und der Einwanderungspolitik. Die politische Richtung ist damit gesetzt – es geht nach rechts. Takaichi ist dabei nicht nur strikt gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, sondern hält auch an althergebrachten Traditionen fest, wie beispielsweise der Gegebenheit, dass Frauen nach der Heirat ihre Mädchennamen aufgeben müssen. Viel Hoffnung auf Reformen dürfte sich da die Community nicht mehr machen.