Konzept für queere Obdachlose Rund 72.000 LGBTIQ+-Menschen sind wohnungs- oder obdachlos
Am morgigen Donnerstag findet der bundesweite Tag der wohnungslosen Menschen statt, um auf die schwierige Lebenssituation jener Personen aufmerksam zu machen. Der queer-politische Sprecher der Linken, Maik Brückner, betonte dabei jetzt insbesondere die dramatische Lage für LGBTIQ+-Menschen.
Gesamtgesellschaftlicher Skandal
Deutschland brauche endlich eine Strategie gegen Wohnungslosigkeit bei queeren Menschen, so Brückner: „Wohnungslosigkeit ist ein gesamtgesellschaftlicher Skandal und muss beendet werden. Für nachhaltige Erfolge bedarf es Geld und zielgruppenspezifischer Strategien, denn hinter Wohnungslosigkeit bei queeren Menschen stecken oftmals Diskriminierung und Gewalt. Weder der Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit noch der Nationale Aktionsplan ´Queer Leben´ umfassen eine solche Strategie.“
Die Lage wird sich in den kommenden Herbst- und Wintermonaten aller Voraussicht nach erneut zuspitzen. Ausgehend von Daten der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsnotfallhilfe BAGW sind derzeit rund 72.000 LGBTIQ+-Menschen in Deutschland wohnungs- oder/und obdachlos. Die Zahlen steigen dabei immer weiter an, wie auch die queere Organisation ILGA Europe warnte. Demnach sind bis zu 40 Prozent der obdachlosen und wohnungslosen Menschen schwul, lesbisch, bisexuell oder queer.
Aufgrund von Diskriminierungen, Missbrauch, psychischen Erkrankungen, Suchterfahrungen oder auch durch eine Fluchtgeschichte gelten LGBTIQ+-Person als besonders große Risikogruppe. Dazu kommen Probleme beim Coming-Out und innerhalb von Familien. Parallel dazu steigt die Gewalt gegenüber wohnungs- und obdachlosen queeren Menschen rapide an, insbesondere aber nicht nur in Berlin, so eine Studie des Bundesinnenministeriums.
Handfeste Konzepte
Brückner betont dazu weiter: „Deutschland braucht endlich ein handfestes Konzept gegen Wohnungslosigkeit bei LSBTIQ*. Es liegen zahlreiche Vorschläge auf dem Tisch, die nun endlich umgesetzt beziehungsweise stärker gefördert werden müssen. Dazu gehören unter anderem der Aufbau von größeren Kapazitäten im Bereich Housing First oder bei Krisenwohnungen, die Schaffung sicherer Notunterkünfte oder die Sensibilisierung von Hilfsstrukturen. Darüber hinaus sollte die Politik ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung alternativer Wohnformen legen. Queere Wohnprojekte haben oftmals lange Wartelisten, der Bedarf ist riesig.“
Laut Brückner fehlt es bis heute in vielen Kommunen an Angeboten und Beratungsstellen. Landesweit gibt es bisher nur eine direkte Anlaufstelle für queere Obdachlose, das Projekt QueerHome in Berlin. Allerdings schwinge laut Brückner die schwarz-rote Landesregierung dort den Kürzungshammer. „Von einer gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung zur Beendigung von Wohnungslosigkeit sind wir weit entfernt“, hält der queer-politische Sprecher der Linksfraktion abschließend fest.
Zudem haben sich jetzt fünf Berliner Vereine zum Housing First Netzwerk Berlin zusammengeschlossen, darunter auch die Schwulenberatung Berlin. „Ziel ist es, gemeinsam Wohnraum zu akquirieren, die Zusammenarbeit mit der Berliner Verwaltung und Vermietenden zu stärken und eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit, um wohnungslosen Menschen mit dem erprobten Housing First-Ansatz langfristige Perspektiven zu bieten. Finanziert werden die Projekte durch die für Soziales zuständige Senatsverwaltung des Landes Berlin“, so Stephan Jäkel von der Schwulenberatung.