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Kondomflaute in Europa
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Kondomflaute in Europa WHO warnt vor den Auswirkungen und fordert mehr Einsatz für die Kondomnutzung

ms - 29.08.2024 - 09:00 Uhr

Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt jetzt vor der Kondommüdigkeit unter jungen Menschen in Europa – immer weniger kümmern sich beim Sex um die Verhütung. Das könne weitreichende Folgen haben, so die WHO. Dabei fällt der Blick auch auf schwule und bisexuelle Jugendliche mit vielen Sexualkontakten.

Flaute an der Gummifront

Konkret untersuchte die WHO in ihrer Befragung das Sexualverhalten von 15-jährigen Menschen in Europa, dabei zeigte sich klar: ein erheblicher Anteil der sexuell Aktiven in dieser Altersgruppe benutzt kein Kondom mehr. Rund 22 Prozent davon definieren sich dabei als LGBTI* - somit ist die Flaute an der Gummifront auch ein Problem in der Community. 

Überdies bedenklich: Gerade bei Jungs ist der Rückgang besonders markant. Zwischen 2014 und 2022 sank die Zahl der Kondombenutzer von 70 auf nur noch 61 Prozent. Bei den Mädchen war indes ein Rückgang von sechs Punkten auf 57 Prozent zu verzeichnen.  

Warnung für STIs 

Für die WHO sind die Daten ein Warnsignal, denn neben ungewollten Schwangerschaften entsteht ein erhöhtes Risiko, sich mit einer Geschlechtskrankheit anzustecken – die Infektionszahlen sind in den letzten Jahren stetig in Europa angestiegen, auch in Deutschland. Zuletzt wurden gerade bei Hepatitis-B, Syphilis und Gonorrhoe deutliche Anstiege verzeichnet

Auch die Zahl der Neu-Infektionen bei HIV stieg zuletzt binnen eines Jahres um 16 Prozent in der Bundesrepublik an. Zwar nehmen aktuell rund 40.000 homosexuelle Männer in Deutschland die PrEP ein, das Medikament schützt aber nur gegen eine HIV-Infektion, nicht aber vor zahlreichen anderen Geschlechtskrankheiten.

Bei der Syphilis registrierte das Robert-Koch-Institut im letzten Jahr so einen Anstieg um rund 23 Prozent, besonders betroffen sind dabei schwule Männer. Dazu kommt die Gefahr einer HPV-Infektion, die ebenso bei schwulen und bisexuellen Männer besonders erhöht ist. Dem nicht genug kommt es immer wieder zu Fällen, in dem sich STI-Keime resistent gegen Antibiotika zeigen, beispielsweise beim Bakterium Mycoplasma genitalium. 

Defizite in der Sexualaufklärung

Die WHO fordert deswegen jetzt auch direkt die europäische Politik auf, sich verstärkter für den Gebrauch von Kondomen einzusetzen. Zudem setzt die Gesundheitsbehörde auf mehr Bildung, ein Rückgang bei der Kondomnutzung sei auf erhebliche Defizite in der Sexualerziehung zurückzuführen. In vielen europäischen Ländern fehle es an einer altersgerechten Sexualaufklärung sowie Informationen zur Beschaffung und Nutzung von Kondomen. 

Insgesamt seien die Daten „bestürzend, aber nicht überraschend“, so WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Henri Kluge. Dabei widerspricht Kluge auch Kritikern, die anführen, eine frühe Sexualkunde würde Jugendliche eher zu Sex verführen – das Gegenteil sei der Fall: Die Vermittlung des richtigen Wissens zum richtigen Zeitpunkt fördere verantwortungsvolles Verhalten. 

Jetzt sei es daher an der Zeit, der sexuellen Gesundheit junger Menschen mehr Priorität einzuräumen, eine Aufgabe für Politiker, aber auch für Gesundheitsämter und Pädagogen sowie außerdem von Eltern. Dabei sollte das Thema in der Breite angesprochen und gerade auch Aspekte wie Gleichstellung, LGBTI* und Homosexualität mit einbezogen werden, so Kluge weiter. Nur ein offener Dialog können den Negativ-Trend stoppen. 

 

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