Kommt Verbot von Sex und Ehe Amerikas Konservative wollen die Uhr zurückdrehen
Es macht einmal mehr fassungslos, was in diesen Tagen in Amerika passiert. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten von Amerika könnte tatsächlich in den nächsten zwei Monaten ein Urteil verkünden, dass es Bundesstaaten künftig erlauben würde, Abtreibungen zu verbieten.
Durchgesickerte Informationen zeigen dabei auf, dass auch die gleichgeschlechtliche Ehe und das Recht auf gleichgeschlechtlichem Sex auf dem Prüfstand beim aktuell mehrheitlich konservativ besetzten Gerichtshof stehen.
Im Jahr 2015 hatte der Oberste Gerichtshof final bekräftigt, dass homosexuelle Menschen ein Recht auf eine gleichgeschlechtliche Ehe haben. Damit mussten alle Bundesstaaten es schwulen und lesbischen Paaren ermöglichen, zu heiraten. Zuvor waren Homo-Ehen in zwölf Bundesstaaten verboten, gleichgeschlechtlicher Sex sogar stellenweise in beinahe der Hälfte aller Bundesstaaten.
Was als undenkbar galt, könnte nun geschehen: Nebst der Selbstbestimmung der Frauen könnten auch die Rechte von homosexuellen Menschen massiv beschnitten werden. Im Fall eines möglichen Abtreibungsverbotes würde das Oberste Gericht damit ein Grundsatzurteil von 1973 aufheben, das es Frauen nach dem 14.
Zusatzartikel des US-Verfassung erlaubt hatte, selbstbestimmt über den Fortgang einer Schwangerschaft entscheiden zu dürfen. Mehrere Bundesstaaten haben inzwischen bereits angekündigt, dass Abtreibungsverbot zügig umsetzen zu wollen, sollte die Option dazu tatsächlich höchstrichterlich bestätigt werden.
Der frontale Angriff auf Frauen und Homosexuelle ist dabei Ex-Präsident Donald Trump zu verdanken.
In seiner Amtszeit konnte er mehrere Richterposten am Obersten Gericht neu besetzen – es ist dabei gängige Praxis, dass Präsidenten jene Menschen für diese Stelle auf Lebenszeit benennen, die der politischen Gesinnung des Präsidenten und der Partei entsprechen. In Trumps Fall also konservative Hardliner.
Durch die Stimmen der Richter Gorsuch, Kavanaugh und Barret sorgte er zusammen mit dem bereits im Amt befindlichen, erzkonservativen Richter Alito für eine Mehrheit der homophoben und konservativen Kräfte am Obersten Gerichtshof. Gerade Alito ist kein Unbekannter für die queere US-Community, er hatte schon einmal versucht, die gleichgeschlechtliche Ehe rückgängig zu machen.
Erst 2020 bekräftigte er abermals, dass das Recht auf Eheschließung für Homosexuelle wegen seiner "ruinösen Folgen für die Religionsfreiheit" abgeschafft werden müsse und erklärte weiter: „Keines dieser Rechte hat den Anspruch, tief in der Geschichte verwurzelt zu sein."
Dem gegenüber stehen die eher linksliberal ausgerichteten Richter Breyer, Sotomayor und Kagan. Unklar ist noch die Frage, wie der oberste Richter John Roberts stimmen wird, er könnte in beiden Fällen das berühmte Zünglein an der Waage sein.
Die brisante Abstimmungslage wurde vorab dem Magazin Politico zugespielt, eine finale Entscheidung wird in den nächsten zwei Monaten erwartet.
Seit Bekanntwerden der Möglichkeit, dass Abtreibungs- wie auch LGBTI*-Rechte wieder zurückgenommen werden könnten, laufen liberale Amerikaner, Feministen und auch LGBTI*-Organisationen im ganzen Land Sturm. Laut den geleakten Informationen soll auch das Verbot von homosexuellem Sex erneut zur Debatte stehen – ein solcher Rückschritt in eine längst vergangene Zeit galt in Amerika bis vor kurzem noch als undenkbar.
Mary Trump, die lesbische Aktivistin und scharfe Kritikerin ihres Onkels Donald Trump, fasst via Twitter die dramatische Lage in den USA so zusammen:
„Scheiß auf diesen illegitimen SCOTUS. Scheiß auf die Republikanische Partei, die das ermöglicht hat. Und wenn es euch egal ist, dass diese Entscheidung Frauen zu Bürgern zweiter Klasse macht, dann fickt euch auch! Wir haben nicht den Luxus der Zeit - wir müssen JETZT kämpfen. Es heißt Demokraten gegen Faschisten im Jahr 2022.“