Knickt die EU vor Polen ein? EU-Kommission hat Verfahren gegen Polen offenbar eingestellt
Seit mehreren Jahren sorgen die selbsterklärten “LGBT-freien Zonen“ in Polen international für Aufsehen, im vergangenen Jahr erst hatte das oberste polnische Berufsgericht in mehreren Fällen entschieden, dass die selbsternannten Zonen abgeschafft werden müssen. Kurz darauf im August 2022 erklärten andere polnische Regionen, sie würden weiterhin an diesem Statement festhalten, selbst wenn sie dadurch wie angedroht EU-Mittel für die Infrastruktur verlieren würden.
Ende des Verfahrens gegen Polen
Nun scheint die Europäische Union offenbar eingeknickt zu sein – ein fatales Signal, während gleichzeitig gegen Ungarn ein EU-Vertragsverletzungsverfahren aufgrund eines homophoben Gesetzes anläuft. Nach Angaben der polnischen Newsseite OKO.press hat die EU-Kommission auf Rückfrage in diesen Tagen bestätigt, dass das Verfahren gegen Polen bereits Ende Januar dieses Jahres eingestellt worden sei. Zu den Gründen für diesen Schritt gibt es seitens der EU-Kommission keine weiteren Erklärungen. Zuletzt hatte die EU erst 2021 die Situation in Polen mit scharfen Worten kritisiert.
Fatale Entscheidung
Eine fatale Entscheidung, weil sie schlussendlich bedeutet, dass die homophoben Staatslenker und jene Lokalpolitiker, die sich für die Zonen frei von LGBTI*-Menschen und Themen ausgesprochen hatten, nun indirekt Rückenwind für ihre Einstellung von der EU bekommen. Damit dürfte es künftig deutlich schwieriger sein, weitere Verfahren wie jene, bereits gewonnenen vor dem polnischen Berufsgericht überhaupt noch anzustreben. Zudem fällt jeder Druck von Polen ab, sodass die insgesamt rund 100 Gemeinden und Regionen sich auch weiterhin als “LGBT-freie Zonen“ bezeichnen dürfen. In den meisten Fällen sind die Richtlinien nach wie vor in Kraft.
Schock in der LGBTI*-Community
Mehrere Menschenrechts- und LGBTI*-Organisationen zeigten sich in ersten Stellungnahmen erstaunt bis erschrocken über das Verhalten der EU, noch dazu, wo Polen bis heute nicht fundiert begründet hat, warum man als Regierung nichts gegen die “LGBT-freien Zonen“ tun könne. Bisher hatte die ebenso größtenteils homophobe Regierungsführung erklärt, es handele sich dabei nicht um staatliche Richtlinien, sondern um gesellschaftliche Entscheidungen, gegründet auf öffentlichen Debatten, weswegen seitens des Staates kein Eingreifen möglich sei. Nun, wo offenbar der gesamte Druck seitens der EU entfällt, steht zu befürchten, dass sich diese negativen Entwicklungen weiter fortsetzen werden.