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Dating-App-Romeo macht sich stark für klassische Regenbogenflagge

Klares Statement gegen Progressive-Flagg “Wir glauben nicht, dass die neue Flagge international akzeptiert werden wird. Damit würden wir unsere EINE einfache Flagge verlieren, die uns weltweit vereint.“

ms - 12.07.2022 - 14:30 Uhr
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Im Grunde bedürfte es gar keiner Klarstellung, doch in Zeiten schneller Erregungen und Shitstorms im Sekundentakt sah sich der Dating-App-Betreiber Romeo (ehemals Gayromeo) mit Stammsitz in Amsterdam nun doch dazu veranlasst, zu erklären, warum das Unternehmen mit rund zwei Millionen vornehmlich schwulen und bisexuellen Nutzern weiterhin die klassische Regenbogenflagge während der Pride-Saison als Zeichen für die Community verwenden wird. Dabei erklärt das Team der Dating-Plattform, dass es durchaus auch emotionale Diskussionen diesbezüglich unter den rund 70 Mitarbeitern gab: „Manche sehen es als Transphobie und Rassismus an, wenn wir nicht die ´neue´ Flagge verwenden. Wir finden, es ist an der Zeit zu reden!“

Zum Hintergrund: Die ursprüngliche Regenbogenflagge wurde 1978 von Gilbert Baker entworfen. Nach der Ermordung des ersten offen schwulen Mitglieds eines Stadtrates in Amerika in San Francisco, beschlossen die Organisatoren der Schwulenparade zu Ehren von Milk und als Zeichen der Solidarität Bakers Regenbogenflagge zu verwenden. Von Beginn an symbolisiert die Regenbogenflagge dabei alle LGBTI*-Menschen, wobei die einzelnen Farben nicht für gesonderte Teile der Community stehen, sondern wichtige LGBTI*-Aspekte widerspiegeln sollen: Leben, Gesundheit, Sonnenlicht, Natur, Harmonie und Geist. Die sogenannte progressive Flagge wurde indes 2018 von Daniel Quasar entworfen und will explizit einzelne Teile der Community gesondert hervorheben, beispielsweise PoC und trans-Menschen.

Das Team von Romeo erklärt dazu: „Wir unterstützen die Intention der neuen Flagge. Rassismus und Transphobie haben keinen Platz in unserer Community. Aber jetzt haben wir das Jahr 2022 und die meisten großen Unternehmen haben ihre Flaggen geändert. Man sieht die neue Flagge überall, und es fühlt sich bereits wie sozialer Druck an. Verständlicherweise will jeder in der Pride-Saison Solidarität zeigen und keinen ´Shitstorm´ riskieren. Da wir Teil der LGBT+ Gemeinschaft sind, ist dies ein wichtiges Thema für uns. Deshalb lass uns diejenigen sein, die laut fragen: Ist es wirklich Fortschritt, die neue Flagge zum Standard zu machen?“

Romeo beantwortet die Frage kurz darauf selbst und hält weiter fest: „Die traditionelle Flagge steht für bedingungslose Liebe für alle. Das Hervorheben einer Gruppe kann von anderen als Ungleichheit empfunden werden. In Verbindung mit sozialem Druck kann dies dazu führen, dass Menschen verstummen und Misstrauen entsteht. Vergiss nicht, dass manche Trans*Menschen oder PoC nicht herausgehoben werden wollen. Sie wollen ganz einfach ein gleichberechtigter Teil unserer Community sein. Wir befürchten, dass die neue Flagge zu einer Spaltung führt und es noch schwieriger wird, Fortschritte zu erzielen.“ Zudem verliere das weltweit verstandene Symbol der sechsfarbigen Regenbogenflagge durch eine Neuausrichtung auch deswegen an Aussagekraft, weil in anderen Teilen der Welt außerhalb Europas oder den USA eine Mehrheit der Menschen zum Beispiel PoC seien. Jedes Land habe so seine eigenen Probleme, die es hervorzuheben gelte. „Deshalb glauben wir nicht, dass die neue Flagge international akzeptiert werden wird. Damit würden wir unsere EINE einfache Flagge verlieren, die uns weltweit vereint.“

Ein weiterer Aspekt: Die traditionelle Regenbogenflagge ist für jeden frei zu verwenden, das Copyright der neuen Flagge indes liegt nach wie vor bei Daniel Quasar, der jederzeit die Rechte dafür bei freier Nutzung einklagen könnte oder sie schlicht anderweitig an ein Unternehmen mit dem Wunsch nach Gewinnmaximierung verkaufen könne. Romeo zitiert dazu auch Quasar selbst mit den Worten: "Ich glaube nicht an das ständige Stigma, dass Kunst kostenlos ist und Künstler arm sind". Grundsätzlich liebe man die Idee der neuen Flagge, werde aber bei der klassischen Regenbogenflagge bleiben, auch beispielsweise beim jährlichen Pride-Boot in Amsterdam. Romeo abschließend: „Wir glauben, dass wir die besten Chancen auf Fortschritt haben, wenn wir dies unter einer Flagge tun, die uns alle eint.“ Auf den sozialen Medien von Romeo befürworten nahezu alle Nutzer die Entscheidung des App-Dienstleisters. Zudem bestätigen viele User allerdings auch, dass dies nach wie vor „ein so heißes Thema ist, dass die Diskussionen meist überhitzen und die Leute einfach aufhören zuzuhören!“

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