„Kill Gays“ in China Regierung schweigt zu digitalen Mordankündigungen gegenüber Homosexuellen
Bis heute hat die LGBTIQ+-Community in China einen sehr schweren Stand, immer wieder beschnitt die Regierung die Rechte von Schwulen, Lesben und queeren Personen, zwischendurch gab es mühsam erkämpfte, kleine Lichtblicke. Seit einigen Monaten scheint sich die Situation nun allerdings immer dramatischer zuzuspitzen, wie die internationale queere Organisation All-Out betont. Auf zwei der beliebtesten Online-Foren wird inzwischen offen zum Massenmord an Schwulen und Lesben aufgerufen – bisher weitestgehend ohne rechtliche Konsequenzen.
Offener Faschismus und Genozid-Fantasien
Zuletzt meldeten sich mehrere chinesische LGBTIQ+-Vereine und Gruppen, die allesamt von einer „alarmierenden Zunahme von Hassreden im Internet“ sprechen, wobei immer stärker „Gewalt verherrlicht und entmenschlichende Narrative verbreitet“ werden. All-Out erklärt dazu: „Im gesamten chinesischen Internet sind LGBTIQ+-Communitys einer wachsenden Bedrohung ausgesetzt. Die Hassrede gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten ist zuletzt stark angestiegen, verbreitet sich unkontrolliert und wird von Tag zu Tag extremer. Alarmierend ist, dass in einigen Online-Räumen dieser Hass nun faschistische und genozidale Rhetorik widerspiegelt.“
Forderungen nach Massenmord
Allen voran auf einer der größten digitalen Plattformen Chinas, auf Baidu Tieba. Eine Gruppe mit dem Namen „Kill Gays“ hat inzwischen nicht nur zehntausende aktive Nutzer, sondern ruft auch regelmäßig zu Massenmord auf. Ähnlich die Situation beim Social-Media-Anbieter Weibo, hier gruppieren sich inzwischen hunderttausende User hinter Online-Gruppen, die mit extremen Anti-LGBTIQ+-Inhalten bis hin zu Todesdrohungen auffallen. Das Ganze ohne Moderation, ohne Sanktionen und ohne Rechenschaftspflicht. Zuletzt sorgte der Aufruf des bekannten Drehbuchautoren Wang Hailin für Schlagzeilen, der online Gewalt gegen LGBTIQ+-Personen forderte. Ebenso ohne Konsequenzen.
Angriffe auf LGBTIQ+-Gruppen
Auf der anderen Seite greift Weibo allerdings durchaus all jene Gruppen an, die LGBTIQ+-positiv eingestellt sind. Vor geraumer Zeit formierten sich online erste Community-Accounts, darunter Aktivisten und queere Künstler mit öffentlichen Beiträgen und Regenbogenflaggen – inzwischen verschwinden alle diese Veröffentlichungen sehr schnell wieder, darunter auch die bis vor kurzem sehr beliebte Seite „Voice of Gays“. Die Betreiber wurden in diesem Frühjahr von Weibo gezwungen, den Namen zu ändern und alle Verweise auf schwul-lesbisches Leben zu entfernen. Die Lage hat sich dabei weiter radikalisiert, alle Regenbogenflaggen werden nun ebenso direkt zensiert, jeder Hinweis auf Pride-Demonstrationen und LGBTIQ+ gelöscht. Künstler aus der Community, die öffentlich Stellung zur Community beziehen, werden online von allen Plattformen entfernt.
Community erlebt „digitale Auslöschung“
„Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, diese Situation ernst zu nehmen. Die chinesische LGBTIQ+-Community erlebt eine digitale Auslöschung, angetrieben von Hass, Zensur und Komplizenschaft“, so All-Out. Diese Welle von Online-Hass müsse genau beobachtet und dokumentiert werden, zudem brauche es internationalen Druck auf die betreffenden Plattformen und mehr Unterstützung für queere Stimmen und Kreative in China.
Weibo und Baidu müssten zudem Verantwortung übernehmen, Moderationsabteilungen einrichten und mit der UN-Menschenrechtskommission für digitale Rechte zusammenarbeiten. „LGBTIQ+-Menschen in China verdienen Sichtbarkeit, Sicherheit und Würde – online wie offline“, so All-Out. Eine Reaktion seitens der chinesischen Regierung oder der betreffenden Online-Plattformen gab es bisher nicht.