Direkt zum Inhalt
Katar: LGBTI*s leben in Angst

Katar: LGBTI*s leben in Angst RTL versendet wichtige Berichterstattung im Nacht-Programm

ms - 22.06.2022 - 13:25 Uhr
Loading audio player...

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 ist seit der Bekanntgabe des Gastgeberlandes Katar immer wieder in der Kritik – massive Menschenrechtsverletzungen, Unterdrückung von Frauenrechten und die Todesstrafe für Homosexuelle lassen sich auch mit der besten Werbekampagne nicht ganz weglächeln. Während einzelne Stimmen wie Ex-Profi-Fußballer und heutiger DFB-Direktor Oliver Bierhoff die Vergabepraxis scharf kritisierten, ist für FIFA-Präsident Gianni Infantino die Regenbogenwelt im Emirat in bester Ordnung. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die obersten Sicherheitsbehörden des Emirats unmissverständlich klar gemacht hat, auch homosexuelle Gäste aus dem Ausland zu verhaften, sollten diese sich als LGBTI* zu erkennen geben oder gar Symbole wie die Regenbogenflagge offen zur Schau stellen wollen. Es ist klar – es geht um die große Show, nicht um lästige Dinge wie Menschen- oder Minderheitenrechte. Ein Team aus RTL-Journalisten konnte jetzt erstmals homosexuelle und queere Menschen aus Katar interviewen und sie zu der schweren Lebenssituation im Wüstenstaat befragen. Die Vorgespräche mit den Reportern fanden über verschlüsselte Messenger-Dienste statt, die eigentlichen Interviews wurden dann an geheimen Orten in Europa und Asien aufgezeichnet.

Aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung der Regierung kommunizieren die Einheimischen so zumeist nur mit Hilfe von Codewörtern über ihre Sexualität. „Wir haben existenzielle Angst vor Bestrafung und Tod, denn was wir in unserer Jugend gelernt haben, ist, dass schwul sein eine Verirrung ist, nichts Natürliches“, so ein junger Katari gegenüber den Reportern. In weiteren Gesprächen offenbart sich immer mehr die dramatische Wirklichkeit von queeren Menschen. „Das Schlimmste ist, wenn ich reise und dann nach Katar zurückkomme und durch den Zoll muss. Das letzte Mal brachten sie mich zur Polizeiwache und rasierten meinen Kopf. Nach ein paar Stunden ließen sie mich gehen. Als das passierte, verlor ich jegliche Hoffnung in das System. Diese Menschen sollen uns beschützen, aber sie tun das komplette Gegenteil“, so der queere Katari weiter.

Timo Latsch, stellvertretender Ressortleiter Sport bei RTL News, erklärte dazu: „Für mich steht Fußball vor allem für Spaß, Fairness und Vielfalt. Das Regime in Katar tut dies nicht. Deshalb möchte ich als Mitglied der LGBTI*-Familie diese FIFA-WM nicht unterstützen und werde zum ersten Mal seit 2006 nicht als Sportreporter vor Ort sein, um über Fußball zu berichten.“ Ähnliches erzählt auch einer der RTL-Reporter, der die queeren Menschen aus Katar interviewt hatte: „Wir haben seit Januar recherchiert, um das Vertrauen von Menschen aus der LGBTI*-Gemeinschaft zu gewinnen. Ich bin erschüttert, wie dramatisch die Lage für sie im WM-Land wirklich ist“, so Reporter Jonas Gerdes, der im weiteren Verlauf auch bekräftigt, dass die FIFA sich zwar offiziell zur Einhaltung aller international anerkannten Menschenrechte bekenne, in Katar selbst aber bislang praktisch gar nichts dafür getan habe. Die RTL-Dokumentation  „Rote Karte statt Regenbogen – Homosexuelle in Katar“ wird in der Nacht auf Donnerstag um 00.20 Uhr ausgestrahlt – so wichtig das Thema einzelnen RTL-Redakteuren zu sein scheint, der Sendergruppe selbst war die Problematik dann wohl doch kein Prime-Time-Platz wert. Statt der dramatischen Menschenrechtslage queerer Menschen in Katar, können RTL-Zuschauer heute Abend um 20.15 Uhr die Abenteuer der Bachelorette erleben. Schade, RTL, schade.  

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.