Je oller, desto doller?! Lust als Fetisch-Mann im Alter? Wie geht das genau?
Die Lust am Fetisch – ist das bis heute nur eine Vorliebe für ältere Herren? Oder ist das ein veraltetes Klischee? Und wie geht es älteren Fetisch-Männern aktuell? SCHWULISSIMO fragte nach bei Mr. Leather Hamburg 2023, Ulrich Bode (67), der darüber bei Hein & Fiete spricht und derzeit der älteste Schärpen-Träger Europas ist.
Je oller, desto doller – so das Motto einer Veranstaltung mit dir. Was erwartet die Besucher?
Die Besucher können sich auf einen interessanten und spannenden Abend freuen und ich wünsche mir regen Austausch und große Teilnehmerschaft. In der heutigen Gesellschaft beobachte ich weiterhin Diskriminierung von älteren Menschen. Ich möchte diesen Vortrag nutzen, um mit Vorurteilen und Klischeedenken Schluss zu machen. Und ich hoffe, dass der Vortrag auch sensible Bereiche wie Sexualität im Alter, Fetisch, Impotenz, körperliche Gesundheit und viele andere Themen zur Sprache bringt.
Es ranken sich viele Klischees um ältere Fetisch-Freunde, Stichwort „lüsterne Boy-Verführer“ zum Beispiel. Ganz viel davon stimmt einfach nicht. Welche Erfahrungen hast Du gemacht?
Ich habe die Veränderung in der Fetisch-Community bei meiner Wahl zum Mr. Leather Hamburg gemerkt. Das Alter hat die anderen Männer in der Lebenswelt des Fetisches nicht interessiert. Ich vermute, dass dies vor allem an meiner eigenen Einstellung, Haltung und Persönlichkeit liegt. Ich bemühe mich stehts inspiriert zu bleiben und mich für neue Ansichten und Lebenskonzepte zu öffnen. Damit widerspreche ich dem gängigen Vorurteil, dass alte Männer verknöchert, steif und störrisch seien. Ich habe erlebt, dass jüngere Männer bei mir Rat gesucht haben, weil sie meine Lebenserfahrung schätzen. Die Hemmschwelle der Jüngeren gegenüber mir als Älteren ist gesunken. Das Klischee vom älteren lüsternen Ledermann kann ich nicht bestätigen. Übergriffigkeit ist keine Frage des Alters. In früheren Jahren hatten sicherlich die jungen Männer auch etwas Angst vor älteren Lederkerlen, die aufgrund ihres kompletten Lederoutfits schon recht dominant rüberkamen. Aber die Zeiten haben sich gewandelt.
Eine britische Studie hat zuletzt herausgefunden, dass schwule Männer im Alter oftmals ein sehr aktives und befreites Sexualleben haben. Ist es nicht schade, dass ältere Schwule in der Community trotzdem noch immer stark ausgegrenzt werden?
Ich kann die britische Studie nur bestätigen. Ältere Männer, die Sex mit anderen Männern haben, leben ihre Sexualität in der Community häufig aktiver aus als die jüngere Generation. Aber ich habe auch erlebt, dass Jüngere auf mich zukommen und keine Berührungsängste haben. Und das ist auch gut so. Es kommt immer darauf an, wie selbstsicher und selbstbewusst man in der Community auftritt. Bei meinen Reisen ins Ausland habe ich festgestellt, dass zum Beispiel in Polen ältere Männer einen hohen Stellenwert haben und respektiert werden. Auch die niederländische Community ist offen und tolerant. Da interessiert das Alter des Lederkerls nicht. Das Auftreten ist wichtig, die Authentizität. Schauspielerei kommt nicht gut.
Was können junge schwule Männer von älteren Fetisch-Kerlen lernen?
Steht zu euch selbst. Akzeptiert euch so wie ihr seid, denn so seid ihr gut. Ich möchte euch Mut machen, zu eurem Fetisch auch in der Öffentlichkeit zu stehen. Ihr habt nur ein Leben. Später ist zu spät. Und Fetisch hat auch nicht ausschließlich was mit Sex zu tun. Fetisch ist ein Statement. Sich weiterentwickeln ist so wichtig. Nicht stehenbleiben. Neugierig sein. Fetisch ist immer im Fluss. Eine stete Weiterentwicklung. So wie sich auch die Fetisch-Freunde immer weiter entwickeln.
Viele Fetisch-Clubs kämpfen mit Nachwuchsproblemen. Ist das Problem auch hausgemacht?
Aus meinen Erfahrungen kann ich sagen, dass Lederclubs früher nur für ältere Männer attraktiv waren. Hier hatten sie einen Ort, an dem sie sich zurückziehen konnten, wo sie unter Gleichgesinnten waren. So sind die Clubs und die Mitglieder gleichzeitig „in die Jahre“ gekommen. Aber wie heißt es so schön: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Mehr und offensive Öffentlichkeitsarbeit der Clubs wäre sicherlich sinnvoll. Neue Ideen entwickeln, zum Beispiel ein Stammtisch für U30 und so weiter. Da ist Kreativität gefragt. Hinzu kommt, dass Lederkleidung, neu gekauft, ganz einfach teuer ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass Jüngere keine Freunde von Vereinen und veralteten Strukturen sind. Sie möchten einfach frei sein und ihren Fetisch ausleben.
Du bist seit Jahren im Fetisch-Bereich aktiv, wie würdest du einem Neuling erklären, was den besonderen Reiz von Fetisch ausmacht?
Für mich hat Leder eine besondere Form der Sinnlichkeit. Leder anfassen, das Knarzen, der Geruch, das Leder schmecken, das Leder sehen, wenn es im Licht glänzt. Alle fünf Sinne werden angesprochen, das ist magisch. Der Zauber von Leder liegt auch darin, dass das Gesamtoutfit einfach Ausstrahlung hat. Als Ledermann hat man auf einmal eine ganz andere Rolle, du bist ein anderer Kerl, strahlst was Besonderes aus.
Uli, Danke dir fürs Gespräch!
Je oller, desto doller – Fetisch im Alter
31. Juli, 19:00 Uhr, Hein & Fiete Hamburg