Ja zur Selbstbestimmung Kinder jeden Alters dürfen ihr Geschlecht frei wählen
Das Selbstbestimmungsgesetz in Spanien kommt! Zuletzt im Dezember 2022 hatten die Abgeordneten im Parlament trotz heftiger Debatten das Gesetzesvorhaben mehrheitlich verabschiedet. Es sieht vor, dass künftig Minderjährige ab 12 Jahren in unterschiedlichen Abstufungen ihren offiziellen Geschlechtseintrag ändern lassen können, ein genereller Namens- und Geschlechtswechsel selbst ist auch bereits vor dem 12. Lebensjahr künftig möglich. Mit einer Mehrheit von 144 zu 108 Gegenstimmen wurde der Entwurf im Senat angenommen, muss jetzt aber aufgrund kleinerer Änderungen noch einmal final im Kongress in zwei Wochen verabschiedet werden.
Gleichstellungsministerin feiert neues Gesetz
Selten spaltete dabei ein Gesetzesvorhaben so massiv die politische Landschaft und auch die Gesellschaft in Spanien. Hunderte Mediziner wie auch große Medien und Politiker unterschiedlicher Parteien hatten vor dem neuen Gesetz gewarnt, darunter auch die Spanische Gesellschaft für Psychiatrie oder die Madrider Ärztekammer. Auch die spanische Regierung selbst zeigte sich quer durch die Parteien zerstritten. Die Kritik war dabei stets gleich: Das neue Gesetz könne eine unreflektierte, geschlechtsangleichende Behandlung von Kindern massiv vorantreiben, die durch soziale Netzwerke dazu ermutigt werden könnten.
Befürworter des Selbstbestimmungsgesetzes wie die spanische Gleichstellungsministerin Irene Montero (siehe Bild) von der Linkspartei begrüßten indes die Zusage aus dem Senat – sie sprach von einem der „wichtigsten Gesetze dieser Legislaturperiode“ und erklärte, sie wolle sich dafür einsetzen, dass dieses Gesetz „tatsächlich jeden Winkel des Landes erreicht“, obwohl es „Widerstand gegen seine Anwendung“ geben wird.
Geschlechtswahl bereits unter 12 Jahren
Im Detail hält das neue Gesetz fest, dass bereits Kinder unter 12 Jahren ihr Geschlecht und den damit verbundenen neuen Vornamen frei wählen dürfen, Lehrer und Schulen müssen dies beachten. Ab dem 12. Lebensjahr ist dann eine juristische Geschlechtsänderung in allen Dokumenten möglich, zunächst mit Zustimmung eines Familiengerichts beziehungsweise ab dem 14. Lebensjahr der Eltern. Ab dem 16. Lebensjahr können Jugendliche eigenständig allein darüber entscheiden. Jedwede zwingende medizinische oder psychologische Abklärung ist nicht mehr nötig. Auch eine fachliche Diagnose zur Geschlechtsdysphorie wird hinfällig.
Bedenken von Ärzten
Die verabschiedete Reform umfasst weitere rechtliche Aspekte für LGBTI*-Menschen, darunter auch ein Konversionstherapieverbot, welches nebst Homosexuellen auch Trans-Personen miteinschließt. In der Kombination mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz äußerten in den letzten Monaten hunderte Ärzte ihre Bedenken, dass dies zur Folge haben könnte, dass eine Selbstdiagnose bei einem Kind oder Jugendlichen gar nicht mehr von fachärztlicher Seite hinterfragt werden dürfe.
Streit im Senat
Auch vor der Abstimmung im Senat war es abermals zu heftigen Diskussionen gekommen. In mehreren Redebeiträgen wurden internationale Problemfälle rund um ein Selbstbestimmungsgesetz angeführt, beispielsweise Schweden, dessen Regierung gerade den Zugang von Minderjährigen zu Hormonbehandlungen weitestgehend einschränkt. Ebenso wurde der Bericht der UN-Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen Frauen, Reem Alsalem, genannt, die davor gewarnt hatte, dass durch solche Gesetze "die Rechte der Frauen erneut eingeschränkt werden können."
Heftig diskutiert wurde auch die aktuelle Situation in Großbritannien, wo in diesem Frühjahr die Abteilung für Transition der Tavistock Klinik nach massiver Kritik geschlossen wird. Derzeit wird eine Sammelklage von über 1.000 Menschen vorbereitet, die sich falsch und vorschnell behandelt fühlen. Ein spanischer Abgeordneter fragte bezugnehmend darauf in der Debatte im Senat: "Sind diese rund 1.000 britischen Bürger alles gefährliche Transphobiker oder einfach nur Opfer eines solchen Gesetzes, das nicht die nötige Reflexion erfordert?" Mehrfach erklärten die Kritiker auch, ein Gesetz wie jenes jetzt in Spanien würde Kinder in die "Ecke des Irreversiblen" drängen, sprich in vielen Fällen zu Hormonbehandlungen führen oder verleiten. Man müsse die "schwerwiegenden Folgen" beachten. Gleichstellungsministerin Montero widersprach vehement diesen Äußerungen und betonte, dass bald "Jungen, Mädchen und Kinder von frühester Kindheit an in der Lage sein werden, so zu sein, wie sie sind.“