Ist der Rollback bereits da? Neue Studie zeigt alarmierende Entwicklung in mehreren Ländern!
Die Mehrheit der Deutschen steht nach wie vor hinter der Gleichstellung von homosexuellen Paaren – soweit die gute Nachricht mit Blick auf die neusten Umfrageergebnisse des Meinungsforschungsinstituts Ipsos. Die schlechte Nachricht: Die Zustimmungswerte sinken erstmals wieder. Ist das der Anfang des befürchteten Rollbacks, den Aktivisten wie auch einige schwul-lesbische Vereine (Just Gay, LGB Alliance) seit geraumer Zeit prognostizieren?
Wo liegen die Gründe für den Zustimmungs-Rückgang?
So ganz von der Hand zu weisen ist die Annahme nicht, trefflich gestritten werden kann sich nun allerdings bei der Interpretation der jüngsten Daten. Für die einen ist der Verlust an Zustimmung in der deutschen Gesellschaft auf Aktionen von der politisch rechten Seite zurückzuführen, für die anderen hingegen ist klar, dass es die queere Community übertrieben habe mit Forderungen gegenüber der Mehrheitsgesellschaft sowie mit geplanten Gesetzesvorhaben, die vielerorts immer wieder für Bedenken sorgen.
Dazu könnte sicherlich auch der immer noch andauernde Streit um das geplante Selbstbestimmungsgesetz beigetragen haben. Für die einen geht es um freie Selbstbestimmung, für die anderen um eine viel zu frühe Heranführung von Jugendlichen an Trans-Themen sowie um den Verlust von Schutzräumen für Frauen. Erstaunlich bei den jüngsten Daten ist, dass die Zustimmungswerte oftmals in jenen Ländern gefallen sind, in denen es zuletzt Streitigkeiten um genau jene LGBTI*-Rechte gegeben hat, darunter sind neben Deutschland auch Großbritannien, die USA oder Italien. Was am Ende tatsächlich ausschlaggebend war, kann derzeit trotzdem nur spekuliert werden – und wird aller Voraussicht nach abermals zu hitzigen Debatten führen.
Jeder vierte Deutsche ist gegen die Homo-Ehe
Die Fakten indes sind klar: 62 Prozent der Deutschen sind für die Homo-Ehe in der Bundesrepublik – vor zwei Jahren lag dieser Wert noch bei 68 Prozent. Rund jeder vierte Deutsche ist inzwischen der Auffassung, dass es für Schwule und Lesben entweder gar keine (13%) oder nur bestimmte partnerschaftliche Vereinbarungen (12%) ohne die gleichgeschlechtliche Ehe geben sollte. Ebenso binnen des letzten Jahrzehnts ist die Zustimmung bei der Frage gesunken, ob Homosexuelle Kinder adoptieren sollen dürfen – von einstmals 71 Prozent vor zehn Jahren liegt der Wert jetzt nur noch bei 67 Prozent. Ob Schwule und Lesben generell gute Eltern sein können, halten nur noch 68 Prozent für möglich, auch hier ein Rückgang um zwei Prozentpunkte.
Es gibt keine Diskriminierung von Trans-Menschen, sagt die Mehrheit
Erstmals fragte das Hamburger Meinungsinstitut auch nach der Einstellung zu Trans-Menschen. Die Mehrheit der Deutschen (53%) findet nicht oder zweifelt daran, dass transsexuelle Personen in der Bundesrepublik noch immer diskriminiert werden. So befürworten auch nur 68 Prozent, dass Trans-Personen in besonderer Weise im Alltag oder im Job vor Diskriminierung geschützt werden müssten – eines der niedrigsten Werte unter allen dreißig Ländern.
Trans-Behandlung für Jugendliche – ja oder nein?
Gerade beim Thema Selbstbestimmung bei Jugendlichen zeigt sich, dass die Bürger jener Länder besonders kritisch darauf blicken, in denen dies zuletzt stark diskutiert wurde, darunter fallen die USA (Zustimmung 45%), Großbritannien (47%) und abermals Deutschland (56%). Fast die Hälfte der Deutschen will nicht oder zweifelt stark daran, dass Jugendliche bereits eine geschlechtsangleichende Behandlung bekommen sollten. Auch nur knapp die Hälfte (53%) befürwortet überhaupt, dass es eine dritte Option in offiziellen Dokumenten für jene Menschen geben soll, die sich nicht als „weiblich“ oder „männlich“ einstufen lassen wollen.
Elf Prozent der Deutschen sind LGBTI*
In den dreißig untersuchten Ländern sind im Durchschnitt neun Prozent Mitglied der LGBTI*-Community, wobei die große Mehrheit von sieben Prozent davon homo- oder bisexuell sind. In Deutschland definieren sich elf Prozent der Menschen als LGBTI*, das sind aktuell rund 9,3 Millionen Menschen. Die höchsten Werte gibt es in Brasilien (15%), Spanien (14%) und der Schweiz (13%), die niedrigsten dagegen in Polen (6%), Japan (5%) und Peru (4%). Wie in anderen Studien auch, belegen auch die Daten von Ipsos, dass der Anteil der LGBTI*-Menschen in der jüngsten Generation Z doppelt so hoch (18%) wie im allgemeinen Durchschnitt ist. In der gesamten Gesellschaft gibt inzwischen jeder zweite Mensch an, eine homosexuelle oder queere Person in der Familie, im Freundeskreis oder unter den Kollegen zu kennen – mehr als jemals zuvor.
Befragung von rund 22.500 Menschen
Die weltweit durchgeführte Ipsos Studie „LGBT+ Pride 2023“ sammelte die Daten von dreißig Ländern, nebst den europäischen Staaten finden sich darunter auch die USA, die Türkei, Brasilien, Neuseeland, Australien, Kolumbien, Kanada, Mexiko, Argentinien, Chile, Thailand, Singapur, Südafrika, Südkorea, Japan und Peru. Insgesamt wurden im Frühjahr 2023 dafür rund 22.500 Menschen befragt.