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Homosexuellen-Quoten im Job?

Homosexuellen-Quoten im Job? Debatte nimmt in den USA landesweit an Fahrt auf

ms - 31.12.2025 - 10:00 Uhr
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Einer der renommiertesten Professoren der USA, Sheldon Bernard Lyke von der Universität in Baltimore, sorgt in diesen Tagen mit einer besonderen Forderung landesweit für Aufsehen: Lautstark setzt er sich für „Homosexuellen-Quoten“ in der Arbeitswelt ein. 

Neue Quoten für die Berufswelt?

Lyke arbeitete vor seinem Einsatz in Baltimore bereits als Professor an mehreren weiteren, führenden Universitäten in den USA und machte seinen Abschluss cum laude an der berühmten Princeton University. Schwerpunkt der Forschungsarbeit des Soziologen sind Antidiskriminierungsgesetze in Bezug auf ethnische und sexuelle Minderheiten. In einem provokanten Artikel macht er sich nun für „Gay Quotas“ sowohl im akademischen Bereich wie auch in der Berufswelt der Vereinigten Staaten stark. 

Die Idee nach Quotenregelungen sind dabei ähnlich wie in Deutschland auch in den USA stark umstritten, Kritiker führen ins Felde, die Qualifikation eines Bewerbers müsste im Mittelpunkt stehen, nicht andere Aspekte wie Hautfarbe, Geschlecht oder eben auch die sexuelle Orientierung. Lyke geht es dabei allerdings nicht nur um eine Debatte über Quotenregelungen, sondern um eine wirksame Inklusion der LGBTIQ+-Community in die Gesellschaft. 

Eine Idee gegen Diskriminierung 

Lykes Argument: Quoten für Schwule und Lesben könnten ein Instrument sein, um die Repräsentation und den Zugang zu Chancen zu verbessern und gleichzeitig das Rechtssystem dazu zu drängen, klare Kriterien für den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung festzulegen. Ihm zufolge verlieren sich die aktuellen Diversitätsdebatten oft in „Diskursen und Praktiken, die keine echte Gleichstellung gewährleisten, insbesondere wenn es um sexuelle Minderheiten geht.“ Außerdem, so der Professor weiter, könnten Quoten dazu beitragen, die häufige Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz zu bekämpfen und „sicherere Räume für diejenigen zu schaffen, die ihre Identität mit Stolz leben, aber dennoch mit strukturellen Vorurteilen konfrontiert sind.“

Beweise, dass du schwul bist!

Das bisher reine Gedankenspiel um „Homosexuellen-Quoten“ weist dabei auch ganz praktische Probleme auf: Wie sollten oder könnten Bewerber für einen Job zum Beispiel nachweisen, dass sie schwul oder lesbisch sind? Und wie sieht es in diesem Zusammenhang mit dem Schutz der Intimsphäre aus? Was würde mit Mitarbeitern geschehen, die lügen, um einen Job zu bekommen? Wie wird mit Bisexuellen umgegangen? Professor Lyke sieht diese Probleme auch und spricht sich gegen unpraktikable Kontrollen aus, er setzt indes auf eine freiwillige Selbstidentifizierung. 

Angst vor vielen Schwindlern hat Lyke überdies nicht: „Bedenken, dass Menschen fälschlicherweise einen Minderheitenstatus beanspruchen, um sich Vorteile zu verschaffen, sind häufig, werden aber möglicherweise überbewertet. Die empirischen Daten im Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit bestätigen diese Befürchtung nicht. Rhetorisch wirkungsvoll, aber weitgehend unbegründet.“ Darüber hinaus betonte der Professor: „Ein gewisses Maß an Unbestimmtheit ist kein Mangel, sondern ein Spiegelbild der sozialen Realität. Die Alternative – eine staatlich verwaltete Validierung der intimen Identität – würde weitaus größere Bedenken hinsichtlich Privatsphäre, Gleichheit und Würde aufwerfen.“

Heftige Debatten mit Hintergedanken 

Innerhalb wie außerhalb der Community wird seit der Veröffentlichung des Artikels darüber in den USA diskutiert. Viele sehen in dem Vorstoß auch eher einen symbolischen Weg nach vorne im Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung. Eine Forderung, die vor allem auch zum Nachdenken auffordern soll, wie Schwule und Lesben besser und gleichberechtigt integriert werden könnten. „Diese Debatte ist ein Meilenstein für die LGBTIQ+-Community, da sie die Notwendigkeit von Maßnahmen hervorhebt, die über bloße Worte hinausgehen und tatsächlich Räume für Selbstbestimmung und Sicherheit garantieren. Es ist ein Moment, um zu bekräftigen, dass der Kampf für Rechte auch ein Kampf für die Anerkennung und den Respekt der Identität jedes Einzelnen ist“, so ein Feedback aus der US-Presse. 

Lyke selbst bekräftigt abschließend: „Das Projekt ´Gay Quotas´ zielt nicht darauf ab, einen Mechanismus zur Überprüfung von sexuellen Neigungen zu entwickeln, sondern zu prüfen, ob unsere verfassungsrechtlichen und kulturellen Verpflichtungen zur Gleichstellung auch auf die sexuelle Orientierung ausgedehnt werden können, so wie dies – wenn auch nicht in perfekter Weise – bereits für ethnische Zugehörigkeit und Geschlecht der Fall ist. Die eigentliche Frage ist nicht, ob wir ´beweisen´ können, wer homosexuell ist, sondern ob der Staat die strukturelle Ungleichheit, mit der sexuelle Minderheiten konfrontiert sind, anerkennen und aktiv Maßnahmen zu ihrer Beseitigung ergreifen kann.“

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