Homosexualität ist verfassungswidrig? Konservative und der Kampf um die Macht an den Schulen
John Carlo kandidiert für die Schulbehörde Clark County in Nevada und möchte künftig über Themen für Bildungseinrichtungen maßgeblich mitentscheiden. Dumm nur, dass dem schlanken Herren mit Militärfrisur nun ein Video in die Quere kommt, die ein gar nicht so neutrales Weltbild offenbart. LGBTI*-Aktivisten filmten heimlich eine Rede von Carlo in einer Kirche mit, in der er erklärt, dass schwul zu sein verfassungswidrig wäre, weil „Homosexuelle sich nicht fortpflanzen können."
Damit nicht genug, griff Carlo auch die derzeit in Teilen Amerikas beliebte These auf, dass Bücher mit queeren Lebenswelten Kinder von einer Sekunde auf die andere homosexuell machen könnten. So hielt er während der Rede ein Kinderbuch hoch (King & King), in dem sich ein Prinz in einen anderen Prinzen verliebt. "Das verstößt gegen unsere Verfassung und gegen die Wünsche der Eltern im Schulbezirk, und das ist nur ein Buch von Tausenden“, so Carlo weiter.
Dass die Behauptungen jeglicher Grundlage entbehren, scheint den konservativen Hardliner dabei nicht wirklich zu irritieren. In der Verfassung beispielsweise findet sich kein Text, der Homosexuellen verbietet, sich ineinander zu verlieben, Kinder zu haben oder sich fortpflanzen zu müssen. Für Carlo ist indes nur eines wichtig: "Ich glaube an unsere Art und Weise zu leben, wie unsere Gründerväter an dieses Land glaubten: Leben, Freiheit und das Streben nach Glück." Dieses Streben nach Glück verbunden mit einer persönlichen Freiheit scheint es für Homosexuelle in Carlos Welt hingegen nicht zu geben.
Carlo ist auch anderweitig immer wieder aufgefallen, erhebt dubiose Anschuldigungen in Bezug auf Pädophilie gegenüber anderen Kandidaten und wünscht sich anscheinend „die gute alte Zeit“ zurück. Kurz bevor seine Accounts bei Instagram und Twitter gesperrt worden waren, veröffentlichte er Beiträge mit der Flagge der Konföderierten im Hintergrund – ein heute gern benutztes Symbol rechtsradikaler US-Politiker und Aktivisten.
Carlos Chancen, tatsächlich in das Schulamt in Nevada berufen zu werden, sind dabei durchaus nicht von der Hand zu weisen. Die Klaviatur aus Angst und den guten alten Werten von Familie und Anstand, die immer mehr Republikaner und Hardliner für sich entdecken, beherrscht er indes gut und spricht so einen konservativen Teil der US-Bürger durchaus an. Carlo ist somit vielleicht ein besonders extremes neues Beispiel für den anhaltenden Kulturkampf in den USA, doch die Zahl derer, die Menschen wie ihn unterstützen, steigt weiter an. Im siebenköpfigen Schulausschuss von Clark County sind aktuell drei Sitze zu besetzen, für die sich jeweils mehrere Kandidaten bewerben. Die Wahlen sind überparteilich. Die Vorwahlen finden im Juni, die allgemeinen Wahlen dann Anfang November. Wenn Carlos gewinnt, kann er durchaus auch Einfluss nehmen auf den Schulstoff von Kindern in Nevada.