HIV und Krebs Sterblichkeitsrate kann durch frühe Tests rapide sinken
Die Deutsche Aidshilfe ruft in diesen Tagen schwule Männer mit HIV dazu auf, sich frühzeitig auf Analkrebs untersuchen zu lassen – neuste Studien aus den Niederlagen belegen jetzt eine signifikante Verringerung der Sterblichkeitsrate, wenn der Krebs rechtzeitig erkannt wird.
Mehr zeitnahe Screenings
Wie im Fachblatt The Lancet veröffentlicht, belegt die niederländische Kohortenstudie, dass ein Screening von HIV-positiven Personen auf frühe Anzeichen von Analkrebs zu einer früheren Diagnose und damit auch zu einer besseren Überlebensrate führen kann. Unter Männern, die mit HIV leben und Sex mit Männern haben (MSM), lag die Sterblichkeitsrate bei denjenigen, die in den Niederlanden gescreent worden waren, bei 3,7 Prozent, verglichen mit 24 Prozent bei denjenigen, die nicht gescreent worden waren, so Fachmann Jan Prins von der Universität Amsterdam: "Wir haben herausgefunden, dass bei Personen, die gescreent wurden, eher Analkrebs diagnostiziert wurde, allerdings in einem früheren Stadium als bei Personen, die nicht gescreent wurden, was zu einem besseren Überleben führte. Diese Daten sind eine wichtige Rechtfertigung dafür, diejenigen zu untersuchen, die am meisten gefährdet sind, an Analkrebs zu erkranken."
Erhöhtes Krebsrisiko bei Menschen mit HIV
Mehrere Studien der letzten Jahre haben bereits nahegelegt, dass Menschen mit HIV ein erhöhtes Risiko für eine Herzerkrankung sowie auch für Krebs haben – insofern ist eine frühzeitige Diagnose in einem frühen Tumorstadium besonders wichtig. In den Niederlanden wurde seit 2007 schrittweise in den HIV-Behandlungszentren auch Screenings zur Verhinderung oder frühzeitigen Erkennung von Analkrebs eingeführt, schwerpunktmäßig dabei bei schwulen Männern. Fachärztin Elizabeth Ann Stier von der Boston University Chobanian & Avedisian School of Medicine stellte zudem fest, dass "obwohl Analkrebs in der Allgemeinbevölkerung selten ist, seine Inzidenz bei Menschen, die mit HIV leben, inakzeptabel hoch ist." Ein Aspekt dabei ist zudem noch, dass die Rate der Raucher unter schwulen Männern mit HIV höher ist als in der Allgemeinbevölkerung.
Co-Infektionen können Situation verschlimmern
Auch Dr. Stefan Esser vom Universitätsklinikum Essen geht seit 2004 als Leiter der HIV HEART Aging Studie der Frage nach, wie Menschen mit HIV altern und welche erhöhten Risikofaktoren es bei Krebs gibt. Aktuell nehmen rund 1.800 Menschen an der Studie daran teil. Im SCHWULISSIMO-Interview erklärte Esser: „Bei HIV-positiven Menschen treten diese Erkrankungen häufiger und früher auf. Zudem haben HIV-positive Menschen häufiger mehrere Komorbiditäten, das heißt, dass zusammen mit ihrer Grunderkrankung gleichzeitig noch eine oder mehrere weitere Krankheiten vorliegen. HIV-Patienten leiden vor allem häufiger an Krebserkrankungen, die durch Co-Infektionen hervorgerufen werden. Bekannt sind hier zum Beispiel die unbehandelte chronische Hepatitis C oder auch HPV, also humane Papillomviren, durch die sich Tumore im Mund-, Genital- und Analbereich bilden können. Wir wissen inzwischen, dass das bei HIV-positiven Menschen besonders häufig vorkommt und auch einen besonders ungünstigen und raschen Verlauf nimmt. Das Risiko, durch HPV Krebs zu bekommen, ist für HIV-Patienten bedeutend höher als in der Allgemeinbevölkerung."
Sterberate sinkt bei schwulen Männern
Die Screenings führten in den Niederlanden dazu, dass die Sterblichkeitsrate von schwulen Männern abgesunken ist. Bei Männern, die Sex mit anderen Männern haben, ist die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von fünf Jahren zu sterben, am geringsten (30,6 %), gefolgt von Männern, die keinen Sex mit Männern haben (Nicht-MSM; 37,3 %) und Frauen (62,5 %). "Unsere Daten sprechen dafür, dass sich Fachkräfte im Gesundheitswesen nicht nur auf MSM mit HIV konzentrieren sollten, sondern auf die gesamte Gruppe der Menschen, die mit HIV leben, da die Inzidenz von Analkrebs bei Nicht-MSM und Frauen steigt", so Prins weiter. Das Fazit der neuen Studie ist damit klar: "Die gute Nachricht ist, dass das Screening auf Analkrebs die Inzidenz und die Sterblichkeit im Zusammenhang mit Analkrebs verringern kann. Die Umsetzung der Analkrebsprävention bei Menschen, die mit HIV leben, muss nun optimiert werden."
Für die Studie nutzten Prins und Kollegen Daten aus der laufenden niederländischen AIDS Therapy Evaluation in the Netherlands (ATHENA)-Kohorte und schlossen rund 28.200 Personen mit HIV ein, von denen knapp 60 Prozent schwule oder bisexuelle Männer waren.