Direkt zum Inhalt
Hass online und offline

Hass online und offline Amnesty International warnt: Online-Targeting führt in Uganda zu Offline-Attacken

ms - 24.10.2024 - 12:00 Uhr
Loading audio player...

Bereits im Sommer dieses Jahres wurde deutlich, dass gut ein Jahr nach dem neuen Anti-Homosexuellen-Gesetz in Uganda Hetzjagden auf Schwule massiv zugenommen haben – auch online. Ein neuer Bericht von Amnesty International dokumentiert jetzt erstmals detailliert, wie grausam und brutal dabei vorgegangen wird. Die Angriffe gerade auch online haben dabei „drastisch“ zugenommen

Klima der Straffreiheit 

Im Bericht TfGBV wird aufgezeigt, wie gezielt vor allem schwule Männer durch Doxing, Outing, Gewaltandrohung, Erpressung, Hacking und Desinformation attackiert werden. Das Anti-Homosexuellengesetz habe dabei laut dem Menschenrechtsverein ein „Klima der Straffreiheit“ für Angriffe auf homosexuelle Personen geschaffen und sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen dazu gezwungen, ihre Selbstdarstellung und ihren Umgang mit Menschen im Internet erheblich zu ändern.

„Unsere Untersuchung zeigt, dass LGBTI*-Aktivisten und -Organisationen zwar weiterhin digitale Räume in einem sehr feindseligen Umfeld nutzen, dass aber die Stigmatisierung, Gewalt und Diskriminierung, mit der sie in Offline-Räumen konfrontiert sind, sich in digitalen Räumen widerspiegelt und verstärkt“, betont Shreshtha Das, Gender Researcher und Advisor von Amnesty International.

Online-Hass geht ins reale Leben über

Der Hass online habe dabei verheerende Folgen, denn: „Online-Targeting kann zu Offline-Angriffen führen, darunter willkürliche Verhaftungen, Folter und andere Misshandlungen, Zwangsräumungen, Entlassung von der Arbeit, Exposition gegenüber Offline-Gewalt sowie Stress, Angst und Depression.“

Für den Bericht führte Amnesty International in sechs ugandischen Städten und angrenzenden Gebieten insgesamt 64 Interviews mit LGBTI*-Personen und Organisationen durch. Die Untersuchung verdeutliche dabei nicht nur das Versagen der staatlichen Behörden, diese Übergriffe zu verhindern oder dagegen vorzugehen, sondern belege auch ihre aktive Rolle bei der Ermutigung und Duldung dieser Übergriffe, wodurch Schwule schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

Behörden und Polizei befeuern Hass

Konkret erklärt dazu Marco Perolini, Civic Space Policy Advisor von Amnesty International, weiter: „Anstatt Maßnahmen zur Bekämpfung zu ergreifen, sind die ugandischen Behörden gegen Menschenrechtsverteidiger und -organisationen vorgegangen und haben deren Arbeit in diskriminierender Weise eingeschränkt. Ihre Handlungen kommen einer Hexenjagd gegen diejenigen gleich, die als ´Förderer der Homosexualität´ wahrgenommen werden, was eine abschreckende Wirkung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit hat.“ 

Der Bericht dokumentiert dabei auch zahlreiche Fälle, in denen die Polizei Geräte oder Daten von Homosexuellen beschlagnahmte, indem sie ihnen mit Verhaftung drohte. Darüber hinaus haben sowohl die Polizei als auch Privatpersonen Social-Media-Plattformen genutzt, um zunächst mit schwulen Männern in Kontakt zu treten und sie dann mit physischer Gewalt und Erpressung anzugreifen. Gerade letzteres entwickele sich dabei wohl immer mehr zu einem Massenphänomen – es scheint leicht, nicht geoutete Menschen zu erpressen. 

Angstvolles Schweigen 

Die Stimmung wird online auch weiter dadurch angeheizt, dass gerade schwule Männer als „sexuelle Raubtiere“ dargestellt werden. „Heutzutage sind die digitalen Räume, die für LGBTI*-Personen in Uganda so wichtig sind, oft nicht sicherer als die Offline-Räume; sie erleben in beiden Diskriminierung und Gewalt“, erklärt Roland Ebole von Amnesty International. Dazu kommt: Alle Opfer betonten gegenüber der Menschenrechtsorganisation, dass sie die Attacken nicht bei der Polizei melden würden – aus Angst, erneut geoutet, gedemütigt, erpresst oder verhaftet zu werden. 

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Schwule Männer in Haft

Imam ließ vier Männer verhaften

Vier Männer wurden in Kamerun verhaftet, weil sie einen Schwulenfilm gesehen haben sollen. Beweise gibt es keine, nur die Aussage des Imams.
100 Tage neue Bundesregierung

LSVD+ zieht erste Bilanz

"Die Regierung Merz muss Verantwortung für queere Menschen übernehmen!“, fordert der LSVD+ nach 100 Tagen neuer Bundesregierung.
Verbote für Jugendliche

Kein Handy, kein Social Media?

Die Debatte um Medienverbote für Jugendliche geht weiter, queere Verbände befürchten eine Isolation. Ist ein Handy- & Social-Media-Verbot die Lösung?
Regenbogenfamilien im Fokus

Stiefkindadoption als Zerreißprobe

60 Prozent der deutschen Regenbogenfamilien machten negative Erfahrungen bei der Stiefkindadoption, besonders mit Jugendämtern und Richtern.
Keine queere Jugend mehr?

Anteil junger Menschen nimmt ab

22 Prozent der Gen-Z definiert sich als LGBTIQ+. Gleichzeitig gibt es immer weniger junge deutsche Menschen, sie machen nur 10 % der Bevölkerung aus.
Eklat um Pete Hegseth

Befürwortung des Ehe-Verbots

Eklat um X-Post von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth: Darin fordern Pastoren das Verbot von Homosexualität und kein Wahlrecht für Frauen.
Meilenstein in Litauen

Lesbisches Paar siegt vor Gericht

In Litauen hat ein Gericht jetzt erstmals eine lesbische Lebensgemeinschaft als Partnerschaft offiziell anerkannt. Nun muss die Regierung nachziehen.
Essstörungen in der Community

Generation Z besonders betroffen

Essstörungen sind besonders stark unter der jungen Gen-Z ausgeprägt – und dabei doppelt so stark bei jungen LGBTIQ+-Menschen.
Stockschläge in Indonesien

Zwei schwule Studenten verurteilt

Erneut macht Indonesien mit seiner rigiden Anti-Homosexuellen-Politik von sich reden. Jetzt wurden zwei Studenten zu 80 Stockschlägen verurteilt.