Grundgesetzänderung LGBTI*-Menschen sollen bis 2025 ins Grundgesetz aufgenommen werden
Im Zuge des erstmaligen Gedenkens an die homosexuellen und queeren Opfer der NS-Zeit am vergangenen Freitag hat jetzt die Deutsche Aidshilfe in eindringlichen Worten darauf hingewiesen, wie wichtig eine zeitnahe Ergänzung des Grundgesetzes im Artikel 3.3 ist – dort werden all jene Menschengruppen als besonders schützenswert genannt, die in der NS-Zeit in besonderer Weise verfolgt worden waren, beispielsweise Menschen aufgrund ihrer Rasse, Herkunft oder ihres Glaubens. Nur homosexuelle und queere Menschen werden dort bis heute nicht genannt.
Aidshilfe fordert staatliches Schutzversprechen
Allein während der NS-Zeit wurden dabei rund 50.000 homosexuelle Männer aufgrund des Paragrafen 175 (Verbot von sexuellen Handlungen zwischen Männern) verurteilt und inhaftiert, rund 15.000 starben in Konzentrationslagern. Ein Ziel der Bundesregierung ist es daher auch, diese Menschengruppe durch den Passus “sexuelle Identität“ mit in den Artikel 3.3 des Grundgesetzes aufzunehmen. Die Deutsche Aidshilfe erklärte dazu jetzt: „Vor dem Hintergrund der NS-Verbrechen gegen LGBTI*s, aber auch aktueller queer-feindlicher Gewalt, braucht es eine Verankerung der Rechte queerer Menschen im Grundgesetz – als verlässliches staatliches Schutzversprechen.“
Errungenschaften wie die Homo-Ehe schützen
Ähnlich äußerte sich zuletzt der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, gegenüber der Tagesschau: „Queere Menschen sind die letzte von den Nazis verfolgte Gruppe, die noch keinen expliziten Schutzstatus im Grundgesetz haben. In seiner jetzigen Form konnte Artikel 3 etwa auch die strafrechtliche Verfolgung von homo- und bisexuellen Männern nach dem alten Strafrechtsparagrafen 175 nicht verhindern. Oder den Sorgerechtsentzug bei lesbischen Müttern. Ein ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Schutz ist wichtig, auch damit bestimmte Errungenschaften, wie die Ehe für alle, nicht wieder zurückgedreht werden können.“
Streit um Begriff “Identität“
Für eine solche Grundgesetzänderung bedarf es allerdings einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, abseits der AfD bräuchte es so die Stimmen der Union. Zwar gab es hier vereinzelt bereits positive Signale einzelner CDU-Politiker, ebenso allerdings Kritik an dem Begriff “Identität“. Immer wieder steht die Forderung im Raum, wie zuletzt in diesem Monat in den Niederlanden auch in Deutschland das Grundgesetz um den Schutzbegriff der “sexuellen Orientierung“ zu erweitern – darauf könnten sich vielleicht auch ausreichend viele Unions-Politiker einigen.
Dies geht allerdings vor allem den Grünen nicht weit genug, da somit Teile der LGBTI*-Community ausgeschlossen werden würden. Verfassungsrechtler indes kritisieren auch den Begriff “Identität“, weil er aus juristischer Sicht keine fest definierbare Größe darstellt, sodass aus rein rechtlicher Sicht ein Chaos entstehen könnte. Lehmann wiederum beteuerte, man sei aktuell in intensiven Gesprächen und wolle noch in dieser Legislaturperiode einen Anlauf für eine Abstimmung machen.