Großbritannien gegen LGBTI*-Ehe „Man sagt oft, 'die Liebe siegt'. Diesmal hat sie nicht gesiegt!“
Juristisch könnte der Sachverhalt, über den britische Richter Anfang der Woche entschieden haben, mehrere dicke Romane füllen – am Ende steht allerdings eine ernüchternde und auch verstörende Nachricht für die LGBTI*-Community im Vereinigten Königreich und deren Überseeinseln: Auf den Bermudas und den Kaimaninseln werden gleichgeschlechtliche Ehen verboten bleiben.
Die letztgültige Entscheidung der Richter überrascht aus mehreren Gründen – zum einen widerspricht sie der Einstellung zu gleichgeschlechtlichen Ehen in Großbritannien selbst, zum anderen determinieren die Richter damit auch bereits geschlossene homosexuelle Ehen in Übersee.
Der Entscheidung vorausgegangen war ein mehrjähriger juristischer Streit, der seit 2017 die Bewohner der Inselketten spaltete. Auf den Bermudas regelt der sogenannte Domestic Partnership Act (DPA), dass die Ehe ausschließlich eine Verbindung zwischen Mann und Frau sei. Dagegen hatten mehrere queere Menschen sowie die LGBTI*-Organisation OUTBermuda bis zum Obersten Gerichtshof des Landes geklagt, der schlussendlich entschied, dass der DPA tatsächlich ungültig sei. Ein Freudentag für die queere Community – was folgte, waren viele gleichgeschlechtliche Eheschließungen.
Die Regierung der Bermudas ließ es allerdings nicht auf dieser Entscheidung beruhen, sondern rief den Privy Council (PC) in London an. Das PC ist das oberste Berufungsgericht für die Bermudas und die meisten anderen britischen Überseegebiete sowie Commonwealth-Staaten. Die Richter des PC hoben nun die höchste Entscheidung des Obersten Gerichts auf den Bermudas auf, sodass das Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen wieder in Kraft ist. In einer separaten Entscheidung stellte das PC zudem fest, dass auch die Verfassung der Kaimaninseln kein Recht auf gleichgeschlechtliche Ehen vorsieht – in diesem Fall hatte ein lesbisches Paar geklagt, um ein Recht auf die gleichgeschlechtliche Ehe letztgültig zu erringen. Auch hier waren Verbote zunächst aufgehoben und nun abermals bekräftigt worden.
Obwohl die britischen Richter in London einräumten, dass "die Beschränkung der Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare bei homosexuellen Menschen ein Gefühl der Ausgrenzung und Stigmatisierung hervorrufen kann", entschieden sie doch zu Ungunsten der queeren Community und begründeten diesen Schritt mit Blick auf die Verfassung selbst: "Internationale Instrumente und die Verfassungen anderer Länder können nicht herangezogen werden, um in der Verfassung der Bermudas oder den Kaimaninseln ein Recht auf die rechtliche Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe zu verankern."
In Großbritannien können seit 2014 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen werden. Kurz gesagt: Egal, wie fortschrittlich sich auch Großbritannien in puncto „Ehe für alle“ zeigen möge, sind diese Fortschritte nicht auf die britischen Überseegebiete anwendbar. Diese Regionen entscheiden eigenverantwortlich darüber.
Ungeklärt bleibt die Frage, wie die Überseeinseln nun mit den bereits geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehepartnern umgehen werden. Klar ist, dass die jüngste Entscheidung ein schwerer Schlag für die LGBTI*-Community in den britischen Überseeterritorien ist – Pressevertreter vor Ort sprachen von einem "Affront gegen die Menschenwürde“ und sehen sich darin bestätigt, dass die britische Regierung ein generelles Desinteresse gegenüber den eigenen Überseegebieten hegt. Ähnlich entsetzt zeigte sich auch Roderick Ferguson von OUTBermuda in einer offiziellen Erklärung:
„Unsere Befürworter sagen oft, 'die Liebe siegt'. Diesmal hat sie nicht gesiegt. Der Kreuzzug der Regierung der Bermudas gegen die gleichgeschlechtliche Ehe wurde geführt, um alle davon zu überzeugen, dass unsere Sexualität etwas Schändliches an sich hat. Glauben Sie nicht an diese müde alte Lüge. Unsere Arbeit als Gesellschaft ist erst dann getan, wenn die Menschlichkeit aller Menschen sowohl vor dem Gesetz als auch im Leben anerkannt ist."