Gewalt in Berlin Über 90 Prozent der mutmaßlichen Täter sind junge Männer - zu den meisten Opfern zählen Schwule
Die Gewalttaten gegenüber LGBTI*-Menschen in Berlin steigen weiter an – zu diesem Fazit kommt der dritte Monitoring-Bericht zu LGBTI*-feindlicher Gewalt der Landesstelle für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung (LADS). Bereits im Frühjahr und im August dieses Jahres hatten das Anti-Gewalt-Projekt Maneo sowie die Berliner Polizei und der Senat ebenso einen deutlichen Anstieg um fast 30 Prozent binnen eines Jahres verzeichnet.
Höchststand bei Gewaltdelikten
Der Monitoring-Bericht hält nun offiziell so 588 Straftaten fest, wobei auch hier die Dunkelziffer deutlich höher sein dürfte. Maneo berichtete zuvor von rund 1.000 gemeldeten Vorfällen im Jahr 2023. In der Regel werden laut der EU-Grundrechteagentur 90 Prozent aller Angriffe auf Homosexuelle und queere Menschen nicht gemeldet, sodass wir es in Berlin realistisch eingeschätzt mit über 5.000 Fällen binnen eines Jahres zu tun haben dürften.
Besonders besorgniserregend ist dabei, dass die Gewaltdelikte so hoch sind wie niemals zuvor. Neben Übergriffen auf Einzelpersonen wurde außerdem eine Zunahme von Attacken auf queere Einrichtungen, Clubs, Veranstaltungen und Pride-Events verzeichnet. Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) betonte besorgt, sowohl der Staat wie auch die Zivilbevölkerung müssten jetzt „entschieden gegen jede Form von queer-feindlicher Gewalt vorgehen.“
Beleidigungen und Körperverletzungen
Zu den meisten Vorfällen gehören dabei Beleidigungen (rund 45%), gefährliche Körperverletzungen (21%) sowie Volksverhetzung (rund 7%). Die meisten Überfälle und Attacken gegenüber Schwulen, Lesben, Bisexuellen und queeren Menschen ereigneten sich in den Bezirken Mitte, Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg sowie Charlottenburg-Wilmersdorf. Mehr als die Hälfte der erfassten Straftaten in diesem Bereich finden in der Öffentlichkeit (rund 45%) sowie im öffentlichen Nahverkehr (rund 11%) statt.
Zumeist männliche Tatverdächtige
Sehr auffällig sei dabei laut dem Bericht der sehr hohe Anteil von männlichen Tatverdächtigen bei LGBTI*-feindlichen Taten, insbesondere bei Gewaltdelikten – über 92 Prozent der mutmaßlichen Täter sind hier Männer im jungen und mittleren Alter. Weitere Details zu den Tatverdächtigen sind nicht bekannt, seit 2022 darf die Berliner Polizei nach einem Beschluss des Berliner Senats keine Herkunftsdaten bei jungen Tatverdächtigen mehr sammeln.
Viele der Tatverdächtigten sind dabei nicht das erste Mal polizeilich auffällig geworden – zur großen Mehrheit (78%) verfügt die Polizei bereits über Vorerkenntnisse zu den ermittelten Personen. Oftmals handelt es sich dabei um Personen, die aufgrund von Allgemeinkriminalität (rund 47%) bereits bekannt sind beziehungsweise im Bereich der Staatsschutzkriminalität (rund 31%) erfasst worden sind. Die meisten Opfer (rund 72%) sind dabei schwule und bisexuelle Männer, zu denen vorab keinerlei persönliche Beziehung zu den Tätern existierte.
Im Jahr 2023 wurde so mit 791 eingeleiteten Strafverfahren aufgrund von Straftaten gegen die sexuelle Orientierung ein neuer Höchstwert seit Beginn der staatsanwaltschaftlichen Erfassung verzeichnet – es ist ein Anstieg von Strafverfahren in diesem Bereich um über 31 Prozent binnen eines Jahres.