Gerichtprozess Malte C. Der schwule Tatverdächtige bedauert die Tat
Heute startet vor der Jugendstrafkammer in Münster der Gerichtsprozess gegen Nuradi A. – der 20jährige Tschetschene soll im August vergangenen Jahres während dem CSD Münster den 25-jährigen Trans-Mann Malte C. mit zwei Schlägen zu Boden geschlagen und schlussendlich dadurch getötet haben. Die heutige Anklage lautet auf Körperverletzung mit Todesfolge. Dem jungen Angeklagten drohen zwischen drei und fünfzehn Jahren Haft. Im Vorfeld hatte sein Verteidiger Siegmund Benecken erklärt, dass Nuradi A. die Tat sehr bedauere.
Handelte der Täter aus Angst vor der eigenen Homosexualität?
Nach dem Urteil einer psychologischen Sachverständigen hatte der Tschetschene mit russischer Staatsbürgerschaft in bekifften und stark angetrunkenen Zustand in einer Art von innerer Verdrängungstat auf Malte C. eingeschlagen, der oberkörperfrei durch seine OP-Narben auf der Brust sofort als Trans-Mann erkennbar war. Nuradi A. ist selbst homosexuell und versuchte seit seinem 14. Lebensjahr, seine Sexualität aus Angst vor Bestrafung von der eigenen Familie zu verheimlichen. Auch in seiner Heimat selbst wurde Homosexualität immer als Krankheit und Perversität gebrandmarkt. Die Psychologin geht davon aus, dass es sich bei der tödlichen Körperverletzung nicht um ein homophobes Hassverbrechen handelt, viel mehr habe Nuradi A. als „unbewusste Abwehr der eigenen homosexuellen Wünsche“ gehandelt.
Aggressiv, depressiv, alkoholisiert und bekifft
Offenbar schien hoher Alkoholkonsum und Kiffen in Kombination mit einer hohen Reizbarkeit der Nährboden für das „dissoziale Handeln“ und die „aggressive Gestimmtheit“ des Tschetschenen gewesen zu sein – dabei soll der junge Angeklagte auch immer wieder seit seiner Kindheit stark depressive Episoden gehabt haben. Gewalt begleitete so offenbar schon seit Jahren das Leben des jungen Mannes, insgesamt fünf Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung sind aktenkundig, die zumeist aufgrund von Geringfügigkeit eingestellt worden waren.
Gezielte Schläge ins Gesicht?
Die Tat selbst ereignete sich am Abend des 27. August 2022 während des CSDs in Münster. Gegen 20 Uhr abends soll Nuradi A. drei lesbische Frauen angepöbelt und gefragt haben, ob er ihnen unter den Rock fassen könne. Nach der Zurückweisung der Frauen soll er sie angeschrien und als „Lesbische Huren“ und „Scheiß-Transen“ bezeichnet haben. Malte C. kam dazu, um offenbar die Situation zu schlichten. Nach einem kurzen Wortwechsel eskalierte der Streit und Nuradi A. sagte dem Trans-Mann, er solle „das Maul halten, da er gar kein richtiger Mann“ sei. Anschließend stieß Nuradi A. laut Anklageschrift den 25-Jährigen zunächst heftig gegen die Brust, bevor er ihm rechts und links mit der Faust ins Gesicht schlug.
Als ehemaliger Jugendboxer konnte der Tschetschene seine Schläge wahrscheinlich gezielt platzieren, so dass die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass Malte C. bereits bewusstlos war, bevor er mit dem Hinterkopf auf das Straßenpflaster aufschlug. Nach Bewertung der Staatsanwaltschaft soll der Angeschuldigte spätestens bei Ausführung des zweiten Schlags schwere Verletzungen des Geschädigten billigend in Kauf genommen haben – Anhaltspunkte für einen bedingten Tötungsvorsatz liegen allerdings nicht vor. Sechs Tage nach der Tat verstarb Malte C. im Krankenhaus an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas. Er wurde im Oktober 2022 in Münster beerdigt. Für den Prozess sind aktuell zehn Verhandlungstage angesetzt.