Direkt zum Inhalt
EU gegen Hassverbrechen

EU gegen Hassverbrechen Mehr Einsatz von der Slowakei wie von allen Mitgliedsstaaten gefordert

ms - 21.10.2022 - 12:00 Uhr
Loading audio player...

Das Europaparlament hat mit eindeutiger Mehrheit eine Resolution verabschiedet, die einen stärkeren Schutz von LGBTI*-Menschen einfordert. Damit reagieren die Parlamentarier auf den jüngsten homophob motivierten Doppelmord in der Slowakei – der Sohn eines ehemals rechtsextremistischen Politikers hatte vor einer Schwulenbar in der Hauptstadt in Bratislava ohne Vorwarnung kaltblütig zwei junge homosexuelle Männer erschossen. Nachdem er online mit der Tat geprahlt hatte, beging der 19-jährige Täter Selbstmord.

447 EU-Abgeordnete stimmten nun für die neue Resolution, 78 stimmten dagegen, zudem gab es 45 Enthaltungen. Vor allem Politiker aus Ungarn, Polen sowie rechtspopulistische Parlamentarier aus Italien stimmten gegen die Resolution. Der Direktor der europäischen LGBTI*-Organisation Forbidden Colours, Rémy Bonny, veröffentlichte dazu via Twitter die Liste aller Politiker, die gegen die Verurteilung des Hassverbrechens in der Slowakei gestimmt hatten. Ferner erklärte Bonny: „Es handelt sich um Mitglieder des Europäischen Parlaments, die die Regierungsparteien von Ungarn, Polen und Italien vertreten. Sie stimmten gegen das Europäische Parlament, das den Terrorismus und die Ermordung von LGBTI*- Personen in der Slowakei verurteilte. Gemeinsam mit dem Parlament fordern wir die EU-Kommission auf, die Anti-LGBTI*-Desinformationskampagnen ernst zu nehmen. Wir sind bereit zu helfen.“ Das europäische Parlament hatte kurz zuvor erklärt: „Als Reaktion auf einen homophoben Mord in Bratislava fordert das Parlament alle EU-Regierungen auf, Hassreden zu bekämpfen und Hassverbrechen zu untersuchen und zu verfolgen.“ Des Weiteren verurteilte das Parlament die Tat als einen “feigen Terrorakt“ mit einem rechtsextrem motivierten Hintergrund und sprach sich dafür aus, auch entschieden gegen homophobe Hass-Sprache und verbale Angriffe vorzugehen.

EU-Parlamentarier, die gegen die Resolution stimmten

Kritik richtet sich dabei auch an die Regierung in der Slowakei selbst. Das Land müsse sich ernsthaft endlich dafür einsetzen, LGBTI*-Menschen mehr zu schützen, es dürfe nicht immer wieder zu massiven Verletzungen der grundsätzlichen Menschenrechte kommen. Die Slowakei müsse gezielt auch gegen Desinformationskampagnen vorgehen, endlich gleichgeschlechtliche Paare auch rechtlich anerkennen und weitere Reformen für Regenbogenfamilien auf den Weg bringen. Mehrfach betonten die Parlamentarier auch, dass es ihnen große Sorge bereite, wie in einigen Mitgliedsstaaten der EU rechtsextremistische Gruppen an Stärke gewinnen und gleichzeitig dabei die Angriffe gegenüber der LGBTI*-Community immer weiter zunehmen würden. So richtete sich die Resolution stellenweise auch an alle Mitgliedstaaten und forderte sie dazu auf, Werte wie Akzeptanz, Toleranz und Gleichheit zu respektieren und zu fördern.

In der Slowakei selbst hat der grausame Doppelmord an den beiden jungen schwulen Männer für nachhaltiges Entsetzen geführt, über 20.000 Menschen drückten bei einer Mahnwache ihre Trauer darüber aus. Auch in den Medien wird seitdem über die aktuelle Situation von LGBTI*-Menschen im Land immer wieder diskutiert, der slowakische TV-Journalist Rastislav Iliev nahm das Thema zum Anlass, sich während seiner Live-Moderation selbst als homosexuell zu outen. Er bekräftigte, dass das Land und die Bevölkerung aufhören müssten zu schweigen, denn „das Böse breitet sich immer noch aus.“ Schlussendlich richtete er einen Appell an die aktuelle, konservative Regierung: „Hört auf, euch hinter leeren Gesten auf Facebook zu verstecken, die ihr nur abgebt, wenn es euch passt. Hört auf, euch dabei zum Mittelpunkt zu machen, und fangt endlich an, darüber nachzudenken, wie ihr das Leben von LGBTI*-Menschen einfacher machen könnt, wie ihr diejenigen bestrafen könnt, die den brutalen Mord des gestörten Jungen im Internet legitimieren, und nicht zuletzt, wie ihr uns alle schützen werdet, damit so etwas nie wieder passiert.“ Das größte Musikfestival des Landes hat indes angekündigt, die Veranstaltungsreihe Mitte November ganz als Gedenken für die beiden getöteten Schwulen zu veranstalten – über 40 Veranstaltungsorte und rund 70 Künstler haben bereits zugesagt. Das Thema dürfte die Slowakei so noch länger beschäftigen, weswegen LGBTI*-Organisationen im Land hoffen, einen tatsächlichen Wechsel weiter anstoßen zu können. 

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Neue Hoffnung in Italien

Etappensieg zur Homo-Ehe

Zum dritten Mal hat ein Gericht in Italien nun homosexuellen Paaren mehr Rechte zugesprochen - die gleichgeschlechtliche Ehe rückt schrittweise näher.
Radikalisierung in Nigeria

Neues Gesetz gegen Homosexuelle

Homosexualität ist in Nigeria bereits illegal, nun soll ein neues Gesetzvorhaben die Lage für Schwule und Lesben weiter verschlimmern.
Neue Wege in England

Kampf gegen steigende STI-Fälle

England verzeichnet seit zwei Jahren Rekordzahlen bei neuen STI-Fällen in der Community. Nun soll direkt in Gay-Bars Impfungen angeboten werden.
Homophobie in der Kirche

Papst Leo und Kardinal Müller

Papst Papst Leo XVI. und Kardinal Müller haben mit deutlichen Worten klargestellt, dass die Kirche Homosexualität weiterhin nicht akzeptieren wird.
Eklat bei Ben & Jerry's

Firmengründer tritt zurück

Die Eismarke Ben & Jerry's setzte sich stets für LGBTIQ+ ein, nun tritt der Firmengründer zurück, weil der Mutterkonzern das Engagement missbilligt.
Suizid in Frankreich

Homophober Hass an Grundschule

Zu Beginn des neuen Schuljahres hat eine Grundschullehrerin in Frankreich Suizid begangen. Jahrelang wurde die lesbische Frau gemobbt und angefeindet.
Verbietet Trump die Flagge?

Queere Symbole bedroht

In den USA sorgt der Mord am ultrarechten Aktivisten Charlie Kirk für eine neue Welle politischer Spannungen gegen LGBTIQ+.
Zunahme von Diskriminierungen

Intergeschlechtliche erleben Gewalt

Immer mehr intergeschlechtliche Menschen in Europa sind laut aktuellen Erhebungen verstärkt Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt.
Angriffe in Cruising-Hotspots

Attacken in Berlin nehmen zu

Die Angriffe auf Schwule in Berliner Cruising-Hotspots haben zuletzt stark zugenommen. Die Polizei will nun mit verstärkter Präsenz gegensteuern.