Erfolgsmodell PrEP? Stagnation im Kampf gegen HIV in Amerika
Seit rund einem Jahrzehnt gibt es die PrEP in den USA – das erste Fazit jetzt fällt bitter aus. Kurzum, die Präventionspille gegen HIV helfe viel, komme aber viel zu wenig zum Einsatz. In vielen Teilen Amerikas stagnieren die Bemühungen, HIV-Neuinfektionen mit Hilfe der PrEP einzudämmen. HIV-Fachleute in den USA sind sich inzwischen einig darüber, dass dieses Defizit eines der Hauptgründe dafür ist, dass die Nation bei der Bekämpfung von HIV immer mehr hinter vielen anderen Ländern zurückbleibe. Die PrEP hat zwar dazu beigetragen, die HIV-Raten in einigen Städten wie etwa New York, San Francisco und Seattle zu senken, auf nationaler Ebene hat die Pille jedoch keinen nennenswerten Beitrag geleistet.
Große Popularität unter weißen schwulen Männern
Gegenüber NBC News erklärte so LaRon Nelson, außerordentlicher Professor für Krankenpflege und öffentliches Gesundheitswesen an der Yale University: „Wir befinden uns in einer wissenschaftlichen Krise der HIV-Prävention!“. Dabei beklagt Nelson die Kluft zwischen der beeindruckenden Leistung der PrEP in großen Studien und ihrer mäßigen Wirkung in der Praxis. Positiv zu vermerken sei allerdings, dass die PrEP eine beachtliche Popularität erlangt habe - allerdings nur bei weißen schwulen und bisexuellen Männern, die seit langem eine sinkende HIV-Rate aufweisen.
PrEP-Krise in der schwarzen Gay-Community
Wesentlich dramatischer sehe die Lage bei schwarzen und lateinamerikanischen schwulen Männern und zwar trotz landesweiter Kampagnen zur Förderung der PrEP aus. Noch immer haben schwarze schwule Männer die höchsten HIV-Infektionsraten in den USA, ein Rückgang der hohen Fallzahlen kann bis heute nicht verzeichnet werden. Gewollt oder ungewollt, habe die PrEP so in gewisser Weise sogar die Rassenungerechtigkeit im Land noch verstärkt. 69 Prozent der PrEP-Nutzer sind inzwischen Weiße, 18 Prozent Latinos und nur neun Prozent Schwarze.
Beinah jeder zweite schwule Neu-Infizierte ist schwarz
Nach Angaben der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) machen 70 Prozent aller Neu-Infektionen in den USA schwule und bisexuelle Männer (MSM) aus. Insgesamt kommt es binnen eines Jahres zu rund 35.000 neuen HIV-Übertragungen, rund 22.000 davon entfallen auf MSM. Von diesen 22.000 Neu-Infizierten sind rund 23 Prozent Weiße, 41 Prozent Schwarze und 36 Prozent Latinos. Die Gründe für diese massive Schieflage sind nach Angaben der CDC mannigfaltig.
Vorurteile und Skepsis befeuern Lage
In einigen Bundesländern weigern sich Versicherungsgesellschaften unter gewissen Aspekten, die PrEP überhaupt zu bezahlen. In anderen Fällen werden die Tabletten nach einem kurzen Zeitraum wieder abgesetzt oder die Einnahme wird vergessen. Gerade unter schwulen schwarzen Menschen ist zudem das generelle Angebot von Gesundheitseinrichtungen besonders prekär. Oftmals gebe es auch noch in gewissen Communitys mit mehrheitlich schwarzen Bürgern oder Latinos große Vorurteile gegenüber Homosexualität oder Skepsis über jedwede Gesundheitsvorsorge wie der PrEP. Auch für Selbstzahler schwanken die jeweiligen PrEP-Präparate je nach Anbieter von 25 US-Dollar im Monat bis zu 600 US-Dollar monatlich.
Einfache Einnahme könnte Game-Changer werden
Pharmaunternehmen arbeiten derzeit deswegen auch an medikamentösen Zäpfchen, die bis zu 48 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingeführt werden und gegen HIV wirken können, sowie an langanhaltenden Implantaten, die die tägliche Einnahme obsolet machen würden. Eine andere Herangehensweise ist eine PrEP-Injektion mit einer Haltbarkeit von sechs Monaten. Wahrscheinlich wird es aber noch mehrere Jahre dauern, bis diese oder ähnliche Produkte tatsächlich breitenwirksam überhaupt zum Einsatz kommen können.