Ein Tag gegen Homophobie Vor 33 Jahren wurde Homosexualität von der Liste der Krankheiten gestrichen!
Einmal im Jahr feiert die Community den Tag gegen Homophobie, der inzwischen zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) erweitert worden ist. Genau vor 33 Jahren am 17. Mai 1990 wurde Homosexualität von der Weltgesundheitsorganisation von der Liste der Krankheiten gestrichen.
Haft- und Todesstrafen für Homosexuelle
Zahlreiche Verbände und LGBTI*-Organisationen weltweit gedenken heute diesem besonderen Tag, der nichts von seiner Wichtigkeit verloren hat. Noch immer werden Homosexuelle in 67 Staaten weltweit strafrechtlich verfolgt, in elf Ländern droht noch immer die Todesstrafe. Aktuell plant gerade Uganda trotz aller internationalen Proteste die Todesstrafe für Homosexualität erneut einzuführen.
Breites Bündnis gegen Homophobie
Auch in Deutschland wird heute bei verschiedenen Veranstaltungen politisch sowie gesellschaftlich der Gedenktag gewürdigt. In Berlin soll so beispielsweise in einem feierlichen Akt vor der Senatsverwaltung für Finanzen über dem Eingangsportal des Hauptgebäudes die Regenbogenflagge gehisst werden. Mehrere andere Ministerien wollen sich landesweit mit ähnlichen Aktionen sowie Diskussionsrunden dem anschließen, unter anderem auch das Auswärtige Amt sowie die niederländische Botschaft in Berlin. Das Berliner Bündnis gegen Homophobie lädt zu einer Kundgebung am Wittenbergplatz ein.
Starkes Signal für Menschenrechte weltweit
„Lasst uns gemeinsam zum IDAHOBIT für Menschenrechte, Vielfalt und Respekt auf die Straßen und Plätze gehen. Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*-, intergeschlechtlichen und queeren Menschen sind Menschenrechte, hier und überall auf der Welt“, so der Lesben- und Schwulenverband Deutschland. In ganz Deutschland sind so auch Demonstrationen geplant, in Stuttgart wird zum internationalen Protesttag auf den Marktplatz gerufen, in Bayern findet ein Protestmarsch durch die Münchner Innenstadt statt, in Hamburg widmet sich eine Podiumsdiskussion den steigenden Fallzahlen von Hasskriminalität gegenüber LGBTI*-Menschen, die erst 2022 noch einmal um rund 35 Prozent angestiegen sind. Außerdem ist in der Hansestadt ein Rainbowflash am Rathausmarkt geplant.
Erschütternder Trend bei Gewalt gegen Schwule und Lesben
Das Thema Gewalttaten spielt auch beim Bundesvorstand des LSVD dieses Jahr eine wichtige Rolle, wie Mara Geri erklärt: „Der erneute Anstieg von LSBTIQ*-feindlichen Gewalttaten zeigt deutlich: Sichtbarkeit braucht Sicherheit. Der Anstieg um 35% im letzten Jahr setzt den erschütternden Trend der letzten Jahre fort. Diese Zahlen müssen die Politik wachrütteln, insbesondere diejenigen, die die Gefahr der Diskriminierung gegen LSBTIQ* aus Unwissen immer noch verharmlosen.“ Mangelnde Sensibilität bei der Polizei und die Angst, dort nicht ernst genommen zu werden, würden zudem dafür sorgen, dass Straftaten von Betroffenen oft nicht angezeigt werden. „Es ist und bleibt immer noch viel zu tun, nicht nur anderswo, sondern auch bei uns! Alle Mitglieder der Bundesregierung müssen der Community zeigen, dass sie im Kampf um Akzeptanz an unserer Seite stehen!“
Bundesweit greifen Aktionen das Thema auf!
Im hessischen Frankfurt am Main wird bei einem Love-Walk sowie einem Flashmob für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung und Ausgrenzung protestiert, in Rostock soll eine groß angelegte Infoveranstaltung das Thema LGBTI* den Bürgern näherbringen und in Hannover sowie Leipzig wird es ebenso einem Rainbowflash geben. In Saarbrücken widmet sich eine Veranstaltung des LSVD Saar dann dem Thema Liebe, Erotik und Sexualität im Alter bei Homosexuellen, in Magdeburg lädt der Verein zum Stolpersteine-Putzen im Rahmen des Gedenktages ein und hoch im Norden in Flensburg schließlich werden die Rainbow Days 2023 gefeiert und die ganze Stadt zeigt sich bunt und weltoffen.
Lehmann, Lenders und Vogler betonten wichtige Ziele
Auch seitens der Politik soll der heutige Tag ein Zeichen für Miteinander und Vielfalt sein. Der queer-politische Sprecher der FDP, Jürgen Lenders, erklärt dazu: „Niemand darf aufgrund seiner sexuellen oder geschlechtlichen Identität diskriminiert, verfolgt oder angegriffen werden.“ Im weiteren Verlauf betont Lenders die Wichtigkeit des nationalen Aktionsplans sowie auch des geplanten neuen Selbstbestimmungsgesetzes und fordert zudem: „Der Schutz von queeren Menschen gehört ins Grundgesetz. Deswegen fordern wir die Erweiterung des Artikel 3 Grundgesetz um die sexuelle Identität. Unser Ziel ist eine weltoffene und vielfältige Gesellschaft, in der sich Menschen stark fühlen und zu sich stehen, egal wen sie lieben."
Mehr Tempo bei gesetzlichen Vorgaben!
Sein Kollege Sven Lehmann (Grüne), Queer-Beauftragter der Bundesregierung, blickt auf die gesamtgesellschaftliche Lage: „Noch immer droht Lesben, Schwule, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Menschen in vielen Staaten Gefängnis und in elf Ländern sogar die Todesstrafe. Sie werden kriminalisiert, stigmatisiert und verfolgt. Ihre Menschenrechte werden nicht überall anerkannt geschweige dann durchgesetzt. Angriffe auf LSBTIQ* sind dabei oftmals eingebettet in autoritäre, rechtspopulistische, religiös-fundamentalistische und nationalistische Politiken. Sie zielen immer auch auf den Abbau von Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Gewaltenteilung insgesamt ab. Der IDAHOBIT betont auch den Mut von Millionen queerer Menschen auf der ganzen Welt, sich gegen Diskriminierung zu verteidigen, um in Freiheit und in Würde leben und lieben zu können. Die Bundesregierung muss fest an der Seite von LSBTIQ* stehen – in Deutschland und weltweit.“
Dabei sei ein offenes und sicheres Leben derzeit auch in Deutschland keine Selbstverständlichkeit, wie die Fälle von Hasskriminalität belegen würden, so Lehmann. Des Weiteren erklärt der Queer-Beauftragte, dass einige queer-politische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag bereits umgesetzt worden seien, beispielsweise das Diskretionsgebots für queere Geflüchtete oder das Ende der Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern bei der Blutspende. Auch Lehmann unterstreicht die Wichtigkeit des Aktionsplans, sagt aber auch: „Wir brauchen jetzt mehr Tempo bei den weiteren gesetzlichen Vorhaben.“
Gegenbewegung nach LGBTI*-Erfolgen
Jan Korte, parlamentarischer Geschäftsführer der Linken, wünscht sich mehr Einsatz gegen die homophoben Staatenlenker dieser Welt: „Als Gegenbewegung zu den Erfolgen der letzten Jahrzehnte hat sich eine queerfeindliche Internationale aus Rechtspopulisten, -extremen und Autokraten gebildet: Bolsonaro, Trump, Orban, Erdogan, Putin oder Museveni, um nur ein paar Namen zu nennen." Und mit Blick auf das geplante Homo-Hass-Gesetz in Uganda sagt Korte zudem: „Deutschland und die EU sollten mit gezielten Sanktionen gegen die Urheber solcher verbrecherischen Gesetze in Süd wie West vorgehen und die herausgehobenen Protagonisten, die diese Gesetze initiierten, zum Beispiel mit Einreiseverboten belegen und deren Konten einfrieren."
Bundesregierung bleibt hinter Möglichkeiten zurück
Seine Kollegin Kathrin Vogler, die queer-politische Sprecherin der Partei, erklärt weiter: „Auch in Deutschland liegt noch vieles im Argen. Ein Aktionsplan ohne ausreichende Finanzierung, ein Queerbeauftragter, der häufig eher als Sündenbock für die zögerliche Umsetzung der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag wirkt, und ein nach langen Beratungen vorgelegtes Selbstbestimmungsgesetz, das die berechtigten Erwartungen von trans, inter und nichtbinären Menschen nur noch gerade so erfüllen kann - die queerpolitische Zwischenbilanz der Bundesregierung bleibt weit hinter den Möglichkeiten und Notwendigkeiten zurück."