Ehrung für Judy Shepard Ein Leben im Namen des ermordeten schwulen Sohnes Matthew
Der Mord an dem damals 21-jährigen Matthew Shepard schockte vor inzwischen rund 25 Jahren ganz Amerika – wütend und traurig gingen zehntausende Schwule und Lesben daraufhin auf die Straßen und forderten eine neue Politik für Homosexuelle.
Shepards Mutter Judy kämpft seitdem zusammen mit ihrem Mann Dennis Seite an Seite mit der amerikanischen Gay-Community gegen homophoben Hass und wurde für ihren jahrzehntelangen Einsatz jetzt von US-Präsident Joe Biden mit der Presidential Medal of Freedom geehrt, der höchsten zivilen Auszeichnung in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Einsatz gegen Hass und für die Menschenwürde
Kurz vor der Ehrung erklärte Judy Shepard: „Wir begannen unsere Arbeit gleich nach Matts Tod und hatten keine Ahnung, dass die Menschen 25 Jahre später überhaupt wissen würden, wer wir sind, oder dass wir ihnen etwas bedeuten würden.“ Nach dem brutalen Tod ihres geliebten Sohnes gründete sie die Matthew Shepard Foundation – inzwischen eine der wichtigsten Stiftungen für LGBTI*-Jugendliche und ihre Familien in den USA.
Einmal mehr betonte Shepard dabei, dass es in der ganzen Angelegenheit nie um sie selbst geht. Das Ziel sei es, „Hass zu beenden“ und zudem „die Geschichte von Matt zu verbreiten, um Einzelpersonen, Organisationen und Gemeinschaften dazu zu inspirieren, die Würde und Gleichheit aller Menschen zu achten.“ Und für Shepard ist zudem klar: „Wir werden so lange weitermachen, bis die Leute nicht mehr mit uns reden wollen.“
Ein Gesetz gegen Hassverbrechen
Der größte Erfolg der Stiftung ist bis heute die Verabschiedung des Bundesgesetzes zur Verhinderung von Hassverbrechen gegen LGBTI*-Personen, des „Matthew Shepard and James Byrd Jr. Hate Crimes Prevention Act“ aus dem Jahr 2009. Seit dem Jahr 2017 hat die Organisation zudem bereits über 1.000 Strafverfolgungsbeamte und fast 80 Staatsanwälte bezüglich Hassverbrechen geschult. Zudem erzählen mehrere Verfilmungen und ein Theaterstück namens „The Laramie Project“ die Geschichte ihres Sohnes immer fort.
Eine bis heute unfassbare brutale Tat
Im Oktober 1998 lernte der 21-jährige schwule Student Matthew Shepard zwei gleichaltrige Männer in einer Bar im ländlichen Wyoming kennen. Er ließ sich überreden, von ihnen nach Hause gefahren zu werden. Stattdessen prügelten die beiden Männer immer wieder mit einem Magnum-Revolver über Stunden auf ihn ein und fesselten ihn schlussendlich an einen Weidezahn außerhalb der Stadt Laramie und ließen ihn dort bewusstlos zum Sterben zurück. Das Blut in Shepards Gesicht wurde teilweise von Tränen weggespült, was darauf hindeutet, dass er nach der Tat zwischenzeitlich bei Bewusstsein gewesen sein muss.
18 Stunden nach der Tat wurde Shepard zufällig von zwei Radfahrern entdeckt, die ihn anfangs für eine Vogelscheuche hielten, so schlimm war er zugerichtet. Sechs Tage später starb der 21-Jährige an den Folgen seiner Verletzungen im Krankenhaus. Die beiden Täter wurden zu zwei Mal lebenslänglich Gefängnishaft ohne Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung verurteilt. Judy Shepard und ihr Mann hatten sich vor Gericht gegen die Todesstrafe ausgesprochen, um „Gnade für jemanden zu zeigen, der selbst keine Gnade gekannt hat.“
Angst vor der Zukunft
Auf den aktuellen Kulturkampf in Amerika, in dessen Zentrum die LGBTI*-Community steht, blickt Shepard heute mit großer Sorge: „Ich habe über 15 Jahre lang an vielen Colleges und High Schools gesprochen. Ich fand, dass die Welt der Studenten nicht mehr so verrückt war. Wir nahmen an, dass der Fortschritt in der Gesellschaft immer weitergeht. Ehrlich gesagt bin ich am Boden zerstört, und ich bin völlig verwirrt von all dem und wirklich, wirklich wütend und ängstlich für die Zukunft.“
Und mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen und die rund 600 geplanten Anti-LGBTI*-Gesetze allein in diesem Jahr in den USA sagt sie weiter: „Wir haben unserer Jugend geschadet. Unsere Jugend ist unsere Zukunft. Und unsere Gegenwart, offen gesagt, und wir tun ihnen weh. Wir verängstigen sie und ihre Freunde und ihre Familien. Das passiert in jedem republikanischen Bundesstaat. Besonders in den ländlichen Gebieten, wo es ohnehin keine Vielfalt gibt. Die Menschen haben Angst vor Dingen, die sie nicht verstehen.“
Vorkämpferin für Gleichberechtigung
Kelley Robinson, die Präsidentin der Human Rights Campaign, erklärte zu der Ehrung von Judy Shepard: „Seit der Ermordung ihres Sohnes Matthew durch ein schwulenfeindliches Verbrechen im Jahr 1998 haben Judy und ihr Mann Dennis ihr Leben der sozialen Gerechtigkeit gewidmet und sich für das Vermächtnis ihres Sohnes eingesetzt, um wichtige Rechte zu sichern und die Menschen zu inspirieren, sich für Würde und Gleichheit für alle Menschen einzusetzen.“
Und weiter: „Judy Shepard war eine Vorkämpferin für Gleichberechtigung, und die Entscheidung von Präsident Biden, sie mit der Freiheitsmedaille des Präsidenten zu ehren, ist ein Beweis dafür, was sie getan hat, um eine Kraft des Guten in der Welt zu sein. Als Mutter, die ihre unsägliche Trauer über den Verlust ihres Sohnes in einen jahrzehntelangen Kampf gegen Hass und Gewalt gegen LGBTI* verwandelte, hat Judy weiterhin einen nachhaltigen Einfluss auf das Leben der LGBTI*-Community.“