Drug-Checking in Berlin Überdosierungen und Todesfälle sollen reduziert werden
In diesen Tagen im März startet das neue Pilotprojekt Drug-Checking in Berlin – auch an mehreren Standorten in der Gay-Community, unter anderem bei der Schwulenberatung in Berlin. Ziel des bundesweiten Pilotprojektes ist es, tödliche Überdosierungen zu minimieren und mit Hilfe und Rat Drogenkonsumenten zu unterstützen. Nach rund fünf Jahren Planungsphase stellt die Stadt Berlin dazu jetzt jährlich rund 200.000 Euro Etat bereit.
Drogenkonsum in der schwulen Community
Der Konsum von Drogen hat in den letzten Jahren erneut zugenommen, dabei stellt dies vor allem gerade auch in der LGBTI*-Community in Berlin ein besonderes Problem dar, wie mehrere LGBTI*-Vereine zuletzt bestätigten. Gegenüber Buzzfeed News erklärt Suchtberater Conor Toomey von der Schwulenberatung Berlin: „In der Tat beobachten wir seit einigen Jahren, dass der Konsum stimulierender Substanzen im sexuellen Kontext vor allem – aber nicht nur – in der schwulen Community stark zugenommen hat. Wir machen die Erfahrung, dass Personen, die Chemsex praktizieren, sich häufig selbst nicht als Drogenkonsumenten identifizieren. Aus diesem Grund finden sie nur schwer Zugang zur klassischen Drogenberatung. Das Wissen über Wirkungen und Nebenwirkungen der Substanzen sowie über Safer-Use-Praktiken ist häufig gering. Gekoppelt mit der erhöhten Verfügbarkeit von sehr potenten Substanzen mit deutlichen Risikoprofilen, zum Beispiel Crystal Meth, haben wir es mit einem Problem zu tun, das mit verschiedenen Unterstützungsangeboten angegangen werden muss.“
Testverfahren dauert drei Tage
Beim Drug-Checking können Drogenkonsumenten kostenfrei und anonym ihre Substanzen auf Verunreinigungen und gefährliche Beimischungen testen lassen. Das Testverfahren dauert im Schnitt drei Tage, bevor die Konsumenten informiert werden können, ein mobiles Drug-Checking ist vorerst nicht geplant. Daran entbrannte zuletzt Kritik, weil sich das Berliner Projekt daher kaum für die spontane Drogennutzung eignet. Grundsätzlich unterstützen aber sowohl Grüne, FDP, Linke und SPD wie auch in Teilen die CDU Berlin das Vorhaben. Die Drug-Checking-Sprechstunden werden an drei Standorten in Kreuzberg, Neukölln und Schöneberg durchgeführt – in Wien und Zürich hat man mit dieser Vorgehensweise bereits positive Erfahrungen gemacht.
Konsum eher reflektieren
Nebst der direkten Hilfe und dem Schutz vor tödlichen Überdosierungen oder gepanschten Substanzen hoffen die Suchtberater auch, dass Drogenkonsumenten in der Community dazu motiviert werden, ihren Konsum so eher zu reflektieren und gegebenenfalls zeitnah für Beratungsangebote offen sind. Zudem kann allein das Angebot des Drug-Checkings innerhalb der Szene bewirken, dass Händler weniger oder bestenfalls gar keine lebensgefährlichen, gepanschten Substanzen mehr anbieten, weil die Konsumenten jetzt überprüfen lassen können, wie sauber die Ware wirklich ist. Auch Experten wie beispielsweise von der Deutschen Aidshilfe befürworten das Drug-Checking, ein erster Schritt hin zu einer anderen Drogenpolitik in Deutschland. Zuletzt starben in der Bundesrepublik im Jahr 2021 insgesamt 1.826 Menschen an Drogen, die meisten davon an einer unfreiwilligen Überdosis sowie durch gepantschte Substanzen.