Direkt zum Inhalt
Drohungen gegen TV-Moderator

Drohungen gegen TV-Moderator TV-Sendung hatte zuvor über Homosexualität im Irak berichtet

ms - 03.02.2023 - 11:30 Uhr
Loading audio player...

Ein inakzeptabler Eingriff in die Pressefreiheit – so wertet die Deutsche Welle (DW) den jüngsten Zwischenfall im Irak. Die Produktion eines der erfolgreichsten TV-Formate im arabischen Raum musste jetzt kurzfristig abgesagt werden. Hintergrund sind massive Sicherheitsbedenken, nachdem dem TV-Moderator Jaafar Abdul Karim vorgeworfen war, er verbreite ein "abnormales und perverses Sexualverhalten“. Abdul Karim hatte in seiner Sendung "JaafarTalk" unter anderem auch über Homosexualität berichtet.

Menschenrechte und Gleichberechtigung

Das Sendeformat "JaafarTalk" zählt zu den erfolgreichsten TV-Formaten in der arabischen Welt. Die wöchentliche Sendung der Deutschen Welle behandelt ganz unterschiedliche Themen, darunter auch immer wieder tabuisierte Geschichten wie Menschenrechte oder die fehlende Gleichberechtigung von Frauen. In der aktuellen Sendung sollte es um Jugendarbeitslosigkeit, politische Partizipation und Frauenrechte gehen. Geplant war die Produktion im Zawraa-Park in Bagdad, dabei sollten auch Vertreter der irakischen Protestbewegung zu Wort kommen. Gestern nun musste kurzfristig die Produktion gestoppt werden, die in Zusammenarbeit mit dem irakischen Sender Al-Rasheed erfolgen sollte.

Willkür seitens der irakischen Regierung

Nach den ersten Hass-Posts auf Instagram hatte sich der Shitstorm und die damit verbunden, massiven Drohungen immer mehr gesteigert. Schlussendlich schalteten sich offenbar hohe irakische Regierungsverantwortliche ein, die Abdul Karim und sein Team direkt unter Druck gesetzt haben sollen. Zusätzlich habe die staatliche irakische Kommission für Kommunikation und Medien plötzlich eine Sonderdrehgenehmigung von der Deutschen Welle für die geplante Aufzeichnung  in Bagdad verlangt – ein in dieser Weise sehr unüblicher Vorgang.

Schließlich erschienen Vertreter des irakischen Innenministeriums in dem Hotel, in dem Abdul Karim und sein Team untergebracht waren, und erklärten ihm, dass er ohne diese Sondergenehmigung nicht mehr arbeiten dürfe und bei Zuwiderhandlung mit einer Verhaftung rechnen müsse. Für seine Sicherheit könne die Regierung nun keine Garantie mehr übernehmen. Der TV-Moderator bezeichnet das Verhalten als ein “willkürliches Vorgehen“, des Weiteren seien vor der Sendung im Stundentakt immer neue Forderungen und Einschränkungen vorgebracht worden.

Alarmierendes Verhalten im Irak

Die Chefredakteurin der Deutschen Welle, Manuela Kasper-Claridge, bekräftigte anschließend: „Es ist alarmierend, wie Journalisten im Irak behandelt werden. Die Bedrohung unseres Teams und des Moderators Jaafar Abdul Karim durch Kräfte im Irak, die der freien Meinungsäußerung einen Riegel vorschieben wollen, ist nicht hinnehmbar. Die Sendung JaafarTalk erreicht Millionen von Menschen, weil die DW damit eine Plattform für in der Region wichtige Debatten bietet. Auch nachdem wir gezwungen wurden, diese Sendung abzusagen, werden wir weiter über die Entwicklungen im Irak berichten." Kurz darauf hat die DW bei der irakischen Botschaft in Berlin offiziell Protest eingelegt.

Die grundsätzliche Haltung im Irak gegenüber der Meinungs- und Pressefreiheit ist dabei allerdings keine große Überraschung. Streng gläubige Milizen haben seit Jahren großen Einfluss auf die Regierung, sodass das Land in den letzten Jahren regelmäßig auf den letzten Plätzen in der Rangliste für Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen landet.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.