Der Druck wächst 60 katholische LGBTI*-Verbände fordern ein Umdenken des Papstes und eine Teilnahme an der Weltsynode in Rom
Der Druck auf die römisch-katholische Kirche vor der geplanten Weltsynode wächst – dabei sollen auch die Rechte von Homosexuellen eine Rolle spielen. Die Mehrheit der deutschen Bischofe hofft auf eine Besinnung hin zu Reformen, auch wenn dieser Weg äußerst unrealistisch sein dürfte. Immer wieder hat Papst Franziskus erläutert, dass er diese Pläne streng ablehnt. Trotzdem wollen die deutschen Bischöfe weiter dafür kämpfen. Unterstützung bekommen sie jetzt von einem der größten weltweiten Netzwerk von LGBTI*-Katholiken.
Kirche muss LGBTI*-Menschen zuhören, die leiden
In einem öffentlichen Brief haben sich jetzt 60 katholische LGBTI*-Glaubensgemeinschaften aus Argentinien, Brasilien, Costa Rica, Spanien, Mexiko, Nicaragua, Paraguay, Bolivien, Chile, Peru, Portugal, Puerto Rico und Kolumbien an den Papst gewandt und bitten um ein Umdenken im Umgang mit LGBTI*-Menschen. Die 60 Verbände haben in den letzten acht Jahren in fünf Kontinenten ein weltweites Netzwerk aufgebaut haben, das sogenannte Global Network of Rainbow Catholics (GNRC).
„Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass es in vielen offiziellen Räumen der katholischen Kirche in Lateinamerika, der Karibik und der Iberischen Halbinsel ausgrenzende Diskurse und Maßnahmen gegenüber unserer LGBTI*-Bevölkerung gibt. Viele zu dieser Bevölkerungsgruppe gehörenden Menschen leiden im Stillen unter der Verachtung ihrer Familien und Bezugsgruppen, andere sehen sich zur Migration gezwungen und vielen anderen werden die bürgerlichen und politischen Rechte sowie ihr Recht auf Bildung, Arbeit, Gesundheit, Wohnung und Familie verweigert; diese Ausgrenzung und Diskriminierung haben ihr Fundament vor allem in einer traditionellen, konservativen, fundamentalistischen und moralisierenden Haltung, die durch den Diskurs der Verantwortlichen in unseren kirchlichen Kontexten gefördert wird. Die LGBTI*-Menschen sind darauf angewiesen, dass die Kirche ihnen zuhört, umso mehr, wenn sie nicht schreien können“, so der Verbund in ihrem Schreiben.
Verfolgung von LGBTI*-Priestern fördert Unehrlichkeit
Trotz aller Bemühen würden LGBTI*-Menschen weiterhin in der Kirche ausgeschlossen. Zudem: „Die Verfolgung von LGBTI*-Menschen in Priesterseminaren und Ausbildungsstätten führt zu Unehrlichkeit und einer Doppelmoral gegenüber sich selbst, aus Angst, ausgeschlossen zu werden.“ Die Organisation bittet den Papst dabei, seine Haltung zu überdenken und Raum für einen Neubeginn zu schaffen: „Wir sehen diese Treffen als hoffnungsvolle Räume des Dialogs, die das Reich Gottes aufbauen.“ Der erste Teil der Weltsynode findet in diesem Jahr im Oktober in Rom statt, der zweite Teil dann im Jahr 2024.
Kritik an der ausgrenzenden Haltung von Priestern
Dabei übt die Initiative auch Kritik an den vielen Priestern und Bischöfen, die bei Fragen rund um LGBTI* die Existenz der Community in Frage stellen und dabei über die Menschenwürde von Homosexuellen und queeren Menschen urteilen würden. „Mit den ausgrenzenden oder zweideutigen Inhalten sind diese Diskurse eine Quelle der Inspiration, um bei Familien und Gesellschaften Hass und Ausgrenzung zu schüren. Daher sind wir der Meinung, dass Morallehren niemals das Leben, die Würde und die emotionale Stabilität von LGBTI*-Menschen gefährden dürfen.“
Des Weiteren fordert die Organisation den Papst auf, endlich die Sexualmoral der Kirche zu überarbeiten und eine „Kultur der Begegnung“ zu schaffen, die auf der „aktuellen Wissenschaft“ beruht. Und weiter: „Wir sind fest davon überzeugt, dass Vielfalt ein Geschenk Gottes ist, das der Menschheit zugutekommt und in der Kirche seinen Ausdruck findet (…) Wir wünschen uns eine Kirche, die unsere Existenz, die unserer Familien und die unserer Lieben legitimiert und verteidigt.“
LGBTI*-Netzwerk fordert Teilnahme an Weltsynode
Gerade Papst Franziskus fiel in den letzten Monaten vermehrt durch einen Zick-Zack-Kurs in puncto LGBTI*-Community auf – kaum bekundete er grundsätzlich ein Wohlwollen gegenüber Homosexuellen, erklärte er sie im nächsten Atemzug erneut zu Sündern. Auch GNRC sieht die jüngsten angeblichen Einbindungen von LGBTI*-Vertretern in die aktuellen Debatten als mögliche Scheinprojekte an: „Dennoch haben wir das Gefühl, dass wir in der pastoralen Debatte nach wie vor als ´Untersuchungsobjekte´ gesehen werden (…) Wir fordern eine direkte Vertretung in den Dialogforen, wir sehnen uns nach einer aktiven Teilnahme an den offiziellen Räumen, insbesondere an der künftigen Bischofssynode, wo uns zugehört und unsere Erfahrungen geteilt werden können. Unsere Teilnahme zuzulassen, wäre ein entscheidender Schritt in Richtung Inklusion und Versöhnung innerhalb der katholischen Kirche und würde der Welt zeigen, dass Glaube und Diversität in Harmonie miteinander koexistieren können.“ Eine Antwort seitens des Vatikans steht noch aus.