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Immer mehr Länder glauben wieder an Hexen und Teufelsanbeter

Der Aberglaube wächst Immer mehr Länder glauben wieder an Hexen und Teufelsanbeter

ms - 11.08.2022 - 10:30 Uhr
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Für manch einen heutigen Kirchenvertreter mag es die gute alte Zeit gewesen sein, als Homosexuelle und Frauen im europäischen Mittelalter noch auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden sind. Frauen waren oftmals Hexen, Homosexuelle waren krank, pervers oder direkt auch vom Teufel besessen. Zum Glück ist das alles inzwischen längst vergangen – oder doch nicht? Nach Angaben des katholischen Missionswerks Missio Aachen gibt es die Hexenverfolgung nach wie vor – und die Zahl der Länder, in denen viele Einwohner noch immer an angebliche Hexen und Teufelsanbeter glauben, ist sogar abermals angestiegen. Insgesamt 43 Länder weltweit verfolgen nach wie vor aus diesen Grünen Frauen – und auch Homosexuelle.

Die Gründe dafür ähneln sich in den einzelnen Ländern: Hass, Aberglaube und die Suche nach Sündenböcken seien die Motive, warum in Ländern wie beispielsweise Ghana, der Demokratischen Republik Kongo und Indien solche Menschenverbrechen verübt würden. Neu hinzugekommen in den Club der Hexenjäger sind die afrikanischen Länder Sierra Leone und Simbabwe – wenig verwunderlich finden sich auf der Liste der 43 Länder auch viele Regionen, in denen Homosexualität bis heute illegal ist und stellenweise auch mit der Todesstrafe oder zumindest hohen Haftstrafen versehen wird. Zudem werden Morde an Homosexuellen, beispielsweise im Kreis der Familie, die die gleichgeschlechtliche Liebe noch immer als Sünde und “Teufelszeug“ versteht, oftmals nicht weiter polizeilich verfolgt oder geahndet.

Frauen stehen in puncto Hexenwahn zumeist im Mittelpunkt der Angriffe, nebst direkten Tötungen komme es oftmals noch immer zu “Hexenaustreibungen“, also psychischer und physischer Folter und Gewalt – ähnlich den Konversionstherapien in radikaler Form. Ziel ist es dabei stets, das vermeintlich “Böse“ auszutreiben. Die Zahl der Länder, die noch immer fest im Aberglauben verankert sind, ist zuletzt nicht nur weiter angestiegen, sondern könnte 2023 erneut Zuwachs bekommen – nach Angaben von Missio Aachen befinden sich aktuell weitere Länder auf der “Beobachtungsliste“, darunter beispielsweise Botswana und Mosambik. Für homosexuelle Menschen in diesen Regionen wird es mit der Zunahme von Irrglauben und Teufelsaustreibung beinahe unmöglich, parallel sachlich über grundsätzliche Menschenrechte oder der Gleichbehandlung von Homosexuellen und queeren Menschen zu sprechen. Vereinzelt gibt es vor Ort Organisationen und Hilfsprojekte, die gejagte Menschen aufnehmen können, doch mildern diese Aktionen nur punktuell die dramatischen Folgen ab, die Ursachen bekämpfen können sie indes nicht.

„Hexenwahn heute hat viele Facetten. Aberglaube, Sexismus und Gewalt vermengen sich dabei auf gefährliche Art und Weise. Um der Hexenverfolgung zu begegnen, werden nicht nur Gesetze gegen Diskriminierung und das Schließen von Gesetzeslücken benötigt, sondern auch eine Justiz und Polizei, die die Opfer verlässlich schützt und nicht die Täter deckt”, so der Friedens- und Konfliktforscher Frieters-Reermann. Dabei zeigt sich das katholische Missionswerk durchaus auch selbstkritisch und erklärt: „Auch die Kirche hat sich beim Thema Hexenverfolgung mit Schuld beladen und aufgrund ihrer Geschichte eine besondere Verantwortung. Wir betrachten es als unsere Pflicht, unsere Partnerinnen und Partner in ihrem Kampf gegen diesen Aberglauben zu unterstützen.“

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