Debatte über Hasskriminalität Die Grünen fordern mehr Einsatz von Union und SPD beim Thema Gewalt gegen LGBTIQ+-Menschen
Die neue Regierung müsse mehr gegen queerfeindliche Hasskriminalität tun und zudem die rechtliche Diskriminierung von LGBTIQ+-Menschen beenden – mit diesen Forderungen und dem dazu begleitenden Antrag starteten die Grünen gestern in die Debatte im Bundestag.
Aktionsplan und Grundgesetz
Im Zentrum standen dabei zwei Kernthemen: Der Aktionsplan „Queer leben“ müsse fortgesetzt und das Grundgesetz um den Schutzpassus der „sexuellen Identität“ ergänzt werden – für letzteres braucht es eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Mehrfach wurde dabei die stetig steigenden Angriffe auf die LGBTIQ+-Community betont – die Fallzahlen steigen seit einigen Jahren massiv an, zuletzt wurden 2024 fast 3.000 Straftaten verzeichnet. Rund 90 Prozent aller Attacken gegenüber Schwulen, Lesben und queeren Personen werden dabei gar nicht erst angezeigt und publik.
Nyke Slawik von den Grünen bekräftige dabei mit Blick auf die CSDs in diesem Jahr: „Schauen Sie nicht weg, sondern sorgen sie gemeinsam mit den Bundesländern dafür, dass Rechtsextreme nicht länger CSDs bedrohen und angreifen können.“ Bereits mehrfach kam es in diesem Jahr zu Aufmärschen von Rechtsextremisten bei Pride-Veranstaltungen, zuletzt am vergangenen Wochenende. Carmen Wegge von der SPD ergänzte dazu: „Wer heute in Deutschland queere Sichtbarkeit leben will, lebt nicht mehr selbstverständlich sicher.“
Emotionale Debatte im Bundestag
Der CDU-Politiker Jan-Marco Luczak setzte dem entgegen: „Viele der homophoben Übergriffe kommen aus dem migrantischen Milieu.“ Mehrfach wurde dabei der Vorwurf laut, die Grünen bekämpften zwar Rechtsextremismus aber nicht islamistische Gewalt. Kritik an der Aussage von Luczak kam sowohl vom ehemaligen grünen Queer-Beauftragten Sven Lehmann wie auch später vom Verband Queere Vielfalt. Erik Jödicke vom LSVD+ erklärte dazu: „Die überwiegende Bedrohung kommt laut der polizeilichen Kriminalstatistik von rechts. Es gibt keine gezielte muslimische Mobilisierung gegen CSDs, aber christlich-fundamentalistische und Rechtsextreme schon. Muslimisch motivierte Hasskriminalität gegen LSBTIQ* ist ein Problem, aber in einem anderen Ausmaß und in einem anderen Kontext.“
Auch anderweitig wurde die Debatte mehrfach emotional und hitzig. Die lesbische Linken-Politikerin Charlotte Neuhäuser betonte, viele hätten „keine Ahnung, wie es ist, als queere Person hier zu sitzen, und sich anhören zu müssen, dass wir krank seien, fehlgeleitet, zu laut, zu sichtbar, dass wir eigentlich gar nicht existieren sollten.“ Von Seiten der Union wurde indes bekräftigt, man wolle „alle Menschen gleichermaßen“ schützen und keine einzelne Gruppe „privilegieren“ – es gäbe im Grundgesetz keine verfassungsmäßige Lücke. Die AfD erklärte, es handele sich bei der queeren Community um eine „kleine laute Minderheit, die sich über Sonderrechte definiert und unsere Gesellschaft umerziehen will.“