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Coming Out Day!

Coming Out Day! Drei Viertel der Eltern würden homosexuelle Kinder unterstützen

ms - 11.10.2022 - 09:30 Uhr

Die schwul-lesbische Community feiert heute den Coming-Out-Day. Seit 1988 will der internationale Ehren-Tag Homo- und Bisexuelle dazu ermutigen, sich zu outen und ein Leben in Freiheit zu leben. Nebst den eigenen Vorteilen versprechen sich die Initiatoren des internationalen Tages dabei auch mehr Sichtbarkeit von homosexuellen Menschen, um somit aktiver gegen Homophobie und Hass einstehen zu können. Wie wichtig das gerade auch in Deutschland und anderenorts in Europa ist, zeigen die jüngsten Zahlen im Bereich Hassverbrechen, die in den meisten Ländern binnen kürzester Zeit rapide angestiegen sind. In der Bundesrepublik sowie in Österreich oder auch in der Schweiz um jeweils rund 50 Prozent innerhalb eines Jahres.

Nebst dem Mut machen für ungeoutete Homosexuelle soll der Tag auch heterosexuellen Menschen die Problematik, die Ängste und die mitunter schwierige Lage aufzeigen, die gerade junge, noch nicht geoutete LGBTI*-Menschen erleben – die Grundidee dafür stammt aus den USA, der Geburtsstunde des Coming Out Days. Trotz einer generell liberaleren Gesellschaft ist das persönliche Coming Out bis heute oftmals eine große Hürde und stellt vor allem junge Menschen vor große Befürchtungen, wie zuallererst der Frage, wie die eigene Familie und dann auch der Freundeskreis reagieren werden. Vorstand Sven Norenkemper vom Beratungsverein Coming-Out-Day erklärt dazu, dass ein Coming Out auch heute noch schwierig ist, „anders schwierig“ allerdings. Dazu kommt heute der Bereich Social Media, der sowohl hilfreich wie auch schädlich sein kann: „Bei LGBTI*-Jugendlichen hängt es sehr stark davon ab, in welcher Bubble sie sich selbst befinden; wenn sie zum Beispiel in einer konservativen digitalen Ecke großgeworden sind, dann werden sie eher darin bestärkt, dass sie die Einzigen auf der Welt sind und es falsch ist, so zu sein, wie sie sind. Andere Jugendliche bekommen dagegen den Eindruck in ihrer digitalen Bubble, dass die ganze Welt offen und queer ist und outen sich dann vielleicht zu naiv oder zu unvorsichtig. Jugendliche müssen erst einmal verstehen, dass die digitale Welt nicht das reale Leben ist.“ Ein Großteil der Beratungsgespräche des Vereins dreht sich bis heute um das eigene Coming Out.

Nach Aussage des Experten merken die meisten Jugendlichen im Alter von etwa 13 Jahren, dass sie “anders“ sind – bis zum Coming Out vergehen dann aber oftmals noch bis zu fünf Jahre. Nebst dem eigenen Eingestehen, “anders“ zu sein, beschäftigen sich viele junge Menschen vor dem Coming Out inzwischen auch mit der Frage, was sie sein könnten. Während zumeist noch vor einigen Jahren die Frage um die Homosexualität kreiste, kommen heute verschiedene sexuelle Identitäten und Selbstdefinitionen hinzu, die zwar einerseits eine Bereicherung, aber andererseits auch eine Überforderung darstellen können. Das Gute sei allerdings, dass es heute gerade mit Blick auf die Eltern auch viele positive Beispiele gibt, wie auf ein Coming Out im Familienkreis reagiert wird. Klar sei aber auch, so der Experte weiter, dass ein Coming Out bis heute ein einschneidendes Erlebnis bleibe – auch für die junge Generation Z, die sich inzwischen zu über 20 Prozent selbst als Mitglied der LGBTI*-Community definiert. Positiv sei allerdings, dass sich selbst bei Problemen mit den Eltern oder auch mit anderen Mitschülern zeige, dass sich 90 Prozent aller Probleme rund um das Coming Out auflösen, sobald Jugendliche Gleichaltrige aus der LGBTI*-Community kennengelernt haben und erleben können, dass sie mit ihren Gefühlen nicht allein sind. Die europäische LGBT Survey Studie aus dem Jahr 2021 bestätigt auch für Deutschland, dass drei Viertel aller Eltern inzwischen ihr Kind unterstützen würden, wenn es sich als homosexuell outen würde. 

www.coming-out-day.de

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