Aufregung in den USA „Woker Zeitgeist“ oder Angst vor Mitgliederschwund? Warum soll es die Boy Scouts in den USA so nicht mehr geben?
Die Aufregung in den USA in konservativen Kreisen ist einmal wieder sehr groß – die altbekannten Pfadfinder wollen sich umbenennen. Aus den bisherigen „Boy Scouts of America“ soll die „Scouting America“ werden, der „Boy“ hat ausgedient. Ein cleverer Schachzug, ein Einknicken vor dem „woken Zeitgeistwahn“ oder eine längst überfällige Aktion? Amerika streitet darüber mit steigender Heftigkeit.
Die größte Pfadfinder-Organisation der USA erklärte bezüglich der Umbenennung, man wolle „geschlechtsneutraler“ und „inklusiver“ werden. Nach bald 115 Jahren Verbandsgeschichte soll der neue Name daher ab Februar 2025 in Kraft treten.
Eine Lange Geschichte der Homophobie
Es ist dabei nicht das erste Mal, dass die Boy Scouts gerade mit Blick auf die LGBTI*-Community für Schlagzeilen sorgen: Viele Jahre lang kämpfte die Organisation verbittert gegen Homosexuelle unter ihren Mitgliedern an, erst 2013 waren Schwule schlussendlich willkommen, zwei Jahre später durften dann sogar homosexuelle Männer Gruppenleiter werden. Seit knapp sechs Jahren dürfen auch Mädchen bei den Boy Scouts mitmachen. Zuletzt erlaubte die Organisation auch Trans-Kinder in den Reihen der Boy Scouts.
Was sind die echten Gründe für den Namenswechsel?
So darf durchaus auch hinterfragt werden, ob der Wunsch nach einer inklusiveren Einrichtung wirklich das Herzanliegen der jetzt beschlossenen Umbenennung ist, denn die US-Pfadfinder haben anderweitig seit Jahren mit massiven Problemen zu kämpfen. In den letzten Jahrzehnten schrumpfte die Mitgliederzahl von einstmals über fünf Millionen auf inzwischen knapp unter einer Million Menschen zusammen – ein historischer Tiefststand.
Zuvor war die Organisation von zehntausenden Klagen wegen sexuellen Missbrauchs in die Schlagzeilen geraten. Schlussendlich musste die Organisation rund 80.000 Männer finanziell entschädigen, die angaben, als Jungen bei den Boy Scouts sexuell missbraucht worden zu sein. Es war der größte Strafschadenersatz bezüglich sexuellem Missbrauch in der Geschichte der USA.
Jeder ist willkommen
Davon allerdings war bei der Pressekonferenz zur Neufirmierung wenig zu hören. Indes erklärte Präsident Roger Krone frohgemut: „Unser Auftrag bleibt unverändert. Wir haben uns verpflichtet, jungen Menschen beizubringen, ´vorbereitet zu sein´. Die Umbenennung sendet diese wirklich starke Botschaft, dass jeder in Amerika zu uns kommen kann, dass alle ihr authentisches Selbst beitragen können, dass alle sein können, wer sie sind, und dass sie hier willkommen sind.“ Ob die Pfadfinder damit wirklich von ihrer langen Liste der Verfehlungen ablenken können, darf zumindest bezweifelt werden.
Hetze gegen die Pfadfinder
Kurz nach der Pressekonferenz formierte sich so bereits massiver Widerstand gegen die „woke Entscheidung“ und einmal mehr hallte der Schlachtruf „Go woke, go broke“ durch die digitale Welt. Die Pfadfinder wären dabei nicht die erste Organisation in den USA, die imageträchtig mit dem Zeitgeist gehen will, inhaltlich dabei wenig neues beiträgt und schlussendlich damit fulminant gegen die Wand fährt.
Schon wetterte so auch der republikanische Senator Ted Cruz auf X und schrieb süffisant: „Da die Mitgliederzahlen auf einem historischen Tiefstand sind, beschließen die Boy Scouts of America eine Umbenennung, um klarzustellen, dass ´Jungs´ nicht mehr willkommen sind. Ich bin sicher, dass das bei der Rekrutierung helfen wird.“ Und Parteikollege Andrew Clyde aus Georgia ergänzte: „Die Linke hat jetzt ´Boy´ aus ´Boy Scouts´ herausgenommen. Wokeness zerstört alles, was sie berührt.“ Beachtlich dabei: Alle prominenten ehemaligen Mitglieder der Boy Scouts, darunter beispielsweise Steven Spielberg, Harrison Ford oder auch Bill Clinton, schweigen bisher beharrlich zur hitzigen Diskussion.