Appell nach Landtagswahlen Aufruf von LSVD+ und BVT* zur Zusammenarbeit aller Parteien ohne die AfD
Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am vergangenen Wochenende fordert der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) sowie der Bundesverband Trans* (BVT*) in einer gemeinsamen Erklärung, die „demokratischen Koalitionen zusammenzubringen“, um so den Schutz von LGBTI*-Personen und Organisationen sicherzustellen.
Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg
„Zum einen haben das politische Klima und eine Landespolitik, in dem sich menschenfeindliche Einstellungen zu etablieren drohen, unmittelbare Auswirkungen auf das Leben von vulnerablen Gruppen in Thüringen und Sachsen. Queere Personen, Projekte und Organisationen sind angegriffen. Zum anderen geht es um den Erhalt eines demokratischen Grundkonsenses, der Vielfalt und den Schutz der Rechte von Minderheiten miteinschließt“, so der LSVD+. Ähnliche Forderungen wurden in dieser Woche bereits von Amnesty International sowie vom Team des CSD Leipzig formuliert.
Zusammen mit dem BVT* appelliert der Verein deswegen auch an alle Parteien jenseits der AfD: „Oberstes Gebot dieser Stunde ist es, demokratische Grundprinzipien auf Landesebene zu verteidigen und zu bewahren. Dafür ist nun eine Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg erforderlich.“
Finanzelle Einbußen für queere Verbände
Henny Engels aus dem Bundesvorstand des LSVD+ warnt dabei auch vor möglichen finanziellen Einbußen für LGBTI*-Organisationen in Ostdeutschland: „Nach den Wahlen stehen queere Einzelpersonen sowie queere Organisationen und Initiativen in Sachsen und Thüringen noch mehr unter Druck. Seit Jahren nehmen Anfeindungen und Angriffe zu. Unterstützung, unter anderem Projektförderung, die es bisher auf Landesebene gab, droht wegzubrechen. Um zivilgesellschaftliche und damit demokratische Strukturen zu schützen, muss hier von Bundesebene eingegriffen werden (…) Queere Initiativen und Einzelpersonen dürfen nicht allein gelassen werden! Der Schutz von queeren Personen vor Gewalt und der Erhalt von unterstützenden Strukturen muss höchste Priorität haben.”
Angst bei queeren Menschen
Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans* betont außerdem die vermeintlich besondere Lage für queere Personen: „Die Wahlergebnisse lösen große Sorgen aus, was diese Situation für queere Personen bedeutet. Die AfD verbreitet seit ihrer Gründung queerfeindliche Überzeugungen, die LSBTIQA* Personen als nicht-gleichwertig abwerten und ihre Lebensentwürfe ablehnen. Queerfeindlichkeit, besonders Trans*feindlichkeit, wird regelmäßig genutzt, um an vorhandene Unsicherheiten in der Mehrheitsgesellschaft anzuknüpfen und so Wähler*innen für eine vielfaltsfeindliche und antidemokratische Programmatik zu mobilisieren.“
Kritik am Bündnis Sahra Wagenknecht
Dabei hat Hümpfner auch bei einer möglichen Zusammenarbeit in den beiden Bundesländern mit dem BSW Bedenken – Sahra Wagenknecht hatte sich so wiederholt sehr kritisch zum Selbstbestimmungsgesetz geäußert. „Es bringt nicht mehr Selbstbestimmung, sondern öffnet Tür und Tor für einen Angriff auf Schutzräume für Frauen. Das Gesetz ist der Auftakt einer Ideologie, die Pubertätsblocker und operative Eingriffe zur Normalität erklären will. Das Gesetz wird Menschen in Geschlechtsumwandlungen treiben, die es dann bitter bereuen werden“, so Wagenknecht im April dieses Jahres gegenüber t-online.
Hümpfner dazu: „Auch Sahra Wagenknecht äußert sich als prominenteste Vertreterin des nach ihr benannten Bündnisses wiederholt klar abwertend gegenüber trans* Personen. Das Selbstbestimmungsgesetz bezeichnete sie als ‘gefährlichen Irrsinn’ in Interviews und stellte sich klar gegen die Stärkung von Grundrechten von trans* Personen. Auch das muss in den anstehenden Verhandlungen berücksichtigt werden.”
Keine Lösungsvorschläge
Eine konkrete Antwort, wie ein Regierungsbündnis ohne AfD und ohne BSW überhaupt aussehen könnte, blieben LSVD+ und BVT* indes allerdings schuldig. Ohne die neue Partei von Sahra Wagenknecht ist eine stabile mehrheitsfähige Regierung ohne AfD-Beteiligung weder in Thüringen noch in Sachsen derzeit umsetzbar. Über 40 CDU-Parteimitglieder forderten in dieser Woche zudem, das BSW generell als Partner für eine Koalition wie bisher nur bei der AfD und der Linksfraktion landesweit auszuschließen.