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Anti-Depressiva auf dem Vormarsch

Anti-Depressiva auf dem Vormarsch LGBTI*-Menschen stehen oft besonders im Fokus

ms - 30.09.2022 - 10:00 Uhr
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Immer mehr Menschen greifen immer häufiger zu Anti-Depressiva, so die jüngsten Studienergebnisse einer Untersuchungsreihe der DAK in Zusammenarbeit mit der Statista Global Consumer Survey. Die Ergebnisse decken sich mit Daten der OECD. Der wesentliche Hauptpunkt dafür ist die Pandemie, die psychische Erkrankungen massiv befeuerte. Zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen auch Beratungsstellen für LGBTI*-Menschen, die allein schon aufgrund ihrer “besonderen Stellung“ jenseits des heterosexuellen Mainstreams oftmals im Fokus von verbalen Angriffen stehen. Einsamkeit und Angst, die in der Pandemie allgegenwärtig waren, wirken da bei LGBTI*-Menschen wie ein zusätzlicher Brandbeschleuniger. Teilweise verbuchen Anlaufstellen in Deutschland einen Zuwachs von 60 bis 70 Prozent. Die meisten Hilfesuchenden sind schwule Jugendliche und transsexuelle junge Menschen.

So ist der Griff zu einem Anti-Depressivum ein Weg, um eine mögliche Linderung zu erfahren. Beinahe alle Länder in Europa verzeichneten in den letzten zwei Jahren einen Zuwachs bei der Verschreibung der Medikamente. Deutschland gehört zu den Ländern mit einer besonders hohen Quote, nur noch in Österreich, Spanien und vor allem in Island wurden noch mehr Anti-Depressiva verschrieben. Sven Norenkemper, Vereinsvorstand des Beratungsstelle COMING OUT DAY, erklärte dazu gegenüber SCHWULISSIMO: „Blicken wir auf die allgemeine LGBTI*-Community, sehen wir hier auch fundiert belegt eine zwei- bis dreifach höhere depressive Inzidenz als in der Allgemeinbevölkerung. Ähnlich sieht die Lage generell unter Jugendlichen aus, auch hier verzeichnen wir Zuwächse von bis zu 50 Prozent. Und dann erleben wir noch unter Jugendlichen, dass nach zweieinhalb Jahren Pandemie viele einen enormen Druck verspüren, all das, was sie in der Schule verpasst haben, jetzt nachholen zu müssen, um nicht sozial abgehängt zu werden. Von Entspannung konnte also auch im Sommer nicht die Rede sein. Queere Jugendliche sind dabei sozusagen im Zentrum all dieser Schnittmengen und deswegen in besonderer Weise davon betroffen. Noch dazu beschäftigen sie sich ja oftmals auch über Jahre vor ihrem eigentlichen Coming Out genau damit – auch dadurch steigt noch einmal der psychische Druck aufm Kessel. Ein weiterer Punkt ist eine gewisse Spaltung in der Gesamtgesellschaft: Auf der einen Seite erleben wir eine große Liberalisierung gegenüber queeren Menschen, auf der anderen Seite ist aber auch durch diese Offenheit ein Rollback zu beobachten inklusive einer radikaleren Form von Ablehnung bis hin zu Hass.“

Hier gibt es Hilfe

Die Berichterstattung über Suizid oder Depressionen ist ein überaus sensibles Thema. Wir möchten es in KEINSTER Weise glorifizieren oder romantisieren. Viele Menschen die durch Suizid sterben, leiden an einer psychischen Erkrankung. Wenn es dir nicht gut geht oder du daran denkst, dir das Leben zu nehmen, versuche mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen du dich melden kannst. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222. Weiterhin gibt es von der Telefonseelsorge das Angebot eines Hilfe-Chats. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite. Informationen findest du unter: www.telefonseelsorge.de. Auch der Verein COMING OUT DAY bietet via E-Mail und einem App-Messenger Beratung an, mehr unter www.coming-out-day.de

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