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Angriff auf schwules Seniorenheim

Angriff auf schwules Seniorenheim „Die Schwuchteln werden im Feuer sterben!“

ms - 13.07.2022 - 14:00 Uhr
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Fassungslos blickt die LGBTI*-Community der amerikanischen Ostküste nach Boston – unbekannte Täter verübten einen Angriff auf ein schwules Seniorenwohnprojekt und schreckten dabei auch nicht vor massiven Gewaltandrohungen zurück. Das Seniorenheim The Pryde im Bostoner Hyde Park soll ein Vorzeige-Wohnprojekt für LGBTI*-Menschen im Seniorenalter werden, die allermeisten Bewohner werden nach heutigem Stand schwule Männer im gesetzten Alter sein. Mit dem Bau von The Pryde war erst letzten Monat begonnen worden, dabei wird eine ehemalige Mittelschule im Bostoner Stadtteil Hyde Park in 74 Wohneinheiten für Senioren umgebaut. Es wurde als das erste erschwingliche LGBTI*-Seniorenwohnprojekt in Neuengland angekündigt und soll Ende nächsten Jahres seine ersten Bewohner aufnehmen. Die in Massachusetts ansässige, gemeinnützige Organisation LGBTQ Senior Housing Inc., die den Bau des Wohnprojekts leitet, teilte jetzt via Facebook die hasserfüllten Botschaften und Morddrohungen.

LGBTQ Senior Housing Inc

"Es brauch uns das Herz, als wir heute Morgen mit der schrecklichen Nachricht aufwachten, dass The Pryde über Nacht mit Hassreden und Drohungen ein Angriff von Vandalen geworden war – praktisch jedes Schild wurde besprüht. Wir werden nicht zulassen, dass Tyrannen und Feiglinge unsere Arbeit stoppen, um sicheren und vor allem bezahlbaren Wohnraum für unsere LGBTI*-Ältesten zu schaffen. Wir werden nicht zulassen, dass der Hass im Hyde Park unangefochten bleibt", so das offizielle Statement der Organisation. Auf allen Schildern und teilweise auch auf den Außenwänden der Gebäude standen diverse Todesdrohungen geschrieben, darunter: „Wir werden hier alles niederbrennen! Die Schwuchteln werden im Feuer sterben! Sterbt langsam und qualvoll!“

Auch die Anwohner des Bostoner Stadtteils Hyde Park zeigten sich entsetzt über die homophoben und bedrohlichen Graffiti, mehrere Einwohner äußerten gegenüber der lokalen Presse bereits, dass sie nach der Tat Angst hätten. Die Polizei bestätigte gegenüber NBC Boston, dass sie bereits erste Ermittlungen begonnen habe. Auch Bürgermeisterin Michelle Wu bekräftigte, dass eine solche hassvolle Tat in Boston unerwünscht sei: "Das sind Feiglinge, die in der Dunkelheit der Nacht herauskommen und versuchen, unsere große Gemeinschaft einzuschüchtern oder ihren Hass auf uns zu übertragen. Das entspricht nicht den Gedanken, die wir während dieses mehrjährigen Prozesses und der Planungsphase erlebt haben, und wir werden jetzt einfach noch schneller vorankommen, um unser Ziel zu erreichen.“ Auch Gretchen Van Ness, die Geschäftsführerin von LGBTQ Senior Housing Inc., rief zu Solidarität auf: „Schließen wir uns alle gemeinsam der Hyde Park Community an und setzen so ein Zeichen gegen Hass und für ein einladendes, inklusives und vielfältiges Boston! Wir haben bereits eine so breite Unterstützung in der Nachbarschaft erhalten und wir wurden wirklich willkommen geheißen – das wird sich jetzt nicht ändern! Die Mehrheit der Menschen im Hyde Park steht hinter uns!“

Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage kam es in Boston zu homophoben Hasstriaden – am vergangenen Wochenende erst demonstrierte die rechtsradikale Anti-LGBTI*-Gruppe Patriot Front in der Innenstadt. Der Bezirksstaatsanwalt von Suffolk County, Kevin Hayden, äußerte sich in einer Erklärung zu dem Vorfall: "Es bricht mir das Herz, diese hässlichen Drohungen gegen ein Projekt und eine Gemeinschaft zu sehen, das für unsere Stadt so wichtig ist. Dies ist das zweite Wochenende in Folge, an dem Boston von Hass und Intoleranz heimgesucht wird. Das kann nicht hingenommen werden. Mein Büro wird Drohungen gegen die LGBTI*-Community strafrechtlich verfolgen, wo und wann immer sie auftreten." Wie wichtig das Wohnprojekt für ältere Homosexuelle ist, bestätigte erst vor kurzem eine Umfrage (AARP): Rund die Hälfte der LGBTI*-Personen über 45 Jahre gaben an, dass sie sich sehr große Sorgen darüber machen, im Alter nicht genügend familiäre und soziale Unterstützung zu haben; 52 Prozent bestätigten sogar, dass sie sich sozial isoliert fühlen.

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