Direkt zum Inhalt
VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle wird Schirmherr des Stuttgarter CSD © Sportfoto Rudel
Rubrik

Alexander Wehrle setzt Zeichen VfB-Vorstandschef wird Schirmherr des Stuttgarter CSD

tb - 08.02.2025 - 16:11 Uhr

Die Entscheidung ist gefallen: Alexander Wehrle, Vorstandsvorsitzender des VfB Stuttgart, wird Schirmherr des Christopher Street Day (CSD) 2025 in Stuttgart. Damit setzt der 48-Jährige ein starkes Zeichen für Vielfalt, Toleranz und Inklusion – in einer Branche, die sich mit LGBTIQ+-Themen bislang oft schwergetan hat.

Ein starkes Signal aus der Fußballwelt

Die Ernennung des offen schwul lebenden Wehrle ist bemerkenswert, denn Fußball und LGBTIQ+-Themen stehen nicht immer im Einklang. Während sich die Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend für Diversität geöffnet hat, bleibt der Profifußball vielerorts noch ein konservatives Biotop. Homosexualität im Sport ist nach wie vor ein Tabuthema – Outings aktiver Spieler sind selten, Anfeindungen und Vorurteile weit verbreitet.

Wehrle, der im August 2024 seinen Ehemann geheiratet hat, will das ändern. "Es ist mir eine große Ehre und Freude, 2025 die Schirmherrschaft des CSD Stuttgart zu übernehmen", erklärte er beim CSD-Neujahrsempfang in Stuttgart. "Gerade in Zeiten, in denen Akzeptanz und Gleichberechtigung unter Druck geraten, ist es wichtiger denn je, laut und sichtbar zu bleiben." Ein klares Bekenntnis zur Community und ein Appell an die Gesellschaft, den Kampf gegen Diskriminierung nicht aus den Augen zu verlieren.

Erfahrungen auf beiden Seiten

Wehrle ist nach Erwin Staudt im Jahr 2009 erst der zweite hochrangige VfB-Vertreter, der diese Rolle übernimmt. Dass ausgerechnet ein Fußballfunktionär zum Schirmherrn gewählt wurde, ist ein bewusster Schritt seitens des CSD-Organisationsteams. "Wir möchten Dialoge anstoßen und Möglichkeiten zum Austausch schaffen", so Lars Lindauer aus dem Vorstand. "Das klappt besonders gut, wenn Menschen Erfahrungen auf beiden Seiten haben: in der Community selbst und in der Mehrheitsgesellschaft – hier insbesondere im Fußball."

Der VfB Stuttgart gilt als Verein mit einer wachsenden Fanbasis, die sich zunehmend für gesellschaftliche Themen engagiert. Wehrle selbst, der offen schwul ist, steht für eine neue Generation von Führungspersönlichkeiten im Sport, die sich nicht davor scheuen, Stellung zu beziehen. Die Erwartungen an seine Schirmherrschaft sind dementsprechend hoch – nicht nur aus der queeren Community, sondern auch aus dem Sportumfeld, das gespannt beobachtet, ob seine Positionierung zu weiteren positiven Veränderungen führen wird.

Fußball als Plattform für gesellschaftliche Veränderungen

Der Stuttgarter CSD zählt zu den größten Pride-Veranstaltungen Deutschlands und zieht jedes Jahr zehntausende Besucher an. Unter dem Motto "Wähl Liebe" will die Veranstaltung 2025 erneut ein starkes Zeichen für Vielfalt setzen. In diesem Kontext soll auch die Rolle des Fußballs als gesellschaftlicher Multiplikator stärker beleuchtet werden.

In den vergangenen Jahren haben Vereine und Verbände zwar punktuell Initiativen für Diversität ergriffen, doch es bleibt ein weiter Weg. Die Reaktionen auf Wehrles Ernennung fallen überwiegend positiv aus. Während Fans und Community-Vertreter das Engagement begrüßen, bleibt abzuwarten, wie sich die aktive Fußballwelt dazu positioniert. Immer wieder gab es Kritik an homophoben Äußerungen und mangelnder Unterstützung für queere Athleten innerhalb der Branche.

Mit Wehrles Vorbildfunktion könnte sich das nun ändern. Die Sichtbarkeit eines Vereinsfunktionärs, der sich klar für Gleichberechtigung ausspricht, ist ein wichtiges Signal – nicht nur für den VfB Stuttgart, sondern für den gesamten deutschen Fußball.

Was bleibt nach der Schirmherrschaft?

Die kommenden Monate werden zeigen, ob Wehrles Schirmherrschaft über symbolische Gesten hinausgeht. Ein nachhaltiger Wandel im Fußball erfordert strukturelle Veränderungen – von konsequenter Aufklärung bis hin zu klaren Maßnahmen gegen Diskriminierung in den Stadien. Der CSD Stuttgart bietet eine Plattform, um diese Themen weiter in den gesellschaftlichen Fokus zu rücken.

Dass sich ein führender Fußballfunktionär öffentlich mit der LGBTIQ+-Community solidarisiert, könnte eine neue Ära einläuten. Die Schirmherrschaft von Alexander Wehrle hat das Potenzial, nicht nur innerhalb des VfB Stuttgart, sondern auch im deutschen Fußball ein Umdenken anzustoßen. Ob diesem ersten Schritt weitere folgen, wird sich zeigen.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Schwulen Rückenansichten

Amüsante Spekulationen in den USA

Amüsante Spekulationen: Die US-Presse fragt sich derzeit, ob in Caspar David Friedrichs Bildern eine homoerotische Komponente mitschwingt.
Bedenken bei E-Patientenakte

Kritik von LSVD+ und Aidshilfe

Ende April kommt die E-Patientenakte bundesweit. Bedenken aus der queeren Community wurden kaum ausgeräumt, so LSVD+ und Hamburger Aidshilfe.
Forderungen an die EU

Pride-Verbot in Mitteleuropa

Wann und wie reagiert die EU auf das Pride-Verbot in Ungarn? Mehrere EU-Parlamentarier fordern jetzt ernsthafte Konsequenzen seitens der EU.
Neue Fälle der Dating-Masche

Opfer aus Hessen und Österreich

Erneut wurden zwei Schwule Opfer der Dating-Masche, die mutmaßlichen Täter sind junge Männer. Die Taten geschahen in Wiesbaden und Wien.
"Wir verlieren dadurch an Akzeptanz"

Kritik von Valerie Wilms

Die vermutlich erste trans* Frau im Deutschen Bundestag, Valerie Wilms, übt Kritik am Selbstbestimmungsgesetz sowie an den Grünen.
Haftstrafe für Gayclub-Chef

Erpressung von schwulen Gästen

Ein Schwulenclub-Betreiber in Niederbayern erpresste und betrog seine Gäste. Das Landgericht Regensburg verurteilte ihn nun zu einer Haftstrafe.
Ende im Fall Anastasia Biefang

Klage scheitert final vor Gericht

Seit 6 Jahren kämpfte trans* Soldatin Anastasia Biefang gegen einen Disziplin-Verweis, nun hat das Bundesverfassungsgericht die Klage abgewiesen.
Widerstand in der Karibik

Rufe nach mehr Homosexuellenrechten

Nachdem in Trinidad und Tobago Homosexualität wieder verboten wurde, nehmen Forderungen nach Gleichberechtigung in der ganzen Karibik an Fahrt auf.
Gefängnisse in Russland

Berichte über dramatische Lage

Berichte über die Lage in russischen Gefängnisse schockieren: Unmenschliche Bedingungen für verurteilte „Extremisten“, darunter auch LGBTIQ+-Menschen.