Albanien am Scheideweg Kommt es zu EU-Standards beim Diskriminierungsschutz?
Die Regierung in Albanien hat ihren geplanten Gesetzentwurf gegen Diskriminierung und zur Gleichstellung der Geschlechter radikal klammheimlich verändert – von der angedachten inklusiven Fassung als Anpassung an EU-Standards ist offenbar nun nichts mehr übrig geblieben. Alles Aspekte im Bereich LGBTIQ+, Diversität oder auch Geschlechtsidentität wurden kurzfristig ersatzlos gestrichen.
Gezielte Attacke auf die Community?
Das neue Gesetz legt dabei außerdem jetzt explizit Wert auf das biologische Geschlecht und betont, dass Gleichbehandlung „nur zwischen Frauen und Männern“ Ziel des Vorhabens ist. Die Mehrheit der Abgeordneten hat dem neuen Gesetzestext jetzt bereits auch in erster Lesung zugestimmt, die Änderungen werden offiziell als „technische Korrektur“ des geplanten Paragrafen bezeichnet.
Queere Verbände im Land wie PROLGBT sehen darin indes einen gezielten Angriff auf die LGBTIQ+-Community: „In Albanien gibt es keine gesetzliche Regelung, die die Registrierung des Geschlechts für intersexuelle, transsexuelle oder nicht-binäre Personen ermöglicht. Der jüngste Bericht des UN-Ausschusses für die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau bekräftigt, dass Albanien über keinen rechtlichen Mechanismus zur Feststellung der Geschlechtsidentität von Transgender-Personen verfügt. Dies wird auch durch den Bericht des UN-Sonderberichterstatters für sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität über Albanien vom Juni 2025 bestätigt.“
Was macht die EU?
Kritik kommt auch an der Europäischen Union auf, nachdem EU-Präsidentin Ursula von der Leyen vor wenigen Tagen in Albanien zu Besuch war, um den EU-finanzierten Wirtschaftswachstumsplan zu besprechen. Die Diskriminierung von LGBTIQ+-Menschen sowie die Geschlechterungleichheit seien dabei nicht zur Sprache gekommen, so PROLGBT. Wird das Gesetz final nun Ende dieser Woche tatsächlich so verabschiedet, stehe laut dem queeren Verein die Glaubwürdigkeit des Landes auf dem Spiel – und Albanien bekomme außerdem ein Antidiskriminierungsgesetz ohne wirklichen Schutz. Wird die EU dazu weiter schweigen, so die offene Frage der queeren Aktivisten.
Ähnlich kritisch blickt auch die ILGA Europe auf die jüngsten Entwicklungen: „Die Opposition hat Änderungen vorgeschlagen, die eine rechtliche Anerkennung der Geschlechtsidentität nahezu unmöglich machen würden, indem sie das Geschlecht ausschließlich als ´biologisch unveränderlich´ männlich oder weiblich definieren. Dies würde schädliche medizinische Eingriffe an intersexuellen Menschen ermöglichen, Verweise auf Diversität, Diskriminierung und Geschlechterstereotypen streichen und Albanien in direkten Konflikt mit dem internationalen Menschenrecht und den EU-Standards bringen. Wir fordern das albanische Parlament auf, diese gefährlichen Änderungen abzulehnen und die Menschenrechte für alle zu schützen.“