King of Entertainment Die Community feiert Robbie Williams in Deutschland
Als ich Robbie Williams das erste Mal live erlebte, war ich Anfang 20, gerade frisch verliebt und im absoluten Robbie-Fieber. Inzwischen sind rund zwanzig Jahre vergangen, erneut tourt der Brite in diesen Tagen durch Deutschland – nach Gelsenkirchen, Hannover, Leipzig und Berlin letzte Woche ging es am gestrigen Samstag nach München. Und die bange Frage bei mir und Freuden war: Kann er es noch?
Warten im Nieselregen
Das erste Konzert des ehemaligen Take-That-Stars erlebte ich zu Beginn der 2000er Jahre im Olympiastadion in München. Wir wollten ganz vorne sein, ganz nah dran an Robbie – und standen dafür rund zwölf Stunden im Regen. Ab acht Uhr morgens harrten wir vor einem der Eingänge des Stadions aus. Tags zuvor hatte eine Freundin die Show bereits erlebt und versorgte uns mit den heiß begehrten Infos: Wo werden zuerst die Tore geöffnet, wo ist der beste Stellplatz vor der Bühne?
Und so standen wir da, im bayerischen Dauerregen, eine Schar von schwulen Männern und heterosexuellen Frauen, allesamt frenetisch verknallt in Robbie. Warum damals wie wohl heute noch so viele schwule Männer auf den Briten abfahren? Vielleicht, weil er mit Take That seine Karriere in Schwulenclubs startete? Oder weil er immer wieder gern mit dem Thema Homosexualität kokettiert hat? Oder liegt es einfach an der sexy Brustbehaarung? Wer weiß das schon.
Robbie ganz nah
Als sich endlich die Türen öffneten, strömten wir hinein, liefen durch die Gänge, stolperten dem Genickbruch nahe die große Mitteltreppe hinunter und rannten, als ginge es um unser Leben. Wir schafften es und gehörten zu jenen 1.000 Glücklichen, die ganz vorne in die erste Absperrung durften. Stunden später begann dann auch das Konzert, exakt zwei Stunden, ein Megahit nach dem anderen. Ein Rausch. Unbeschreiblich. Robbie Williams, hautnah, keine zwei Meter entfernt. Zu Beginn erklärte Williams, dass wir die derzeit beste Show der Welt erleben würden und: „Für die nächsten zwei Stunden gehört euer Arsch mir!“ Er sollte recht behalten, in allem. Nie zuvor und seitdem nie mehr danach habe ich einen solchen musikalischen Dauerrausch erlebt, Schreien, Tanzen, alles zusammen, keine Atempause, zwei Stunden jenseits der Realität. Er war der größte Entertainer seiner Generation.
Robbie 3.0
Das ist fürwahr schwerlich zu toppen. Jahre später kam er erneut nach München und abermals waren wir dabei, dieses Mal gesetzter im Alter und mit Sitzplatz. Auf den Stühlen konnte sich trotzdem erneut niemand halten. Und nun also ein drittes Mal Robbie in München: Seit Monaten ausverkauft, Rücklaufkarten ab 300 Euro aufwärts – und natürlich wieder Regen. Manche Konstanten bleiben.
Und Robbie selbst? Inzwischen 51 Jahre alt – in meiner Jugend war das ein alter Mann. In dieses Bild passt der Brite bis heute nicht, egal, ob im roten Trenchcoat oder im weißen Star-Outfit samt schwarzer Monsterbrille. Die große Show ist geblieben, die Euphorie seiner Fans auch, mit dem ersten Lied steht das ganze Stadion, auch alle Besucher auf den Sitzplätzen. Er selbst plaudert inzwischen lieber als früher, erzählte von seinen vier Kindern und betonte mehrfach seine Verbundenheit mit der Gay-Community. Besonders amüsant fällt ein fiktives Gespräch mit seinem 20 Jahre jüngeren Ich aus – mittels KI alles möglich. Als er seinem Teenie-Robbie erzählt, er sei inzwischen verheiratet, antwortet dieser frech: „Oh cool, dass Schwulen-Hochzeiten inzwischen erlaubt sind!“.
Hits und schwule Evergreens
Nebst den ganzen großen Hits von „Angels“ bis „Feel“ surfte Robbie auch munter durch die schwule Musikwelle der letzten Jahrzehnte und interpretierte Songs von Queen oder auch den Eurythmics. Ein besonderer Moment: Die Schwulen-Hymne „Y.M.C.A“ der Village People und 70.000 Fans im Stadion heben die Hände zu den ikonischen Buchstaben und singen den Refrain lautstark mit. Kurz gesagt: Schwuler geht´s nicht. Und wahrscheinlich schafft es auch nur Robbie, im pinken Anzug auf der Bühne zu stehen und selbst stark betrunkene Heterokerle grölen euphorisch seine großen Hits mit. Mit gleich zwei Frank Sinatra Songs verbeugte er sich zudem vor dem großen Meister und intonierte lautstark: „I Did It My Way!“ Und natürlich durfte mit „Relight My Fire“ auch ein Seitenhieb auf Take That nicht fehlen.
Die Stimmung wie immer einmalig. Und 70.000 Fans dürften ihm glücklich trotz zweier Regengüsse zustimmen, wenn er erklärt: Michael Jackson nannte sich selbst den King of Pop - und wurde es. Er sei daher ab sofort der „King of Entertainment“. Im nassen Regenponcho wanderten nach dem Ende die Fans lautstark singend und glücklich durch die Münchner Innenstadt nach Hause. Robbie Williams bleibt ein Entertainment-Tornado. Und ein Mann mit Herz für seine Fans. „Ich liebe euch, ich liebe Deutschland“ brüllte er sichtlich berührt der Menge zu. Ein letztes Mal gibt er sich am 10. August in Frankfurt die Ehre. Wenn er mit 60 Jahren noch einmal tourt, sind wir wieder dabei, notfalls mit Sauerstoffmaske und Gehhilfe.