Gast bei „deep und deutlich“ Riccardo Simonetti über Vorurteile und Diskriminierung
In der ARD-Talkshow „deep und deutlich“ mit Aminata Belli und Louisa Dellert erzählen inspirierende Menschen in intensiven Gesprächsrunden ihre Geschichten. In der neuen Folge war TV-Moderator, Autor und Aktivist Riccardo Simonetti an der Reihe. Er sprach über Vorurteile, Schwulenhass und Diskriminierung im Alltag – und darüber, wie unangenehm es sein kann, in Deutschland sichtbar queer zu sein.
Anfeindungen im Alltag
„Ich fahre heute keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr, weil ich da einfach krasse Erlebnisse hatte“, so Simonetti. Er erklärt: „Menschen sind überhaupt nicht damit klargekommen, dass man eine sichtbar queere Person ist. Ich habe da so viele schlimme Dinge erlebt. Menschen haben einen bespuckt, beschimpft, die Klamotten angezündet. Irgendwann habe ich mir geschworen: Sobald ich die Möglichkeit habe, werde ich darauf verzichten.“
Auf der Straße wird Simonetti noch heute beschimpft: „In sieben von zehn Fällen ruft einem jemand etwas Homophobes hinterher – und das in Berlin-Mitte. Da kann man sich vielleicht vorstellen, warum man als Person, deren Identität das hier ist, solche Orte nicht mit derselben Leichtigkeit begeht.“
Queere Identität als Stolperstein auf dem Weg zum Erfolg
Ein angepasstes Leben zu führen, war für Simonetti nie eine Option. Schon als kleines Kind wusste er, dass er einmal ein Star sein wollte. Der Weg in den Mainstream war jedoch alles andere als einfach, denn auch hier war man wohl keine so offensichtlich queeren Menschen gewöhnt. Auch wenn er auf Instagram schon lange erfolgreich war, musste sich Simonetti – als Mann, der sich gerne schminkt, wallendes Haar hat und auffallende Kleidung trägt – in der Fernsehbranche erst beweisen. „Es hat ganz viele Menschen vor den Kopf gestoßen“, so Simonetti. „Du musst dich so oft in der Position rechtfertigen und dich immer mehr behaupten, als vielleicht andere Menschen.“
Doch obwohl der Entertainer so negative Erfahrungen machte und immer noch macht, will er sich und seinen Stil nicht ändern. „Natürlich sagen viele Menschen: Du musst dich ja nicht so anziehen. Du musst nicht geschminkt rumlaufen“, so Simonetti. „Dann hätte ich aber das Gefühl, ich würde mich verkleiden. Ich will mich nicht verkleiden, nur um respektiert zu werden.“
Unermüdliches Engagement für Gleichberechtigung
2019 gehörte Simonetti laut Forbes zu den 30 einflussreichsten Menschen unter 30. Seinen hart erkämpften Ruhm nutzt er gezielt, um die LGBTI*-Community sichtbarer zu machen und auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen – das sieht er als seine Berufung: „Du hast eine Verantwortung. Wenn du weißt, du bekommst Chancen, die andere queere Personen nicht bekommen, dann willst du auch niemanden enttäuschen.“ Und weiter: „Man muss ein bisschen eine queere Nervensäge sein, um die Menschen daran zu erinnern, dass das ein Thema ist, das für uns 365 Tage im Jahr relevant ist. Es passiert jeden Tag etwas, das es verdient hat, gesehen und gehört zu werden.“
Als Teil seines Engagements für mehr Gleichberechtigung und Toleranz unterstützt Simonetti Organisationen wie Jugend gegen Aids, DKMSlife und Projekte der Unicef. 2021 gründete er mit der Riccardo Simonetti Initiative auch seinen eigenen gemeinnützigen Verein.