Große versteckte Kunst Geheime schwule Bilder: Beefcake!
Wenn schwule Männer an erotische Kunst denken, fällt schnell der Name Tom of Finlands – doch was war eigentlich vor dem Finnen? Tatsächlich stehen die Bilder von Finland in der Tradition der ersten Zeitschriften für Gewichtheben und Körperkultur, die erstmals in den 1890er Jahren erschienen. Dabei kam den zumeist damals schon schwulen Herausgebern zugute, dass die Körperkulturbewegung in den USA und Europa zu sportlicher Ertüchtigung ermutigte, ein idealer Nährboden für die ersten Magazine wie „Sandow's Magazine of Physical Culture“.
Ein Gewichtheber als erster Star der Szene
Einer der Stars der damaligen Zeit war der muskulöse Gewichtheber George Hackenschmidt, der als Postkarten-Motiv bis in die 1920er Jahre hinein immer beliebter wurde. Auch in Deutschland wurden dank der beginnenden Freikörperkultur-Bewegung die Magazine immer beliebter. Für die namhaften schwulen Fotografen müssen die Jahre eine Zeit der Freude gewesen sein, zumeist fotografierten sie ihre Models komplett nackt, erst im Nachhinein wurden die Genitalien verdeckt oder anderweitig unkenntlich gemacht.
Freizügige Posen im Namen des Sports
Ab den 1930er Jahren kamen die sogenannten Physique- oder Beefcake-Magazine auf; Zeitschriften, die bis in die 1970er Jahre hinein attraktive und gut gebaute Männer in sehr freizügigen Posen zeigten, zumeist nur noch minimal bekleidet und gerne in Verbindung gesetzt mit Sport, Fitness oder Bodybuilding. Es wurden Ertüchtigungsübungen gezeigt oder sportliche Szenen nachgestellt – erotische Bilder, die in der schwulen Community großen Absatz fanden, während sie nach außen hin den Schein wahren konnten, körperbetonte Sporthefte zu sein.
Ein Schwerpunkt lag dabei lange Zeit beim Bodybuilding. Dieser Trick ermöglichte es, ganz offen in Buchhandlungen oder Kiosken auszuliegen – und das auch jenseits der großen Städte. Für schwule Jungs auf dem Land waren die Titel wie Bob Mizers „Physique Pictorial“ die einzige Chance, leichtbekleidete Männer zu betrachten und die Fantasie auf Wanderschaft zu schicken. Heutzutage sind jene Publikationen für viele Historiker Zeitzeugen, die die schwule Kultur des letzten Jahrhunderts festgehalten haben. Im Magazin „Strength and Health“ beispielsweise nutzten schwule Fotografen die Rückseiten, um für den Verkauf von „unverhüllten Fotos“ zu werben. Unter der Rubrik „Leaguers“ schrieben sich männliche „Brieffreunde“, die mit reichlich homoerotischem Subtext aufwarteten.
Hand in Hand mit Bodybuilder
Die Nähe zum Bodybuilding war anfangs kein Problem, bei den ersten US-Wettbewerben zum „Mr. America“ waren größtenteils nur schwule Männer im Publikum. Ab den 1950er Jahren gab es dann immer mehr Widerstand, andere Hefte forderten sogar die „Säuberung von den homosexuellen Elementen“. In den 1960er und vor allem den 1970er Jahren wurden die Hefte schrittweise expliziter in ihren Darstellungen, was auch am Aufkommen von schwulen Pornomagazinen lag, nachdem die Strafverfolgung wegen Obszönität gelockert worden war. Erstmals wurden auch frontale Nacktaufnahmen gezeigt, allerdings zumeist nicht in US-Magazinen, sondern in europäischen Publikationen. Anderenorts behalf man sich mit sogenannten Posing Straps, einem Vorläufer des Tangas, der das beste Stück des Mannes eng in sehr dünnem Stoff verpackte und so die Umrisse deutlich sichtbar machte, ohne direkt alles zu zeigen.
Zu dieser Zeit gelangten auch die ersten Bilder von Tom of Finland in die Magazine. Ein großer Fan jener Tage ist der Fotokritiker Vince Aletti, der in diesem Jahr einen Bildband über die Physique Magazine herausbrachte. Gegenüber dem britischen Guardian sagte er: „Die Bilder waren wunderschön gemacht und die Fotografen waren eindeutig stolz auf das, was sie gemacht haben. Wenn man sich die Art und Weise ansieht, wie die Werke beleuchtet und gestaltet sind, wird klar, dass die Fotografen nicht nur Bilder gemacht haben, um Leute anzumachen. Sie wollten etwas Schönes schaffen.“ Bis heute hat Aletti über 10.000 Bilder jener Zeit gesammelt.
Junge Twinks als griechische Skulpturen
Die meisten Models waren junge Männer in ihren beginnenden 20er Jahren, ab und an wurden auch jüngere Twinks oder Jugendliche ab 16 Jahren gezeigt. Im Laufe der Jahre verbreiterte sich die Themenpalette und neben sportlichen Motiven fanden auch Nachstellungen von homoerotischen Gemälden oder griechisch-römischen Skulpturen ihren Weg in die Magazine. Damals direkt darauf angesprochen, verwiesen die Verleger auf Kultur, Sport oder die Nudistenbewegung. Es ginge nur um die „ästhetische Wertschätzung des männlichen Körpers“.
Erst ab den 1960er Jahren wurden die Herausgeber mutiger und druckten vereinzelt Artikel ab, die Homosexualität zurückhaltend verteidigten oder auf Studien zur männlichen Sexualität von Alfred Kinsey aufmerksam machten. Parallel dazu entwickelten sich ab Mitte der 1965er Jahre die ersten offen schwulen Magazine – je stärker die Nachfrage stieg, desto weniger Kunden griffen noch zu den Physique-Magazine. Zur Blütezeit wurden jedes Jahr allein den USA rund neun Millionen der Beefcake-Hefte verkauft, davon war in den 1970er Jahren nichts mehr übrig. Für die Herausgeber blieb die Erkenntnis, dass sie sich selbst überlebt hatten. Jahrzehntelang hatten sie gegen die rechtlichen Verbote in Europa und den USA gekämpft und wurden doch alle irgendwann verhaftet und teilweise auch inhaftiert. Kaum entlassen, produzierten die meisten schwulen Verleger jener Tage bis zum Schluss mutig weiter.