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Tim Kruger // © instagram.com/timkrugerx
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Im Interview Pornostar Tim Kruger

id - 22.06.2019 - 07:00 Uhr

Der 38-jährige Tim Kruger ist mit Sicherheit einer der bekanntesten schwulen Pornostars aus Deutschland. Im Jahr 2009 gründete er seine Webseite timtales und produziert seither eigene Pornofilme. SCHWULLISSIMO traf sich mit ihm zu einem Gespräch über das Pornogeschäft, wie sich dieses in den letzten zehn Jahren verändert hat und worüber er sich aufregen kann.

Hallo Tim, heute mal ein Interview mit einem waschechten Porno-Star, das kommt nicht allzu oft vor. Es gibt sicher einige, die interessieren würde, wie du überhaupt in der Pornoindustrie gelandet bist. Erzähl uns doch mal etwas dazu.
Hallo. Also Pornostar zu werden war nicht immer mein Berufswunsch. Ich habe auch tatsächlich erst mal einen, wie die meisten es wohl nennen würden, „normalen Beruf“ erlernt. Nach der Schule habe ich eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel bei Karstadt in Düsseldorf gemacht und da ich Düsseldorf als junger schwuler Mann nicht unbestimmt spannend fand, bin ich nach der Ausbildung nach Berlin gezogen und habe dort einen Job in einem Gay Erotik Store angenommen. Da ich nun den ganzen Tag Magazine, Bilder und Videos von leicht bekleideten Männern um mich herum hatte und es auch ab und zu Events und Autogrammstunden mit internationalen Pornogrößen gab, stellte ich mir die Welt des Pornos unglaublich glamourös vor. So kam ich auf die Idee, mich auch mal zu bewerben. Weniger wegen dem eigentlich Sex, sondern weil ich mehr wissen wollte über die Pornowelt. Also schrieb ich eine E-Mail mit aussagekräftigen Fotos an diverse bekannte Produktionsfirmen in den USA und es dauerte nicht lange da hatte ich die ersten Einladungen und Angebote in den USA meinen ersten Porno zu drehen.

Nach etlichen Filmen für verschiedene Studios hast du dich ja irgendwann dazu entschieden, eine eigene Pornowebseite ins Leben zu rufen. Was hat dich zu diesem Schritt bewogen.
Porno vor ein paar Jahren war eigentlich immer nach demselben Muster mit zimmergleicher Story, billiger Musik und viel Overacting. Für viele mag das immer noch anregend sein, aber ich wollte es einfach anders machen. Mehr realistisch und Amateurmäßig und ohne Soundtrack, aber dennoch in einer hochwertigen Qualität. Also haben mein damaliger Partner und ich uns eine Kamera gekauft und angefangen Videos zu produzieren und an einer eigenen Website zu arbeiten. Anfangs mit der Hilfe vieler Freunde, die Darsteller in den ersten Videos bei uns waren. Daraus hat sich dann Timtales.com entwickelt.

Wenn man sich einmal so die Videos bzw. Trailer auf timtales.com anschaut, merkt man doch recht schnell einen Unterschied zu Filmen aus den großen Pornostudios. Irgendwie wirkt trotz der Professionalität doch alles irgendwie „intimer“. Wie kommt das und ist das auch ein Grund für den Erfolg des Portals?
Dass alles echter und intimer wirkt, sind sicherlich Gründe, warum die Website so erfolgreich ist. Außerdem denke ich, dass dadurch, dass man eine Person und ein Gesicht hat, die für die Website steht und der man auf diversen Social Media Plattformen folgen und interagieren kann, man eher bereit ist, in ein Produkt zu investieren, als wenn man nicht weiß, wer eigentlich hinter der Firma steckt. In den meisten Fällen sind das mittlerweile große, von Heteros geführte, amerikanische Pornounternehmen.

Vor etlichen Jahren sagte man der Pornoindustrie ja ein großes Sterben voraus, das Internet war mehr und mehr auf dem Vormarsch. Viele kleine, aber auch einige große Studios wie beispielweise „Raging Stallion“ oder „Falcon“ hat es allerdings tatsächlich erwischt. Dennoch sind einige Webseiten – wie eben auch timtales immer noch erfolgreich. Wie kommt dieses?
Firmen wie Falcon und Raging Stallion haben es einfach verpasst, rechtzeitig von Video und DVD auf den Onlinevertrieb umzustellen. Hätte man früher auf das Onlinemedium gesetzt bin ich mir sicher, dass diese Firmen auch heute noch mehr oder weniger erfolgreich und vor allem immer noch in schwuler Hand und nicht aufgekauft worden wären. Denn auch wenn Videos im Amateurstyle im Trend sind, gibt es immer noch genügend Menschen die gerne ein Hochglanz-Pornovideo mit Storyline sehen möchten.

Doch man darf sicher auch eine Kehrseite der Medaille nicht unberücksichtigt lassen. Auf vielen Streamingportalen tauchen immer wieder auch Filme aus professionellen Pornos auf – sicher auch von deinen Filmen. Regt dich das auf und was kannst du dagegen unternehmen?
Das ärgert mich natürlich sehr, denn diese Streamingportale stehlen Videos, in die wir Arbeit und natürlich auch Geld gesteckt haben und bieten sie kostenlos zum Schauen an. Dadurch habe kleine Pornofirmen fast gar keine Chance mehr, überhaupt Fuß zu fassen. Leider wissen die meisten User auch gar nicht, was dahinter steckt und wie das ganze System funktioniert. Sie sehen nur die kostenlose Filme und freuen sich darüber. Das Ganze zu erklären würde wahrscheinlich auch zu lange dauern. Wir haben diverse Methoden entwickelt, dass zumindest in der ersten Woche nach dem Release eines neuen Videos es schwer ist, dieses auf anderen Portalen zu finden. Mit der neuen Urheberrechtsreform ist es für uns in Zukunft sicher auch einfacher, dagegen vorzugehen, weil nun die Betreiber der Portale dafür sorgen müssen das nur Video hochgeladen werden, für die sie das Copyright besitzen.

Du gehst ja durchaus auch mal gegen Dinge an, die dich stören. Ich erinnere mich beispielsweise an einen Boykott von dir bezüglich einer Preisverleihung der Pornoindustrie, welche ausgerechnet von einem dieser Streamingportale mit illegalen Inhalten gesponsort wurde. Das macht dich wütend, oder?
Ja, das macht mich in der Tat sehr wütend, weil es für mich unverständlich ist, wie man für eine Veranstaltung der Pornoindustrie Sponsoren zulassen kann von einer Firma, die der Pornoindustrie eigentlich nur schadet. Man suggeriert damit letztendlich, dass es total ok ist. Leider schalten viele Veranstalter ihr Hirn aus, wenn es ums Geld geht.

Aber es gibt auch andere Sachen, die dich bewegen. Und da kommt dann eben nicht nur der Pornostar daher, sondern einfach ein schwuler Mann, dem manche Dinge nicht gefallen. Egal ob nun in Deutschland, in Barcelona oder auch anderswo. Ist es vielleicht das, was dich auch ein wenig von anderen Pornostars unterscheidet?
Ich privat und meine Pornoperson ist eigentlich ein und dieselbe Person. Ich unterscheide da nicht und ich halte mich auch nicht für besonders wichtig und schon gar nicht für einen Star. Natürlich sehe ich aber, dass ich eine sehr große Followergruppe auf den verschiedenen Kanälen habe. Ich bin mir durchaus bewusst, dass meine Meinung und Dinge die ich poste, sodann Gehör in der Community finden. Also versuche ich natürlich, dass auch zu nutzen, in dem ich Dinge veröffentliche und anspreche, sei es auf Instagram oder Twitter oder Facebook, die mich ärgern und bewegen. Nur weil ich beruflich Pornos drehe und produziere, heißt es ja nicht, dass ich keine Meinung zu aktuellen und politischen Themen haben darf.

Ganz abseits von Pornogeschäft: Was macht ein „Porno-Star“ denn so in seiner – sicher knappen – Freizeit?
Ich reise unglaublich gerne oder genieße es auch einfach, an freien Tagen mal absolut nichts zu tun und nur allein auf meiner Terrasse in Barcelona zu liegen. So ganz ohne Social Media oder irgendwen oder irgendwas anderes, was mich ablenkt. Denn auch wenn mal man kein Selfie postet, geht die Welt nicht unter.

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