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Ades Zabel

Community Ades Zabel

vvg - 26.12.2022 - 17:00 Uhr

gründete 1980 die Teufelsberg Produktion, eine Comedy- und Kabarettgruppe, die mit „Drei Drachen vom Grill“ die TV-Serie „Drei Damen vom Grill“ erfolgreich persiflierte. Heute schlüpft Ades in die Kleider vieler unterschiedlicher Frauenrollen, hauptsächlich aber in die von drei besonderen Damen, mit denen er sein Publikum begeistert: in die langzeitarbeitslose Neuköllnerin „Edith Schröder“; in die pensionierte Lehrerin „Karin Hoehne“, und in die türkische Kiezschönheit „Hurriyet Lachmann“. Wir trafen Edith und sprachen mit Ades.

Wie kommst du zu deinem außergewöhnlichen Vornamen?

Ades ist mein Künstlername. Eigentlich heiße ich - ich mach mal ein Rätsel daraus: in Ades fehlen nur ein paar Buchstaben.

Was wollte Klein Ades werden?

Eigentlich wollte ich schon sehr früh auf die Bühne. Ich habe bei allen Familienfeiern die Leute mit Witzen unterhalten. Und ich habe viel getanzt, sodass ich zuerst dachte, ich würde mal Balletttänzer. Dann habe ich mich aber für einen realistischen Weg entschieden und im KaDeWe eine Ausbildung als Verkäufer in der Herrenkonfektion Abteilung gemacht; weil ich mich für Mode interessierte.

Witze und Tanz machst du heute noch, als DJ Adessa Zabel hast du Musik aufgelegt. Welchen Musikgeschmack habt ihr?

Als DJ lege ich die Musik auf, die ich mag: aktuelle Popmusik wie Madonna oder Lady Gaga. Als Adel gehe ich gerne ins Berghain und da höre ich gerne auch Techno.

Machst du noch wie Olivia Jones in Hamburg Kiezführungen in Berlin?

Ich mache nach wie vor mit dem Bus Stadtrundfahrten durch Neukölln und erkläre als Edith den Touristen Berlin. Allerdings fand das in der Pandemiezeit lange nicht statt; jetzt dauert es wohl noch ein bisschen, bis es wieder gut läuft.

Wann bist du so privat, dass dir alle deine vielen Frauenrollen am Arsch vorbeigehen?

(lacht) Ich glaube, ich kann meine männliche von den weiblichen Rollen ganz gut trennen. Wenn ich Freunde treffe, ausgehe oder alleine zu Hause bin, bleibe ich die Person Ades. Es gab aber Momente, wenn man jemand kennen gelernt hat, dass ich dachte: Hoffentlich denkt der beim Sex nicht an Edith. Und bewusst als Edith wollte mich bisher keiner im Bett haben; im Fummel Sex zu haben, wäre nichts für mich.

© vvg

Woher kommt deine Lust am Verkleiden?

Das ging schon sehr früh los. Ich habe mit 16 Jahren die Klamotten meiner Mutter aus dem Schrank geholt. Und schon ein Foto aus meiner Kindheit zeigt mich, wie ich mit dem Hut und den Schuhen meiner Oma durchs Zimmer stolziere.    

Bei all den vielen Frauenrollen, die du spielst, wieviel Prozent Mann bleiben da in deiner Vita?

Ich spiele in meinem Beruf fast ausschließlich weibliche und nur sehr wenig männliche Figuren. Ich bin halt Schauspieler und verdiene mein Geld mit dem Tragen von Frauenkleidern. Allerdings hatte ich gerade eine Rolle als Mann in der 4. Staffel von Babylon Berlin. Ich spiele den „Roten Hugo“ - einen Wettschieber für Boxkämpfe - eine kleine, aber sehr markante Rolle. Und was ja auch keiner weiß: Dass ich in der Uckermark an meinem Haus werkele und umbaue. Ich kann gut handwerkern und auch Fliesen verlegen. Ich hatte während der Pandemie damit angefangen und ständig Angst, dass auch die Baumärkte schließen. (lacht)

Deine einzige Angst?

Ich habe in dieser Zeit auch mit meiner Biografie „Mein Jubiläum“ angefangen. Im Vorwort steht, dass ich so glücklich bin, dass ich mein Leben lang in Frieden leben durfte. Jetzt merkt man, wie schnell sich so etwas ändern kann und eine gut funktionierende Gesellschaft schnell in Gefahr kommt. Das macht mir auch Angst.

Als Gina Gaydt parodierst du im Film „Der Gründer“ die Bild-Redakteurin Tina Gaedt. Du warst selbst Gründer ...

Stimmt, du meinst die „Teufelsberger“, die es aber nicht mehr gibt. Nach einer Produktion im Tränenpalast gab es leider Zoff - vielleicht lag das am Namen? - Heute nennt sich meine Truppe „Ades Zabel & Company“ und besteht aus Biggy van Blond, Roman Shamov und „Ex-Teufelsberger: Bob Schneider“. Übrigens den Gründer-Film habe ich nie gesehen.

Solltest du arbeitslos und obdachlos werden, wie eine deiner Bühnen-Figur, würdest du - wie sie - auch eine Niere verkaufen?

Wie die Rolle im „Tatort Neukölln“? Ich glaube nicht. Aber wer weiß schon, auf welche Gedanken man in einer verzweifelten Notsituation kommt, um zu überleben? Das ist ja weder wünschenswert noch lustig, wenn Leute in so eine Situation geraten.

© vvg

Wollen deine Frauencharaktere, die du verkörperst unterhalten, oder haben die auch eine politische Botschaft?

In erster Linie wollen sie unterhalten. Wir haben keine direkt überlegte Botschaft, aber es ist immer auf lustige Weise Gesellschaftskritik mit eingebaut. Wir haben wir uns mit aber in unzähligen Benefizkonzerten für die Berliner Aids-Hilfe engagiert. Wenn ich kann und die Leute mich danach fragen, helfe ich auch gerne.    

Welche deiner Frauenfiguren und welche echte Frau findest du gut?

Ich finde Sigourney Weaver (Alien) großartig. Und die deutsche Schauspielerin Petra Kleinert (Mord mit Absicht). Lustig ist: Frau Kleinert hat mal ihre 30 lustigsten Berliner genannt, wo mein Name mit auftauchte. Diese Frau finde ich cool, habe sie aber leider noch nicht persönlich kennen gelernt. Und von „meinen“ Frauen liebe ich die Edith, die sich im Laufe der Jahre zum Publikumsliebling entwickelt hat.

Frauen heulen gerne, kannst du weinen?

Natürlich. Nicht nur wenn beliebte Menschen verstorben sind, sondern auch bei tollen Filmen. Sehr geheult habe ich beim Film „Gefährliche Liebschaften“ mit Glenn Close, aber auch bei einem griechischen Drama - einer Produktion der Schaubühne, kamen mir die Tränen.

Wie verlief dein Outing?

Ich hatte mich mit 14 durch einen Brief verraten, den mein Vater in meinem Zimmer fand. Ich rief meinen offen schwulen Lehrer an und fragte um Rat und er empfahl mir, dazu zu stehen. Mein Vater nannte mich zunächst krank; wir haben drei Monate nicht miteinander geredet. Irgendwann war das Thema durch und als die Berliner Zeitung über mich als „Trashtranse“ berichtete, waren sie sogar stolz auf mich. Sie haben mich auch bei meinen 8mm Filmen unterstützt. Meine Mutter hat sogar als Nachrichtensprecherin mitgespielt und beide sind oft als Komparsen durch Bild gelaufen

Hat sich in all den Jahren die Travestie verändert?

Auf jeden Fall – gerade in den letzten Jahren. Aus dem Wort „Transe“ ist heute „Dragqueen“ geworden, und sie sind heute fast Kult. Heute ist alles glamouröser, aufwendiger und amerikanisierter und für mich „zu perfekt“ geworden; wir sind da eher ein Nischenprodukt.

Vor Jahren hat man gemeinsam gekämpft, heute herrscht oft Zickenkrieg; was stört dich an der Szene?

Wir sind weniger in der Gay- dafür mehr in der Berliner Kultur-Szene und haben mit dem BKA-Theater einen festen Spielplatz. Leider gibt es in der Berliner Gay-Szene so viele unterschiedliche spezialisierte Gruppierungen, wobei jede ihre eigene Suppe kocht – das finde ich nicht gut und ich frage mich oft, ob ich zu dieser Community wirklich dazu gehören möchte, weil ich gar nicht mehr weiß, wer jetzt die Community ist.
Es wird meist nur gemeckert, alle müssen aufpassen, dass sie politisch korrekt nicht Irgendetwas falsch sagen, weil sonst die andere Seite ausrastet.

Einer deiner Filme hieß „Männer zum Knutschen“ - welche Männer findest du denn zum Knutschen?

Zurzeit bin ich Single, bin aber nicht auf bestimmte Männer festgelegt – meine bisherigen waren sehr unterschiedlich. Allerdings sind es mittlerweile gerne relativ junge Männer. Das macht mir so ein bisschen Sorge; irgendwann bin ich da wohl mal stehen geblieben. Obwohl die können sich ja um mich im Alter kümmern ... (lacht)    

Gibt es 2023 neue Projekte?

Zu meinem Jubiläum - also meinem 60ten - im September wird es eine kleine Show im BKA-Theater mit geladenen Gästen geben. Und erst 2024 wird es ein „Best of …“-Programm geben. Weiterhin spielen wir 2023 „Tatort Neukölln“, und auf meiner Homepage kann man sich über Gastspiel-Auftritte kundig machen.

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