Hoffnung in Bulgarien Parlament beschließt nach 20 Jahren Anti-Diskriminierungsgesetze für Schwule und Lesben
Hoffnung ist mitunter ein zartes Pflänzchen – dieser Spruch trifft auf die Lage in Bulgarien in diesen Tagen definitiv zu. Nachdem zuletzt erst im Juni die Pride-Demonstration in Sofia attackiert und zuvor auch ein Pride Film Festival von rechtsextremen Hooligans überrannt worden war, kommt nun die erste positive Nachricht für Homosexuelle im Land – erstmals seit rund zwanzig Jahren hat das bulgarische Parlament sich für die Stärkung der Rechte von Homosexuellen entschieden.
Umfassender Anti-Diskriminierungsschutz für Homosexuelle
Konkret beschlossen die Parlamentarier Änderungen des Strafgesetzbuches, die künftig den Schutz vor Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung des Opfers erhöhen sollen. Die von der Koalition eingebrachten Änderungen sehen vor, dass vorsätzlicher Mord aus homophoben oder rassistischen Motiven künftig mit mindestens 15 Jahren Haft bis hin zu lebenslänglicher Haft bestraft wird. Das geänderte Strafgesetzbuch verschärft zudem auch die Strafen für Täter, die Körperverletzung, Entführung oder Freiheitsberaubung aus Vorurteilen gegenüber der sexuellen Ausrichtung des Opfers begehen.
Darüber hinaus ist nach den neuen Änderungen die Aufstachelung zum Hass aufgrund der Hautfarbe, der nationalen Herkunft und der sexuellen Orientierung in den Medien und im Internet nun ebenso eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren und einer Geldstrafe von umgerechnet bis zu 5.000 Euro bestraft werden kann. Eine Freiheitsstrafe haben zudem künftig auch jene Täter zu erwarten, die aufgrund von Homophobie oder Rassismus Eigentum zerstören – ebenso strafbar wird, wenn Homosexuelle aufgrund von Homophobie ihren Arbeitsplatz verlieren.
Druck der EU ermöglichte Gesetzesänderungen
Zuletzt war 2004 mit dem Gesetz zum grundsätzlichen Schutz vor Diskriminierung eine Gesetzesänderung auch zugunsten der Gay-Community im Land beschlossen worden. Bulgarien belegt aktuell beim internationalen Ranking der ILGA-Europa mit Blick auf die rechtliche und politische Situation von LGBTI*-Menschen in 49 europäischen Ländern nach wie vor einen der letzten Plätze – die Hoffnung ist groß, dass sich dies vielleicht schrittweise jetzt verbessern könnte.
Die schwul-lesbische bulgarische Organisation GLAS (Gays and Lesbians Accepted in Society) erklärte, die jetzigen gesetzlichen Änderungen seien nur dank der unermüdlichen Arbeit von Gay-Aktivisten sowie durch Druck seitens der EU überhaupt möglich gewesen. Erstmals konkret debattiert war die mögliche Einführung von umfassenden Anti-Diskriminierungsgesetzen für Homosexuelle im Jahr 2008, nachdem der schwule Student Mihail Stoyanov im Park Borissowa Gradina in der Hauptstadt Sofia aufgrund von Homophobie brutal ermordet worden war. „Dies ist der tragischste Fall eines Hassverbrechens, das auf einer angeblichen sexuellen Orientierung beruht. Die Ermittlungen und die Verurteilung wären anders verlaufen, wenn die heute beschlossenen Änderungen in Kraft gewesen wären“, so GLAS. Bulgarien war eines der letzten Länder in Europa, das bisher noch keine Schutzgesetze gegen Hassverbrechen hatte.