Hamburg Pride CSD legt Schwerpunkt auf die Rechte von Trans-Menschen
Die Hansestadt Hamburg erwartet beim CSD am Samstag einen neuen Besucherrekord und rechnet mit rund 250.000 Menschen – auch der Demo-Zug ist rekordverdächtig und länger als jemals zuvor: 116 Gruppen haben sich für den Pride angemeldet, wie der Verein mitteilt. Nebst neuen Einrichtungen wie einem Inklusionstruck für Rollstuhlfahrer widmet sich der CSD auch erstmals explizit schwerpunktmäßig einer einzelnen Gruppe aus der LGBTI*-Community – die Rede ist von Trans-Menschen.
Schwerpunkt liegt auf Trans-Rechten
Passend dazu auch das diesjährige CSD-Motto: „Selbstbestimmung jetzt! Verbündet gegen Transfeindlichkeit.“ Als Gastrednerin wird die grüne Trans-Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer erwartet. Eine weitere Besonderheit gibt es in diesem Jahr zudem beim CSD in Hamburg – erstmals wurde die CDU offiziell von der Demonstration ausgeladen. Ähnlich erging es zuvor bereits der Schwesterpartei CSU beim CSD in München.
Im Zuge dessen hat der Hamburg Pride auch für alle Parteien und Unternehmen, die einen Truck stellen, in diesem Jahr einen verpflichtenden Selbstauskunftsbogen eingeführt. Darin müssen diese angeben, welche LGBTI*-freundlichen Maßnahmen bislang intern ergriffen wurden, wie die LGBTI*-Community abseits des CSDs unterstützt wird und welche weiteren Maßnahmen geplant sind, um die eigene Betriebskultur in Bezug auf LGBTI* zu fördern. Kurzum, viel Neues beim Hamburger Pride in diesem Jahr – SCHWULISSIMO wollte es genauer wissen und fragte nach bei CSD-Sprecher Manuel Opitz.
In diesem Jahr rückt der Hamburg Pride erstmals Trans-Menschen als einzelne Gruppe der LGBTI*-Community in den Mittelpunkt. Wie kam es zu der Entscheidung?
Trans* Menschen sind die Personengruppe innerhalb der LGBTIQ*-Community, denen in besonderem Maße Vorurteile, Gewalt und Hass entgegenschlagen. Wir finden: Es ist höchste Zeit, dass wir alle in der Community zusammenrücken und uns mit trans* Menschen verbünden. Gleichzeitig wollen wir mit der CSD-Kampagne den Druck auf die Politik erhöhen, endlich ein Selbstbestimmungsgesetz zu verabschieden, das seinen Namen verdient.
Kannst du Kritik von einigen schwul-lesbischen Vereinen nachvollziehen, dass Homosexuelle auf den Prides immer mehr "unsichtbar" gemacht werden würden beziehungsweise ins Hintertreffen geraten, inhaltlich wie auch bezüglich der Sichtbarkeit?
Der Regenbogen vereint nicht nur Homosexuelle, sondern eben auch unter anderem Bisexuelle, trans* und inter* Menschen. Sie alle sind Bestandteil der LGBTIQ*-Community und in der breiten Gesellschaft unterrepräsentiert. Zudem muss man klar sagen: Gerade trans* Menschen sind jahrzehntelang für die Rechte von Homosexuellen mit auf die Straße gegangen; ohne trans* Menschen hätte es wohl keine Stonewall Riots gegeben. Insofern sehen wir es als absolut notwendig an, trans* Menschen zu unterstützen. Für nächstes Jahr lässt sich in Hamburg aber sicher auch ein Motto finden, das insgesamt breiter gefasst ist.
In diesem Jahr erwartet der CSD rund 250.000 Besucher, ein absoluter Rekord. Bisher kam es allerdings auch bei fast allen Prides in Deutschland zu Angriffen auf LGBTI*-Teilnehmer. Wie sieht das Sicherheitskonzept in Hamburg aus?
Wir haben die Nachrichten über queerfeindliche Angriffe bei anderen CSDs mit Erschrecken mitverfolgt. Deshalb sind wir in intensivem Austausch mit der Polizei, die dieses Jahr mit nochmals mehr Einsatzkräften vor Ort sein wird. Außerdem haben wir mehr Ordner*innen mit mehr Funkgeräten im Einsatz, sodass bei Zwischenfällen schneller die Polizei informiert werden kann. Auch beim CSD-Straßenfest ist die Polizei verstärkt vor Ort.
Es gibt eine weitere Besonderheit dieses Jahr in Hamburg – erstmals wurde die CDU offiziell von der Pride-Demonstration ausgeladen. Nach München ist das die zweite Klatsche dieser Art für die Union. Wie waren seit der Bekanntmachung der Entscheidung die Reaktionen seitens der Community sowie auch der CDU?
Wir verspüren aus der Community eine große Zustimmung zu unserer Entscheidung, aus der CDU kommt Kritik. Uns ist es wichtig, Haltung zu zeigen. Wir fordern von teilnehmenden Gruppen, dass sie unsere Forderungen nach Gleichstellung und Akzeptanz vertreten und fördern. Schließlich ist der CSD eine politische Veranstaltung, auf der es auch um Inhalte geht. Gleichzeitig finden wir es wichtig, dass sich die CDU mit der Community austauscht. Deshalb ist die CDU keineswegs vom CSD-Straßenfest ausgeschlossen, sondern wird dort mit einem Infostand vertreten sein. Das ist für Parteimitglieder sicherlich eine gute Möglichkeit, mit Menschen aus der Community über queere Themen zu diskutieren. Uns ist wichtig, dass der Gesprächsfaden zur CDU nicht abreißt, sondern dass wir uns nach dem CSD zusammensetzen und schauen, wie wir in Zukunft zusammenarbeiten können. Wir haben in den vergangenen Jahren insbesondere mit der LSU hervorragend zusammengearbeitet und schätzen deren Engagement.
Vielen Dank, Manuel, und Happy Pride euch!
Bereits heute Vormittag beginnt um 11 Uhr das dreitägige CSD-Straßenfest: Rund um die Binnenalster werden eine große Bühne, Infostände der Hamburger LGBTI*-Community, Musikinseln und Gastronomie aufgebaut sein, abends ist eine Kundgebung geplant. Am Samstag dann findet die Pride-Demonstration statt.