Direkt zum Inhalt
Trauerspiel Konversionstherapie
Rubrik

Englands Konversionstherapien Breites Bündnis aus Prominenz, Politik und Wissenschaft fordert schnelles Verbot!

ms - 19.07.2023 - 12:00 Uhr

Die Wut auf Premierminister Rishi Sunak wächst in Großbritannien von Tag zu Tag in der LGBTI*-Community immer weiter an – zuletzt im Juni war aus der Downing Street 10 in London zu hören gewesen, dass nun endlich ein konkreter Gesetzestext für ein Konversionstherapie-Verbot im Vereinigten Königreich zeitnah vorgelegt werde – geschehen ist seitdem noch immer nichts. In Großbritannien werden die Stimmen immer lauter, Sunak würde die Community wie seine Vorgänger im Stich lassen. Die Rede ist von einem „moralischen Versagen“ der Regierung.

Erneute Verzögerung zerstöre das Leben von LGBTI*-Menschen

In einem offenen Brief forderten gestern deswegen jetzt eine Reihe von hochrangigen Parlamentariern, religiösen Führern, medizinischen Fachleuten, Menschenrechtsexperten und prominenten LGBTI*-Stimmen die Regierung auf, ihr Versprechen endlich einzulösen, die schädliche Praxis zu verbieten. Das offene Schreiben ging sowohl an Sunak wie auch an die Gleichstellungsministerin Kemi Badenoch.

„Die Verzögerung zerstört nicht nur das Leben zahlloser schutzbedürftiger LGBTI*-Menschen, sondern ermutigt auch die Täter, ungestraft weiter zu handeln. In den fünf Jahren, die seit der Ankündigung der britischen Regierung vergangen sind, diese missbräuchlichen Praktiken zu beenden, haben viele andere Regierungen auf der ganzen Welt schnell gehandelt und dies getan. Warum haben wir nicht von ihnen gelernt, sondern stattdessen versucht, die Dinge zu verschleiern und zu verzögern?“, so die Anschuldigungen im Schreiben.  

Fünf Jahre Zick-Zack-Kurs der Regierung

In der Tat ist die Geschichte rund um die Konversionstherapien in Großbritannien keine besonders rühmliche fürs Königreich. Immer wieder hatten Sunaks Vorgänger das Vorhaben angekündigt und dann zurückgezogen, in beispielloser Weise vor allem Boris Johnson, der sich in einem Zick-Zack-Kurs mal gegen die Pläne und dann wieder dafür ausgesprochen hatte und ein anderes Mal Trans-Menschen vom Schutz vor Konversionstherapien direkt ausschließen wollte. Ob sich Trans-Personen nun im letztgültigen Gesetztext wirklich wiederfinden, ist ebenso noch offen.

„Schutzbedürftige Menschen vor Missbrauch zu schützen, sollte ein vorrangiges Ziel jeder Demokratie sein. Wir fordern Sie daher dringend auf, Ihr Versprechen einzulösen und die lang erwarteten Rechtsvorschriften unverzüglich zu veröffentlichen. Es ist an der Zeit, diesen unethischen, schädlichen und unwirksamen Praktiken ein Ende zu setzen, die von religiösen Führern sowie von medizinischen, psychiatrischen, psychologischen und Gesundheitsfachleuten weltweit verurteilt wurden“, so die hochrangige Gruppe der Befürworter in dem Schreiben weiter.

Entscheidung frühestens doch erst im Herbst?

Nach Angaben der britischen Presse (ITV News) fehle nur noch die Unterschrift des Premierministers unter dem Gesetzesvorhaben, die Regierung selbst bestreitet dies. Berichten zufolge enthält das Gesetz jedoch eine „Einwilligungsklausel“ für Erwachsene, die sich „freiwillig“ für die schädliche Praxis zur Verfügung stellen wollen, sehr zum Entsetzen von LGBTI*-Aktivisten, die unermüdlich für ein umfassendes Verbot gekämpft hatten. Ende dieser Woche beginnt in Großbritannien die politische Sommerpause, sodass derzeit davon ausgegangen wird, dass das Gesetzesvorhaben doch erst im Herbst weiter behandelt werden wird. Regierungsvertreter sprachen davon, das Gesetz werde „in naher Zukunft“ behandelt werden.

400.000 homosexuelle Briten durchlebten eine „Heilungs-Therapie“

„Diese breite Koalition von Stimmen, die auf den Schaden aufmerksam machen wollen, den die anhaltende Verzögerung für das Leben unschuldiger LGBTI*-Menschen bedeutet, ist einzigartig. Ich fordere den Premierminister auf, auf unsere Bedenken zu hören, nicht zuletzt von seinen eigenen Abgeordneten, da das Leben von Menschen auf dem Spiel steht. Etwas anderes zu tun, ist völlig unverantwortlich“, so Jayne Ozanne, die Organisatorin des Briefes und Vorsitzende der Ban Conversion Therapy Koalition. Nach Angaben des britischen Guardians ergab eine Studie aus diesem Jahr, dass in Großbritannien bereits mehr als 400.000 homosexuelle Menschen einer Konversionstherapie unterzogen worden sind, um sie zu „heilen“.

Auch Interessant

Outing im US-College-Football

Ein langer Weg zum eigenen Ich

Coming-Out im US-College-Football. Der gehypte Ex-Jungstar Jake Eldridge spricht erstmals über seinen Weg zum Coming-Out und sein neues Leben.
Erster schwuler Kandidat

Novum in Rumänien

Einzigartige Premiere: Erstmals tritt am kommenden Sonntag ein offen schwuler Mann bei den Parlamentswahlen in Rumänien an.
Hoffnungsschimmer in den USA

130 Städte kämpfen für LGBTI*

Hoffnungsschimmer in den USA: 500 Städte wurden unter die Lupe genommen – 130 von ihnen bekamen Top-Noten beim Einsatz für LGBTI*.
Definition einer Frau

Höhepunkt im britischen Rechtsstreit

Das Oberste Gericht in London verhandelt derzeit über die Frage, was genau eine Frau ist - zählen biologische Aspekte oder die Selbstdefinition?
Angriff auf JU-Politiker

Homophobe Attacke in Lüneburg

Eine Gruppe Migranten soll den JU-Politiker Simon Schmidt in Lüneburg brutal attackiert haben: „Wir stechen dich ab!“, riefen sie dabei laut Schmidt.
Denkmalpläne schreiten voran

"Für Capri und Roxi" in Hamburg

Auch das zweite Denkmal für die Community in Hamburg schreitet foran: "Für Capri und Roxi" soll an die Diskriminierung von Schwulen erinnern.
Homophober Hass in Nigeria

Ungestrafte Lynchjustiz gegen Schwule

Lebendig verbrannt oder begraben, zu Tode gefoltert: Die Mob-Gewalt gegen Homosexuelle in Nigeria nimmt massiv zu, die Polizei sieht weg.
Posse um Pride-Uhren

Malaysias Kampf gegen Homosexuelle

Die Posse um die beschlagnahmten Pride-Uhren von Swatch geht in Malaysia in die nächste Runde - die Uhren müssen zurückgegeben werden. Und nun?
Hilfe für US-LGBTI*-Studenten

Raus aus der Hoffnungslosigkeit

Das Dru Project vergibt Stipendien an LGBTI*-Studenten in den USA, damit diese in schwulenfreundliche Regionen umziehen und dort studieren können.