Häusliche Gewalt in England Im Zentrum der Debatten steht der Umgang mit Trans-Menschen.
Und erneut brodelt es in Großbritannien, seit einigen Tagen sorgt ein neuer Leitfaden für Staatsanwälte der britischen Strafverfolgungsbehörde CPS (Crown Prosecution Service) für heftige Debatten – im Zentrum der Diskussionen steht der Umgang mit trans- sowie nicht-binären Menschen. Die neuen Richtlinien sehen so unter anderem vor, dass die Weigerung eines Menschen, für die Geschlechtsumwandlung seine Partners zu bezahlen, künftig juristisch als „häusliche Gewalt“ gewertet werden könne, wie der britische Telegraph berichtet.
Falsche Pronomen-Wahl kann Missbrauch sein
Hält ein Ehepartner künftig Geld für eine Transition zurück, käme das einer Zwangskontrolle oder einem Missbrauch gleich, so die neuen Leitlinien. Ähnlich könne der Vorwurf von missbräuchlichem Verhalten aufgeworfen werden, wenn der Ehepartner nicht die bevorzugten Namen oder Pronomen des Trans-Partners benutzt, Bilder aus der Zeit vor der Geschlechtsumwandlung anderen Menschen zeigt oder den Trans-Partner als „nicht richtige Mann/Frau“ bezeichnet. Gleiches gilt für nicht-binäre Menschen. Der CPS hat insgesamt neun Verhaltensweisen aufgelistet, die einen Missbrauch von trans- oder nicht-binären Menschen durch ihre Partner oder Familienmitglieder darstellen können.
Leitlinien schädlich für Frauen und Familien
Scharfe Kritik kommt von mehreren Frauenverbänden, allen voran dem Women's Rights Network (WRN), die den neuen Leitfaden als „schädlich für das Vertrauen von Frauen“ bezeichnet hat. Gründerin Heather Binning dazu: „Wie um alles in der Welt kann die Weigerung, für elektive, unnötige Operationen aus der Familienkasse zu zahlen, von irgendjemandem als Beispiel für häuslichen Missbrauch angeführt werden, geschweige denn vom CPS? Im selben Dokument heißt es, dass die korrekte Bezeichnung des Geschlechts eines Familienmitglieds ebenfalls Missbrauch ist. Dies ignoriert völlig die Schwierigkeiten und Emotionen, die viele Menschen erleben, wenn sich ein Familienmitglied als etwas identifiziert, was es eindeutig nicht ist.“
Einzigartige Formen von Gewalt
Der CPS indes verteidigt seine neuen Richtlinien und erklärte zur Motivation: „Trans- und nicht-binäre Menschen können einzigartigen Formen häuslicher Gewalt ausgesetzt sein, die mit ihrer trans- oder nicht-binären Identität zusammenhängen, einschließlich einiger, die denen von LGB-Gemeinschaften ähneln.“ In dem Leitfaden für Staatsanwälte werden diese auch darauf hingewiesen, dass die Geschlechtsidentität nicht mit dem anatomischen Geschlecht gleichzusetzen ist. Die Geschlechtsidentität könne nur von der Person selbst bestimmt werden, so der CPS.
Der Bericht ist Teil eines aktualisierten Leitfadens, der im Zuge der neuen Gesetzgebung zur häuslichen Gewalt erstellt wurde. Der Crown Prosecution Service ist eine Strafverfolgungsbehörde für England und Wales. Insgesamt beschäftigt diese rund 3.000 Staatsanwälte.