Die Humorlosigkeit der Community "Das Schlimmste, was man heute sagen kann, ist: Frauen haben keinen Penis.“
Kommentar
Bereits im Vorfeld brachten sich einzelne Gruppierungen in Stellung, kaum war das neue Netflix-Special „SuperNature“ des britischen Komikers Ricky Gervais dann am Dienstag erschienen, hagelte es massive Kritik.
Ähnlich wie im Fall von David Chappelle wird nun auch dem Briten vorgeworfen, er sei LGBTI*-feindlich und würde zudem die trans-Community angreifen.
Die Wortwahl, mit der der Komiker dabei angegriffen wird, ist zumeist derbe und gerne auch verbal gewalttätig. Gervais würde ein “Feuerwerk aus Müll“ zelebrieren, seine Witze seien “lebensgefährliche, transfeindliche Triaden“. An anderer Stelle wünscht man ihm auch gerne direkt den Tod. Mit Sicherheit wird die Welle der Entrüstung in diesen Tagen weiter zunehmen.
Ricky Gervais dürfte es freuen, Netflix hat heute bereits ein drittes Special bei dem Briten bestellt.
Dabei ist eigentlich gleich in den ersten Minuten alles gesagt, wenn Gervais erklärt, was Satire ist und wie diese funktioniert.
Das scheint von jener kleinen Gruppe von radikaleren queeren Aktivisten aber gar nicht erst wahrgenommen worden zu sein. Sie stürzen sich auf Sätze wie folgende: "Das Schlimmste, was man heute sagen kann - was dazu führt, dass man auf Twitter gelöscht wird, Todesdrohungen erhält - das Schlimmste, was man heute sagen kann, ist: 'Frauen haben keine Penisse', richtig? Niemand hat das kommen sehen. Sie werden keinen zehn Jahre alten Tweet finden, in dem jemand sagt: ´Frauen haben keinen Penis´. Wisst ihr warum? Wir dachten nicht, dass wir das müssen!"
Mit ironischer Brechung erzählt Gervais weiter, dass er die „neuen Frauen“ toll finde, also jene mit „Bart und Schwanz“, ganz im Gegensatz zu den alten Frauen mit Gebärmutter, die er augenzwinkernd Dinosaurier nennt. Im weiteren Verlauf geht er auf die Frage ein, ob der Wechsel des Pronomens einen Mann bereits zur Frau macht und wie die immer radikaler agierende Cancel Culture zu einer Verengung jeder Debatte führt.
Man kann das alles lustig finden – oder eben auch nicht. Humor ist bekanntlich etwas, über das sich schwer streiten lässt und sich jede Diskussion erübrigt. Über etwas anderes lässt sich indes durchaus debattieren: Was ist mit unserer Community geschehen, dass sie sich einmal mehr so humorlos zeigt?
Man muss das vielleicht noch einmal in dieser Deutlichkeit sagen: Gervais ist wie Chappelle ein Komiker, ein Satiriker, der mit den Mitteln des Humors Zeitgeschehen hinterfragt und auch einmal amüsant den Finger in die Wunde beziehungsweise ins Zentrum eines gesellschaftlichen Streits legt, der innerhalb wie außerhalb der Community immer mehr an Fahrt gewinnt. Gervais macht seinen Job.
Und blickt man auf seine Millionen Fans und die Klickraten allein bei Netflix, scheint er diesen Job ziemlich gut zu machen.
Das muss nicht allen gefallen. Darüber muss niemand lachen. Doch genau das macht Satire, sie hinterfragt. Die übereifrige Reaktion von einem Teil unserer Community zeigt indes nur, dass wir keinen Humor haben. Schlimmer noch, dass an der Kritik an der queeren Community sogar etwas dran sein könnte – wie sagt man so schön: Getroffene Hunde bellen.
Bereits heute wurden nun abermals Stimmen laut, die Netflix zwingen wollen, das Special abzusetzen. Der Streaming-Dienst hat derweil erst vor kurzem bekräftigt, dass er auch solchen Künstlern weiterhin eine Plattform geben will und wird, weil Netflix das als Freiheit der Kunst begreift. Fraglich, warum einige queere Aktivisten das nicht können.
Die Geschichte zeigt uns immer wieder, dass Humorlosigkeit eine Tugend von Extremisten und diktatorischen Denksystemen ist. Wer nicht über sich selbst lachen kann, hat auch nichts zu lachen und ist zumeist so vernarrt in seine Denkweise, dass er jede geringste Abweichung davon negiert und verteufelt.
Wollen wir wirklich so sein? So immer mehr werden? Warum fehlt es uns in diesen Tagen so sehr an Humor? Und ein kleiner Tipp am Rande: Wer Gervais nicht lustig findet, kann auch einfach abschalten. Das geht mit einer einzigen schnellen Handbewegung und man muss dafür auch keine Hass-Triade auf Twitter schreiben.