Homophobie in Deutschland Hohe Ausprägung bei Türken, Muslimen und Orthodoxen
Die Konrad-Adenauer-Stiftung befragte in einer repräsentativen Studie Menschen in Deutschland mit und ohne Migrationshintergrund (MH) sowie Ausländer und Ausländerinnen nach ihrer Einstellung zu Deutschland und ihren grundsätzlichen Werten – darunter auch zu ihrer Einstellung gegenüber Schwulen und Lesben mit teils überraschenden Ergebnissen.
Die Kernfakten
Zu den grundsätzlichen Fakten: Innerhalb der letzten zehn Jahre ist die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund (MH) in Deutschland deutlich angestiegen: 2014 traf dies auf 20,3 Prozent der Bevölkerung zu (16,3 Millionen), 2024 lag der Anteil bei 30,4 Prozent der Bevölkerung (25,2 Millionen). Darunter sind 13 Millionen Deutsche mit Migrationshintergrund sowie 12,2 Millionen Ausländerinnen und Ausländer.
Mit Blick auf die Religionen zeigt sich: Eine relative Mehrheit der befragten Deutschen ohne MH gehört keiner Konfession an (43 Prozent). Etwa gleich viele Deutsche ohne MH sind katholisch (27 Prozent) oder evangelisch (28 Prozent). In der Gruppe der Deutschen mit MH sind 17 Prozent muslimisch, bei Ausländern sind es 31 Prozent. Jeweils gut ein Viertel der Menschen mit MH oder keinem deutschen Pass sind konfessionslos.
Leben in Deutschland
Positiv zu vermerken ist: Rund 90 Prozent der Menschen lebt noch immer gerne in Deutschland, auch wenn die Zustimmungswerte leicht gesunken sind. „Außerdem sind viele Menschen stolz auf Deutschland. Hier sind allerdings Ausländerinnen und Ausländer am häufigsten stolz auf Deutschland, gefolgt von Deutschen mit MH, die wiederum häufiger stolz auf Deutschland sind als Deutsche ohne MH“, so die Studienautoren. Nachdenklich stimmen sollte dabei allerdings, so die Autoren weiter, dass immer weniger Menschen sich grundsätzlich mit Respekt behandelt fühlen.
Vor allem unter Deutschen ohne und mit MH sowie unter polnischstämmigen Personen ist der Anteil deutlich gesunken. Nur unter Türken und Muslimen ist das Respektsempfinden in Deutschland angestiegen. Die deutsche Mehrheit der Befragten ist nach wie vor überdies der Auffassung, dass die Presse frei ist und jeder Mensch frei seine Meinung äußern kann, allerdings haben die Stimmen der Kritiker in beiden Punkten deutlich zugenommen. Besonders auffällig ist dies bei der Aussage „Alle Menschen werden vor dem Gesetz gleich behandelt“ – 36 Prozent der befragten stimmen dem so nicht mehr zu.
Die Stiftung befasste sich auch mit der, in der Vergangenheit viel diskutierten Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre. Die Zustimmung zu dieser Aussage hat binnen von zehn Jahren abgenommen, nur noch 12 Prozent stimmen dem völlig zu, bei Deutschen ohne MH sind es sogar nur zehn Prozent. 29 Prozent der Befragten sprechen sich komplett dagegen aus – vor zehn Jahren waren dies noch 22 Prozent der Bevölkerung. Über 95 Prozent der Deutschen mit und ohne MH sind außerdem der Auffassung, wer in Deutschland lebt, solle die deutsche Sprache sprechen, weit über 85 Prozent finden überdies, dass Zuwanderer sich an die deutsche Kultur anpassen müssen.
Einstellungen zu Homosexuellen
„Bei der Ablehnung Homosexueller gibt es ebenfalls ambivalente Befunde. Unter Deutschen ohne MH ist die Ablehnung Homosexueller die absolute Ausnahme“, so die Studienautoren. Gerade einmal sieben Prozent der Deutschen ohne MH wollen keine homosexuellen Freunde haben. Bei Deutschen mit Migrationshintergrund sind es 18 Prozent. Bei Ausländern und Ausländerinnen liegt die Ablehnung bei 19 Prozent. Vor zehn Jahren lag dieser Wert bei 25 Prozent. Der Blick ins Detail zeigt dabei allerdings auch: Unter Türken hat die Ablehnung von Homosexuellen deutlich zugenommen, hier halten aktuell 36 Prozent nichts von Schwulen und Lesben. Ähnlich auch ist der Wert bei Spätaussiedlern mit 34 Prozent.
Ein Blick auf die Glaubenszugehörigkeit zeigt: Die Ablehnung von Homosexuellen ist unter Muslimen mit 25 Prozent besonders hoch gefolgt von orthodoxen Menschen 23%). Bei Katholiken und Protestanten sprechen sich jeweils knapp 11 Prozent dagegen aus. Unter Atheisten haben nur sechs Prozent ein Problem mit Schwulen und Lesben. Unter Ausländern und Ausländerinnen stimmen 33 Prozent außerdem der Aussage zu, dass die Sexualmoral der westlichen Gesellschaft völlig verkommen sei – Deutsche mit MH stimmen dem zu 31 Prozent zu. Deutlich niedriger liegt der Wert (24%) bei Deutschen ohne MH. Wiederum am stärksten ausgeprägt ist diese Aussage unter Muslimen (38%) und orthodoxen Gläubigen (45%).
Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft
Ebenso angestiegen ist der Antisemitismus: „Besonders häufig finden sich antisemitische Einstellungen unter Türkeistämmigen, von denen ein gutes Viertel Juden nicht traut. Aber auch unter Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern, Musliminnen und Muslimen sowie Orthodoxen ist Antisemitismus deutlich überdurchschnittlich ausgeprägt“, betonen die Studienautoren überdies.
Darüber hinaus stellen die Experten im Bereich Gewaltakzeptanz fest: „Deutsche ohne MH lehnen Gewalt zur Lösung von Konflikten deutlich ab. Auch in den anderen Gruppen wird Gewalt von einer großen Mehrheit abgelehnt. In manchen Gruppen gibt es aber größere Minderheiten, die Gewalt als Mittel der Konfliktlösung akzeptieren. Besonders hoch fällt die Gewaltakzeptanz unter Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern sowie Orthodoxen aus.“