Der Spinnenflüsterer Marv Die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft
Marv ist ein echter Spiderman. Nein, er springt nicht von Hausdach zu Hausdach und wir sind uns ziemlich sicher, dass auch keine Spinnenfäden aus seinen Handgelenken schießen. Marv ist schwul, 32 Jahre alt, lebt in der Region Hannover und arbeitet als Schornsteinfeger. Und hat ein sehr besonderes Hobby, denn neben zwei Hunden wohnen bei ihm noch zwei Waschbären, einige Schlangen und diverse Spinnen. Auf Instagram wird dabei gerade seine Springspinne namens Röstzwiebel zum Superstar – und Marv gleich mit. SCHWULISSIMO wollte mehr wissen vom Spinnenflüsterer aus Niedersachsen.
Hallo Marv! Wie hat sich deine besondere Leidenschaft entwickelt?
Tiere waren schon immer ein Teil meines Lebens. Angefangen hat es mit einem Kaninchen und einem Familienhund. Weiter ging es mit Hühnern, Enten, Zwergtauben, später kamen die ersten „Exoten“ dazu. Ein Chamäleon, Langohrigel und Weißbauchigel, Geckos und Axolotl und dann die Waschbären. Als ich ausgezogen bin und meine erste eigene Wohnung hatte, kamen damals noch Ratten und die ersten Insekten dazu. Später kamen dann auch lange gewünschte, erste Schlangen zu mir.
Mit deinen witzigen Instagram-Videos nimmst Du vielen Menschen ihre Ängste, beispielsweise mit deiner Springspinne Röstzwiebel. Vor so einem niedlichen Tierchen kann man keine Angst haben. Was willst Du deinen Followern mitgeben? Und wie hast Du die ersten Schritte gemacht?
Da ich selber früher unter Arachnophobie gelitten habe, kann ich mich sehr gut in die Lage versetzen, was eine Phobie mit einem macht und wie stark das Ganze einen belasten kann. Für mich stand fest, da ich vor keinem Tier Angst habe, dass ich diese Phobie loswerden will. Zusätzlich ist es für einen Schornsteinfeger sehr belastend, da man täglich irgendwo Spinnen sieht. Was möchte ich also mit meinem Content den Leuten da draußen vermitteln? Es ist okay, wenn man Ängste hat. Es ist auch okay, wenn man sich nicht bereit fühlt, selber den Weg zu gehen, den ich gegangen bin, aber wenn man offen dafür ist, jemandem zuzuhören, der im selben Boot saß, kann man, so denke ich, viel von der Person lernen und mitnehmen. Meine Phobie war in vielen Punkten falschen Vorstellungen und fehlendem Wissen geschuldet. Mein Kopf hat Dinge nicht verstanden und somit seinen eigenen Film produziert. Wenn man aber über den Tellerrand schaut und offen ist, lernt man viele interessante und nützliche Dinge über diese fantastischen Wesen und versteht, dass es keine Monster mit einer Todesliste sind, auf der dein Name steht.
Gut zu wissen! Bist Du den inzwischen „geheilt“ in puncto Phobie? Du nimmst es inzwischen ja auch mit handgroßen Spinnen auf, beispielsweise mit deiner Vogelspinne Wurstbrot.
Bin ich geheilt? Eine sehr gute Frage. Ich würde es gerne etwas anders formulieren: Ich habe meine Phobie, also die verselbstständigte Angst, therapiert und überwunden. Gibt es Situationen, in denen ich noch Angst oder Unwohlsein verspüre? Ja! Dutzende und das ist auch okay. Das gehört alles zum Prozess dazu. Die Therapie ist ein Schritt, am Ball zu bleiben und an seiner Angst zu arbeiten, das ist, was jeder im Alltag selber schaffen muss. Der Vorteil ist mein Wissen heute und die besten Freunde, die man sich nur wünschen kann, die mich auf meinem Weg unterstützen. Wissen ist meiner Meinung nach ein riesiger Schlüssel zum Erfolg. Wenn wir Dinge verstehen, können wir Situationen einschätzen und sie kontrollieren. Dennoch, auch ich habe immer wieder Momente, die so noch nicht vorkamen und genau da kommt die Angst, aber auch der Ehrgeiz und der Wille in mir hoch, daran arbeiten zu wollen.
Neben Röstzwiebel gibt´s eine Schlange namens Gerd-Heinrich und zwei Waschbären, die Speckmaden, sowie eine weitere Spinne namens Schnitzel. Nicht zu vergessen dein Hund Schweinepanzer. Wie kommst Du auf diese Namen?
Viele entstehen aus der Situation heraus, wie zum Beispiel für die Waschbären, die Speckmaden. Mein Hund ist der Schweinepanzer, weil er immer aussieht wie ein Schwein und so wenig Kontrolle über seine Gliedmaßen und der Koordinierung hat, dass er ständig in einen reinrennt, eben wie ein Panzer. Bei den Spinnen war es tatsächlich etwas anders, meine erste Spinne wurde von der kleinen Tochter einer Freundin
benannt, Käsebrot. Als Käsebrot starb, zogen wieder Spinnen derselben Art bei mir ein und ich habe die Idee einfach weiterverfolgt und bin bei Lebensmitteln hängen geblieben. Außerdem, sind wir mal ehrlich, Namen wie Maggi, Schnitzel, Schinken, Röstzwiebel und Wurstbrot machen das Ganze weniger schlimm, wer hat schon Angst vor einem Wurstbrot?
Vielleicht Veganer? Aber Nein, Du hast recht, eigentlich niemand. Du machst viele Menschen mit deinen Videoclips sehr happy, manche meckern aber auch nach dem Motto: Solche Tiere gehören nicht in einen Haushalt, sondern in die freie Natur. Dein Statement dazu?
Mich lassen diese Aussagen nachhaltig relativ kalt. Häufig kommen diese Aussagen von Leuten, die mich als Bösen darstellen wollen, da meine Tiere nicht in ihr Bild des klassischen Haustiers passen. Selber halten sie dann „gesellschaftlich akzeptierte“ Haustiere, wie Meerschweinchen, Wellensittiche, Hamster oder Degus, wo ich dann lachen muss, weil diese Tiere auch „Exoten“ sind. Das zweite Lager sind die Menschen, die mir ein egoistisches Verhalten und die Ausbeutung von Tieren unterstellen, selber aber Tiere halten, eine weitere Doppelmoral. Weil, sind wir ehrlich, keine Tierhaltung findet ohne Egoismus statt. Wir möchten die Tiere bei uns halten, also haben wir sie. Das bei mir einige Second-Hand -Tiere leben, die eine zweite Chance bekommen und gerettet sind, wird dabei ganz außer Acht gelassen. Zu guter Letzt die Leute, die mit diversen Anschuldigungen um die Ecke kommen, die sie sich durch Einsicht weiterer Videos selber hätten beantworten können und sie leider durch ihr fehlendes Wissen ziemlich lächerlich dastehen lässt. Mein Tipp: Sprechenden Menschen kann geholfen werden. Es ist keine Schande, eine vernünftige Diskussion basierend auf Fragen zu führen. Man muss nur offen dafür sein, dem anderen zu erlauben, seine Sicht erklären zu dürfen.
Marv, Du bist nicht nur ein gutaussehender Tier-Daddy, sondern auch ein schwuler Mann. Haben deine Tiere bereits potenzielle Beziehungskandidaten verscheucht? Was muss ein Mann mitbringen, damit er dein Interesse weckt? Und was kommt zuerst, der Mann oder doch Röstzwiebel?
Meine Tiere nehmen definitiv Einfluss auf mein Dating-Leben. Hören die Männer, dass man Waschbären hat, sind viele Feuer und Flamme. Manchmal etwas zu sehr. Es ist einige Male passiert, dass man nur Interesse hatte, bis man den Wunsch, einen Waschbären zu kuscheln, befriedigt hatte, und danach war Funkstille. Bei Schlangen und Spinnen sieht das deutlich anders aus, vor denen haben sehr viele Angst, was ein Date oder ein weiteres Kennenlernen ausgeschlossen macht. Was ein Mann für mich mitbringen sollte? Er sollte offen für meine Interessen sein. Er sollte wie ich Verständnis für die Leidenschaft eines Menschen haben. Ich möchte nicht, dass mein Gegenüber Angst verspürt, nur weil ich diese Leidenschaft habe oder er denkt, er müsse plötzlich zu gleichen Teilen mit anpacken. Es sind meine Tiere, meine Kosten, meine Zeit und meine Verantwortung und niemand hat, wenn er nicht selbst Lust und Interesse daran hat, irgendwelche Aufgaben. Aber ja, würde mich mein Gegenüber vor die Wahl stellen, würde ich mich immer für meine Tiere entscheiden. Mich gibt es nur mit meinen Tieren. Für Kompromisse bin ich immer offen, aber einseitige Entscheidungen zugunsten einer Partei ist nie eine gute Basis.
Wenn man sieht, wie Du mit deinen Waschbären herumkuschelst, könnte man den Eindruck gewinnen: Stark behaart, verfressen und ein dicker Wuschelschwanz ist dein Typ Mann. Ist das richtig?
Ich habe keinen Typ Mann. Aber es gibt einige Präferenzen, die für mein Gegenüber Pluspunkte geben. Meine Dating-Historie zeigt jedoch oftmals gleiche Ausgefallenheit und Abwechslung wie bei meinen Tieren. Zwei Pluspunkte verrate ich aber doch: Älter und osteuropäisch. Das geht immer! Ansonsten, klar, das Auge isst mit, aber Charakter hält zusammen wie Kleber.
Du hast früher auch als Hundetrainer gearbeitet, hast also in puncto Tiere durchaus mehr Erfahrung. Wenn Menschen Interesse daran haben, besondere Tiere wie deine zu halten, was würdest Du hier als Rat mitgeben?
Informiere dich über das gewünschte Tier! Keine spontanen Einkäufe von Tieren, weil man sie gerade süß findet aufgrund von Social-Media. Ein Tier sucht sich nicht aus, bei dir zu leben. Es sind keine Stofftiere, sondern fühlende Individuen. Stell dir folgende Fragen: Kannst du es dir leisten? Tiere kaufen, easy. Tiere ihr Leben lang zu versorgen, das ist, was Geld kostet. Kennst du seine Bedürfnisse? Hast du Unterstützung, wenn du mal nicht kannst oder du verhindert oder krank bist? Was ist dein Warum? Warum willst du dieses Tier wirklich halten? Exoten haben meist andere Bedürfnisse als „normale Haustiere“, auch im Umgang sind diese Tiere eher etwas zum Angucken und Beobachten. Direkter Kontakt sollte bei der Auswahl deines Tieres somit nicht an erster Stelle stehen. Sprich, sei nicht enttäuscht von deinem neuen Mitbewohner, wenn er den Kontakt meidet, sondern passe deine Erwartungen an dein Tier an.
Marv, ein paar letzte Worte deinerseits? Oder anders: Was würde Röstzwiebel abschließend sagen?
Seid immer ihr selbst und hört auf, andere zu kopieren – die Leute gibt es schon. Zeigt lieber euren Charakter. Sich selbst zu finden und umgeben von Leuten zu sein, bei denen man sich nicht verstellen muss, das ist es, was einen im Leben glücklich macht. Am Ende ist es eh egal, was andere über dich denken, wichtig ist, was du von dir denkst. Du kannst es sowieso nicht allen recht machen, musst du auch nicht. Röstzwiebels letzte Worte wären sicher sowas wie „Klatsch die Qualle“ oder so.
Vielen Dank Marv, vielen Dank Röstzwiebel!
Mehr gibt’s bei Instagram / marv_snakes