Flucht in die Niederlande Immer mehr queere Amerikaner zieht es in die Niederlande aus Angst vor der Trump-Agenda
Das Motto lautet: Going Dutch! Flucht in die Niederlande. Die Thomson Reuters Foundation legt nun mittels einer ersten Studie nahe, dass immer mehr LGBTIQ+-Amerikaner offenbar nach Europa flüchten, besonders beliebt sind dabei seit einigen Monaten vor allem die Niederlande.
Niederlande auf Platz 1
Weitere bevorzugte neue Domizile sind demnach Portugal, Spanien und Frankreich. Außerhalb Europas stehen Mexiko, Thailand und Costa Rica weit oben auf der Wunschliste. „Die Niederlande zeichnen sich jedoch durch ihren starken Rechtsschutz, ihre Vorreiterrolle in Sachen LGBTIQ+-Inklusion und den niederländisch-amerikanischen Freundschaftsvertrag DAFT sowie das damit verbundene Visum aus“, so ein Sprecher der Foundation weiter.
Die Organisation hat dazu auch einige queere und homosexuelle Paare befragt, die über ihre neuen Alltagserfahrungen in den Niederlanden berichten und euphorisch beispielsweise darüber erzählen, wie sie in der Öffentlichkeit nach Jahren erstmals wieder Händchen gehalten haben. Eine trans* Frau und ihre Partnerin erzählten so auch über die Entwicklungen in ihrer alten Heimat, den USA: „Wir sind beide sichtbar trans und sahen uns zunehmender Diskriminierung ausgesetzt. Das hat sich nach der Wahl noch verstärkt. Es fühlte sich an, als hätten die Menschen ihre Masken abgenommen – und nur auf einen Vorwand gewartet, um endlich zu sagen, was sie wollten. Wir wurden nicht mehr toleriert, sondern offen verachtet. Am Ende ging es um Leben und Tod“. Heute lebte das Paar in einer Wohnung im Süden Amsterdams.
Ähnliches berichten auch mehrere Rechtsanwälte gegenüber NBC News: „Seit dem Tag nach der Wahl füllt sich mein Posteingang mit Anfragen von US-Bürgern, die in die Niederlande ziehen möchten“, so Rechtsanwalt Jonathan Bierback. Jess Drucker, Experte für LGBTIQ+-Auswanderungen bei der Rainbow Relocation in den USA, betonte: „Die Menschen sehen, wie schnell Rechte mit dem weltweiten Anstieg des Rechtsextremismus ausgehöhlt werden können, und wollen an einen Ort ziehen, an dem diese Rechte eher Bestand haben. Wir haben einen starken Anstieg der Beratungsanfragen verzeichnet. Wir sind völlig ausgelastet.“
Eine Frage des Geldes
Der queere Entertainer Jack Mercury erklärte dazu: „Die Worte, die die USA in den letzten 100 Tagen beschreiben, sind Unsicherheit und Angst. Für Transgender-Personen ist es die Angst, dass sie den Zugang zu Gesundheitsversorgung, Rechten wie Wohnraum oder der Möglichkeit zu arbeiten verlieren. Und für Schwule und Lesben ist es die Angst, dass sie die nächsten Ziele werden.“ Auch er lebt inzwischen in Amsterdam. Der Wermutstropfen laut Mercury: „Jeder queere Amerikaner sucht derzeit nach einem Weg, um wegzukommen, aber nicht jeder kann es sich leisten. Ich schätze mich sehr glücklich, doch ich kenne viele Menschen, die es sich nicht leisten können, umzuziehen.“
Zunahme von Visa-Anträgen
Die niederländische Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörde (IND) bestätigte, dass die Anträge im Rahmen der niederländisch-amerikanischen Partnerschaft (DAFT) zuletzt deutlich angestiegen sind. DAFT existiert bereits seit 1956 und ermöglicht es US-Bürgern, in den Niederlanden zu leben und zu arbeiten, wenn sie ein kleines Unternehmen gründen, eine niederländische Wohnung finden und nachweisen können, dass sie über genügend Geld zum Leben verfügen. Die Genehmigung ist zwei Jahre lang gültig und kann danach verlängert werden.